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NIEDERWERRN
Afrikanische Schweinepest: Es könnte jeden Tag soweit sein
Die Verwahrstelle am Kreisbauhof in Niederwerrn, eine von zwei stationären Einrichtungen im Landkreis Schweinfurt. Überall in Deutschland werden solche Stellen eingerichtet, wo Wildschweine, die möglicherweise an der Afrikanischen Schweinepest verendet sind, sicher zwischengelagert werden können. Bereit stehen ein dichter Anhänger zum Abtransport und Container, inklusive Kühlaggregat.
Foto: Josef Lamber | Die Verwahrstelle am Kreisbauhof in Niederwerrn, eine von zwei stationären Einrichtungen im Landkreis Schweinfurt.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:58 Uhr

Verwahrstellen. Den sperrigen Begriff haben die zuständigen Ministerien für eine der geplanten Maßnahmen im Ernstfall gefunden. Für den Fall, dass afrikanische Schweinepest in Deutschland ausbricht. Die Verwahrstellen sollen dann ein sicherer Aufbewahrungsplatz für Wildschweine sein, die möglicherweise an der Seuche verendet sind.

Man bereitet sich daraus vor. In knapp zwei Wochen wird der Landkreis Schweinfurt die Vorgaben erfüllt und zwei Verwahrstellen einsatzbereit haben – eine am Kreisbauhof in Niederwerrn, eine an der Kläranlage in Donnersdorf. Damit sei man für den Ernstfall gerüstet, sagt Dr. Thomas Wiethe, Leiter des Veterinäramts Schweinfurt. Das sei gut so. Denn ausbrechen könne die afrikanische Schweinepest (ASP) auch in Deutschland jeden Tag.

Eine der am meisten gefürchteten Tierseuchen in Europa

Seit 2007 grassiert die Tierseuche – laut Wiethe eine der am meisten gefürchteten – in Europa. ASP ist eine Viruserkrankung, die nur Wild- und Hauschweine befällt, für diese aber fast immer tödlich ist. 2017 erreichte sie Rumänien, Polen und Tschechien. In Belgien bracht die Seuche dann Mitte September aus, 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, tausende Hausschweine wurden gekeult. Der Fall, vor dem alle zittern. Jäger und Landwirte seien hoch sensibilisiert, sagt Wiethe. Seit Jahren sei die Afrikanische Schweinepest bei ihnen Thema Nummer eins.

In den meisten Fällen geschieht die Übertragung durch den Menschen: Wenn beispielsweise verseuchte Essenreste wie Schinken, der den Virus enthält und nicht nicht durcherhitzt ist, an Rastplätzen liegen gelassen und dann von Wildschweinen gefressen werden. Dann geht die Verbreitung rasant – über hunderte von Kilometern, sagt Veterinäramtsleiter Wiethe.

Ein Ausbruch hätte weitgreifende Folgen

Warnung Schweinepest       -  Mit Hinweisschildern an den Grenzen zu Nachbarländern, in denen die Afrikanische Schweinepest ausgebrochen ist, weist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft darauf hin, wie wichtig es ist, Essensreste an Rastplätzen nicht einfach liegen zu lassen. Denn: die Seuche wird meist von Menschen übertragen. Nicht durcherhitzte Schweinefleischerzeugnisse aus den betroffenen Ländern können den Virus enthalten.
Foto: Jens Büttner/dpa | Mit Hinweisschildern an den Grenzen zu Nachbarländern, in denen die Afrikanische Schweinepest ausgebrochen ist, weist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft darauf hin, wie wichtig es ist, Essensreste ...

Greift die afrikanische Schweinepest auf die Hausschweine-Bestände über, könne das einen Schaden in Höhe einer halben Milliarde Euro anrichten, schätzen Experten. Deutschland produziert mehr Schweinefleisch als es selbst verbraucht. Der Export würde schlagartig einbrechen und die große Keulung beginnen.

Die Übertragung von Tier zu Tier von Land zu Land würde, sagt Thomas Wiethe, weit länger dauern. Ist der Virus im Schwarzwildbestand, müsse man sofort handeln. Dann wird nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, das auf seiner Homepage Verbraucher, Landwirte und Jäger informiert, ein gefährdetes Gebiet mit einem Radius von 15 Kilometern festgelegt. Die Kernzone wird mit Elektrozäunen eingegrenzt, die Tiere würden geschossen, um ein Ausbreiten der Seuche zu verhindern, erklärt Wiethe. Das Vorgehen gibt der Rahmenplan Afrikanische Schweinepest für Bayern vor.

Ein Team von zwölf Mann steht bereit

Um die Bekämpfung der Seuche einfacher zu machen, müsse der Bestand so klein wie möglich gehalten werden, sagt Wiethe. Eine Herausforderung. Die Schwarzwild-Populationen gehen trotz aller Versuche, den Bestand einzudämmen, weiter „massiv nach oben“. Prämien gibt es aber nicht nur für abgeschossene Tiere, sondern auch für jedes tote Schwarzwild, das gemeldet wird. Je schneller ein Ausbruch der Seuche entdeckt wird, desto besser.

Geschult und informiert sind nicht nur Jäger und Landwirte: Auch zwölf Mitarbeiter des Schweinfurter Kreisbauhofs wurden eingewiesen, sagt Chef Norbert Müller. Sie sind das Team, das in Schutzanzügen ausrücken würde, um verendete Wildschweine sicher zu bergen. Die Kadaver würden in dichte Plastiksäcke gepackt und mit einem Anhänger in eine Verwahrstellen gebracht, wo das Veterinäramt Proben nimmt.

Der Notfallplan steht

Gekühlt würden die Kadaver im Ernstfall aufbewahrt, bis sie ein Transporter der Tierbeseitigungsanlage abholt. Für Nordbayern zuständig sind die Zweckverbände Tierkörperbeseitigung Unterfranken mit Sitz in Bad Kissingen und die Tierkörperbeseitigung Nordbayern in Bamberg, die auch die Anlage in Walsdorf betreibt.

Der Plan steht, die Verwahrstellen im Landkreis Schweinfurt stehen auch. 60 000 Euro hat der Kreis dafür investiert. Bleibt nicht nur bei Wiethe die Hoffnung, dass sie niemals zum Einsatz kommen müssen.

Wie sich Unterfranken auf den Ernstfall vorbereitet

Bund und Länder – in dem Fall das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz – arbeiten eng zusammen. Die Anforderungen an Verwahrstellen gibt der Bayerische Rahmenplan Afrikanische Schweinepest vor, in dem alle Maßnahmen zu Prävention und Bekämpfung aufgeführt sind. Zuständig sind nach dem Umweltministerium die Bezirksregierungen sowie die Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämter und kreisfreie Städte).

Verwahrstellen: In allen Landkreisen sollen zwei bis drei Plätze eingerichtet werden, wo verendete Tiere sicher verwahrt werden können, bis sie in die Tierbeseitigungsanlagen transportiert und dort vernichtet werden. Schnellstmöglich sollte ein flächendeckendes Netz entstehen. Den Aufbau überwacht die Regierung von Unterfranken.

Wie sieht eine Verwahrstelle aus? In Schweinfurt hat man zwei Stellen aufgebaut. Eine davon im Kreisbauhof Niederwerrn. 85 Quadratmeter überdachte Fläche mit einem Container für die Ausrüstung und einem für Tierkadaver, inklusive Kühlaggregat. Außerdem bietet die Verwahrstelle Platz für den abgeschlossenen Anhänger, mit dem die Tiere transportiert werden, und zur Desinfektion. Neben solch stationären Verwahrstellen, wie sie laut Regierung von Unterfranken auch die Landkreise Haßberge, Kitzingen, Miltenberg und Main-Spessart eingerichtet haben oder gerade einrichten, sind mobile Lösungen möglich.

Vorbereitet seien inzwischen alle, der Ausbau läuft, so der Sprecher der Regierung von Unterfranken Johannes Hardenacke: „Alle Landkreise Unterfrankens haben bislang jeweils eine bis zu drei Kühlzellen sowie die entsprechende Anzahl Edelstahlcontainer pro Kreis beschafft.“

 
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