Denkt man an Ungarn fällt vielen sicher zunächst der Balaton, der Tokajer oder den Liebhabern der Kammermusik der Komponist Belá Bartók ein. Die Absolventen der Landwirtschaftsschule Schweinfurt dürften nun mit Ungarn noch etwas ganz anderes verbinden: Naturgewalten. Auf ihrer Abschlussfahrt in das Land gerieten sie in das Schneechaos, das ganze Landesteile lahm legte.
Geplant war die Besichtigung landwirtschaftlicher Betriebe im Raum Györ (Westungarn) sowie ein Besuch der Hauptstadt Budapest. „Niemand konnte jedoch ahnen, dass dieses im Südosten Europas gelegene Land von einem Schneesturm erheblichen Ausmaßes heimgesucht wird“, so Reinhard Bischoff vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der mit Schulleiter Herbert Lang und Joachim Dömling die 36 Schüler begleitete.
Im ungarischen Wetterbericht war zunächst für die Reisegruppe nur das Wort Zyklon verständlich. Welche Dimensionen damit verbunden waren, konnten jedoch selbst die ungarischen Behörden nicht abschätzen. Die Bilder im Schnee eingeschlossener Lastwagen gingen danach durch ganz Europa. Die Reisegruppe befand sich gerade auf dem Rückweg von Budapest ins 150 Kilometer entfernte Györ, als starker Regen in Schnee überging, bis schließlich ein Schneesturm über die Autobahn fegte, berichtet Bischoff. Die Verwehungen behinderten die Sicht extrem. 50 Kilometer vor Györ war die Autobahn schließlich durch liegen gebliebene Lastwagen derart zugestellt, dass ein Weiterfahren unmöglich wurde.
„Noch ahnten wir nicht, dass die gesamte Strecke auf einer Distanz von 100 Kilometer verstopft war. Unser Bus kam in der Nähe einer Ausfahrt zum Halten, so dass wir uns nach fünf Stunden Stau entschieden, die Autobahn zu verlassen“, so Bischoff. Noch bestand die Hoffnung, den Stau umfahren zu können. Im nahe gelegenen Tata erfuhr man dann von der ungarischen Polizei, dass an ein Weiterfahren nicht zu denken war. Untergebracht wurde die Reisegruppe dann in einer Turnhalle der Schule gemeinsam mit Leidtragenden aus anderen Ländern. Dort verbrachten die Reisenden die nächsten 24 Stunden. Große Hilfsbereitschaft erfuhren die Gestrandeten von der Bevölkerung: Ungarische Mehlzöpfe, Brötchen, Speck und starker Kaffee wurden angeboten. Dazu Decken für die Nacht, berichtet Bischoff weiter. Obwohl durch die ungarische Polizei eine dreitägige Unterbringung angeordnet war, startete man am Freitag dann doch, um über Landstraßen zum 50 Kilometer entfernten Györ zu gelangen. Spiegelglatte Straßen und bis zwei Meter hohe Schneeverwehungen machten die letzte Etappe zum Abenteuer.
Für Martin Mantel ein Erlebnis, das er so schnell nicht vergessen wird. „Gefreut hatten wir uns auf ein Land mit einer besonderen Landwirtschaft und einzigartigen Natur. Wir gerieten in ein Verkehrschaos ungeahnten Ausmaßes, bei dem die Behörden überfordert waren. Wir erlebten aber auch eine Bevölkerung, die Hilfsbereitschaft zeigte.“
