Wenn man in Gerolzhofen Geselligkeit genießen und erleben wollte, dann war man im Gasthaus "Zum Kapellenberg" bei der Familie Ach in der Steigerwaldstraße immer gut aufgehoben bei süffigem Bier und der sprichwörtlich gutbürgerlichen Küche. Doch nun geht eine lange Tradition zu Ende: Die Wirtschaft beendet mit dem Jahresende ihren täglichen Gastronomiebetrieb.
Das Gasthaus wurde im Jahre 1965 vom Ehepaar Betty und Rudolf Ach eröffnet. In einer Anzeige im Lokalblatt "Bote vom Steigerwald" warben sie für ihre "behagliche Gaststätte in eigener Regie", für die gemütliche Einrichtung und für die gute Küche. Besonders empfohlen wurde damals das Altbier von Hümmer-Brau ("Bleib jung mit Alt!") und das "Champagner-Weizenbier".
Zwei Häuser nebeneinander
Museumsleiter Bertram Schulz hat die Geschichte des Gasthauses recherchiert: Rudolf Ach war der Sohn des städtischen Fluraufsehers Karl Ach und dessen Ehefrau Elisabeth, eine geborene Förster aus der gleichnamigen Gaststätte am "Försters-Bergle" an der Dingolshäuser Straße. Karl Ach (sein Elternhaus stand in der Rügshöfer Straße) war gelernter Zimmermann. Er errichtete mit seiner Ehefrau Elisabeth 1935 am östlichen Ende an der heutigen Steigerwaldstraße ein Wohnhaus, das Elternhaus von Rudolf Ach. Im dazu gehörenden großen Garten begannen dann Sohn Rudolf und seine Gattin Betty Ach 1963 den Bau des heutigen Gasthauses und stellten es 1965 fertig.
Die Ehefrau von Rudolf, Betty Ach, war eine geborene Kohler aus der Dingolshäuser Straße. Etwa ab dem Jahr 1952 betrieb sie ein Lebensmittel- und Feinkostgeschäft am Anwesen von Hans Lang in der Bahnhofstraße. Mit der Eröffnung der Gaststätte "Zum Kapellenberg" gab Betty dieses Geschäft auf und übergab es im Februar 1966 an Theo Rumpel. Fortan galt ihr ganzer Einsatz der neu gegründeten Gastronomie in der Steigerwaldstraße.
Wildbret als Spezialität
Rudolf Ach war leidenschaftlicher Jäger und so wurde Wildbret die weithin bekannte Spezialität seiner Gastwirtschaft. Rudolf starb 1992 und im Jahr darauf übernahm seine Tochter Christine Ach das beliebte Gasthaus von ihren Eltern. Mutter Betty half noch bis 1997 tatkräftig im Betrieb mit, bevor es gesundheitlich bei ihr nicht mehr ging. Sie starb im Jahr 2000. Danach konnte sich Christine, eine Wirtin mit Herzblut, besonders auf die Mithilfe ihres Mannes Gerhard Kotzer und ihrer Kinder Silke und Ronja bis zu deren Eintritt ins Berufsleben verlassen.
Schwierige Personalsuche
Doch nun ist - zumindest für den normalen Wirtschaftsbetrieb - am 31. Dezember 2019 Schluss. Gesundheitliche Probleme, aber auch die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, zuverlässige Servicekräfte zu finden, machen diesen Schritt notwendig. Christine Ach sieht das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Da ist auf der einen Seite das Mehr an freier Zeit, andererseits gab es zahlreiche Stammgäste, die sie vermissen wird.
Viele Vereine aus Gerolzhofen haben das Nebenzimmer der Gastwirtschaft regelmäßig für ihre Versammlungen genutzt und müssen sich nun eine neue Bleibe für ihre Treffen suchen: unter anderem der FCN-Fanclub, die Skatfreunde GEO, der mittlerweile aufgelöste Zierfischverein Diskus, die Sportangler, der CSU-Ortsverband, der SPD-Ortsverein, die Freien Wähler, der Modellbauverein, der Arbeiterunterstützungsverein, der Bund vertriebener Deutscher, der Vogelschutzverein, die Mountainbiker und viele weitere. Bleiben werden in beide Richtungen unzählige Begegnungen. Christine Ach dankt allen Gästen von Herzen, denn sie nahm sich immer - wenn sie aus ihrem Reich, der Küche, mal wegkam - viel Zeit für ihre Gäste.
Das Fernsehen war zu Gast
Und was waren die Höhepunkte in den vergangenen Jahrzehnten? Wenn Christine zurückdenkt, dann fällt ihr ein, dass in den 1970-er Jahren sogar mal das Bayerische Fernsehen in der Gaststätte Aufnahmen machte. Damals ging es um das neu entwickelte alkoholfreie Bier aus Dingolshausen und auch das Diätbier der ehemaligen Brauerei Hümmer war in aller Munde. Und als 1982 die beiden Club-Profis Norbert Eder und Herbert Heidenreich zu Gast waren, da "war hier die Hölle los, die ganze Wirtschaft war voll", erinnert sie sich.
Und natürlich gab es früher die altbekannten Kart-Partien. "Jeden Tag eine andere", erinnert sich die Wirtin. Doch auch dieses Brauchtum ging allmählich immer mehr zurück. Seit sieben oder acht Jahren gab es nur noch zwei Kartenspielrunden, die sich zuletzt freitags trafen.
Ganz müssen die Stammgäste aber noch nicht auf ihre Christine verzichten. Für Familien- oder Betriebsfeiern will sie nach Absprache noch weitermachen. Ihre jetzt hinzugewonnene Freizeit will sie vor allem für ihre vielfältigen Hobbys verwenden - Radfahren, Lesen "und vieles mehr".