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HAMBACH
750 Jahre Hambach: Langer Kampf um „Huhn und Ähre“
750 Jahre Hambach: Ein ganzes Jahr lang feiert Hambach sein Jubiläum. Laut Heimatpfleger Karl-Heinz Hennig ist das Dorf aber viel älter als 750 Jahre.
Hambachs goldene Mitte: Der Herrenbrunnen mit zwei Sozialpionieren, Schullehrer Valentin Gaßner und Pfarrer Adam Stupfel.
Foto: Uwe Eichler | Hambachs goldene Mitte: Der Herrenbrunnen mit zwei Sozialpionieren, Schullehrer Valentin Gaßner und Pfarrer Adam Stupfel.
Von unserem Mitarbeiter Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 14.02.2014 10:26 Uhr

Der anfängliche Gegenwert von Hambach betrug laut Urkunde 45 Mark – im Doppelpack mit Wonfurt. Echtes Silber immerhin, ein Geschäft, das frommen Damen zu Gute kam: Anno 1264, am 21. Juli, ertauschte sich der Würzburger Bischof Iring von Reinstein-Homburg das Gut „Hagenbuch“ von einem Grafen Mangold de Wilperch. Zugleich überließ er den Zehnten von Wonfurt, der bislang dem Wildberger Lehnsmann zu Gute gekommen war, das im Aufbau befindliche Bischofskloster „Marpurgehusen“ (Mariaburghausen). Im Adelsstift bei Haßfurt beteten durchweg blaublütige Zisterzienserinnen, in einer Zeit heftiger hausmachtspolitischer Fehden am Main.

Der genaue Geschäftsinhalt wirkt verklausuliert, wie der lateinische Text: Womöglich, um den (damals brisanten) Vorwurf der „Simonie“ zu umgehen, das sündhafte Schachern um Kirchenpfründe. Die Stelle mit dem Namen der Äbtissin wurde freigelassen. Dunkel bleibt auch die Bedeutung des erstmals erwähnten Ortsnamens: „Hagenbuch“ könnte auf eine umzäunte Rodungssiedlung im Buchen-Wald nahe der Rhön (dem alten „Buchonia“) verweisen oder auf ein Gut des Haguno. Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Hennig vermutet einen Zusammenhang mit einem gleichnamigen Edelmann, der schon 763, bei der ersten urkundlichen Erwähnung Geldersheims, auftaucht. Der Ehrenbüger aus Hambach ist überzeugt: „Wir sind viel, viel älter als 750 Jahre.“

Hütten aus der Jungsteinzeit seien ermittelt, aber nie ergraben worden. Stattdessen wurden jede Menge Urnen und andere Keramiken aus dem Boden geholt, die auf eine lange Vorgeschichte verweisen. Etwa bei Grabungen des Archäologen Adolf Pahl, in den 1960ern: Das schönste Stück ist eine (rekonstruierte) Schale mit Ziermustern aus dem dritten Jahrtausend vor Christus. Etwa zur gleichen Zeit wurde ein Steinbeil geschwungen. Bereits in der Antike war der Keltenkrieger unterwegs, dessen Überreste 1976 entdeckt wurde.

Keltisch ist auch ein bronzenes „Toilettenbesteck“, mit Nagelschneider, Rasiermesserchen und Ohrlöffel („Wattestäbchen“), zur Körperpflege. Ur-Hamich war im Frankenreich dann mehr eine Ansammlung verstreuter Gutshöfe im Wald. Geistliches Zentrum der „Rancher“ dürfte die Martinskirche der späteren Wüstung Jeussing gewesen sein: die älteste ihrer Art im Landkreis, so Hennig, heute versunken im Truppenübungsplatz Brönnhof. Die Bauern, die hier rodeten oder Schweine zur Eichelmast trieben, waren Unfreie: Keine Schindsklaven, sondern im Kampf gegen Missernten und oft karge Böden (von denen die nahe, einverleibte Wüstung Lauerbach kündet) an die Scholle gebunden, die sie für ihren Grundherren beackerten.

Bis zu 18 Dörfer gruppierten sich um die Zentrale, Burg Mainberg, seit 1305 im Besitz der Henneberger, deren namensgebendes Federtier bis heute das Wappen ziert. Für wechselnde adelige „Agrarunternehmer“ waren Frondienste und Vorzugs-Feldarbeit fällig. Anfänglich gingen zwei Centgerichtsbezirke, Ebenhausen und Marktsteinach, geradewegs durchs Dorf. Es gab Pestwellen, Hunger, Gewalt und wenig Komfort, aber auch Feiertage, soziale Nestwärme, Glaubenstrost und frische Luft. Vermutlich hätten sich die Alt-Hamicher ihrerseits vor Teufelswerk wie Schulzwang, Stechuhr oder Nachtarbeit gegruselt. Im Bauernkrieg 1525, als die Feudalwirtschaft gegenüber den Städten zu kriseln begann, rebellierten die Hambacher mit, erst beim Auraer, dann Bildhäuser Haufen, zündeten Klöster, Burgen und Schuldbücher an. Die Rädelsführer wurden exekutiert, Hambacher waren nicht darunter.

Auch Martin Luther sorgte für Zündstoff. 1542 wurde Amt Mainberg fürstbischöflich. Julius Echter betrieb energisch die Gegenreformation: Die Filialkirche der Mutterpfarrei Maibach, deren Fundamente teils aus der Zeit der urkundlichen Ersterwähnung stammen, wurde um 1603 saniert. Insbesondere der Turm mit „gutem Stein“ aufgestockt, das Fachwerk „abgeworfen“. Ab 1618 entvölkerte der Dreißigjährige Krieg das Reich, gegen Ende zählte der Ort nur noch drei Haushalte. 1796 kam die Franzosennot, die Revolutionäre plünderten und schändeten die Kirche.

Hamichs „Kuhbauern“ waren immer relativ arm, aber auch ohne Pferdegespanne stolz und auf Eigenständigkeit bedacht. Im Jahr 1839, als anderswo schon die ersten Eisenbahnen dampften, gab es immer noch 25 Häuser mit Stroh- statt Ziegeldächern, zum Unmut der Brandversicherer. Die Straßenanbindung im 450-Seelen-Dorf war schlecht, häufig flutete Hochwasser die Dorfmitte.

Hart erwischte es die Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg, mit 32 Opfern, im zweiten Weltenbrand folgten 34 Gefallene und 19 Vermisste. Bei Hambach selbst griffen zwölf 8,8-Flakgeschütze in die Luftkämpfe um die Kugellagerstadt ein. Am 8. April 1945, dem Weißen Sonntag, entbrannte hier, in Stadtnähe, noch ein schweres Rückzugsgefecht: Zuletzt feuerte eigene Artillerie ins besetzte Dorf, das von den Amerikanern mit Rauchsignalen markiert worden war, zum Schutz vor der Air Force. Zahlreiche Zivilisten und Soldaten starben im „Endkampf“.

Hambach war bei Kriegsende längst kein reines Bauerndorf mehr, die Schweinfurter Industrie lockte seit der Jahrhundertwende Landwirtssöhne in die Stadt. Zwei Radvereine, Bavaria und Radsportclub, brachten Technik und Bewegung aufs Land, sponsored by Sachs: Mit dem Tour de Suisse-Sieger von 1934, Ludwig Geyer, und dem (kriegsversehrten) deutschen Straßenmeister des Jahres 1948, Otto Schenk, gab es international erfolgreiche Hamicher Rennfahrer. Andererseits blieb man mit den 1948 aus dem Kirchenchor neugegründeten Volkssängern der Tradition treu: ein Verdienst von Lehrer Paul Galmbacher und Mundartdichter Paul Warmuth.

1978, bei der Gebietsreform, wurde es dann noch mal hitzig, diesmal ob der Eingemeindung des (größeren) Hambach in die Einheitsgemeinde Dittelbrunn, zusammen mit Holzhausen und Pfändhausen: Die Rede war von „Meuchelmord“, neue Ortsnamensschilder wurden erbost übermalt oder „verziert“ und Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht – alles vergebens. Zur Beruhigung erhielt Hambach den Rathaus-Standort, der eigene Blason wurde das Gemeindewappen.

Heute, in der Phase der Dorferneuerungen, verträgt man sich gut, auch der Gerstensaft trug zur Entspannung bei: Neben der schwarzen Henne ziert das Wappen eine Ähre, mit vier Grannen, eine pro Ortsteil. War doch der eher karge Boden nördlich Schweinfurts zumindest für Braugerste immer gut geeignet, weiß Karl-Heinz Hennig.

Festprogramm 750 Jahre Hambach

Dass 2014 sehr viel Idealismus im Spiel ist, hat man bereits zu Jahresbeginn gemerkt beim Hamicher „Wetten, dass?“. 750 Hambacher sollten am Feuerwehrhaus zum Singen des historischen Neujahrslieds erscheinen. Am Ende standen über tausend Bürger am Feuerwehrplatz, dafür zahlten Wettpaten in die Bürgerstiftung der Gemeinde ein. Der nächste Höhepunkt naht am 5. April mit dem Festkommers in der Turnhalle, bei dem Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Hennig einen Vortrag über die Ortsgeschichte hält. Am 6. April folgt ein Jubiläumskonzert des Musikvereins, am 31. Mai eine Hubertusmesse an der Mariengrotte. Dynamisch geht es unter dem Motto „Hambach in Bewegung“ weiter: Am 11. Juli organisieren die „Hambach Night Runners“ einen Lauf mit verschiedenen Streckenlängen, Start und Ziel ist jeweils der Dorfplatz. Am 12. Juli wird am Pferdetag aufgesattelt. „Hambach on Bike“ heißt es am 13. Juli, wenn mit Mountainbiketouren durch die Wälder oder Familienfahrten auf Radwegen an die große Radsporttradition angeknüpft wird. Den Gipfel der Feierlichkeiten erklimmt das Geburtstagskind mit dem Jubiläums-Dorffest vom Samstag, 26. Juli, bis Montag, 28. Juli, mit rund hundert Aktivitäten. Am Samstag laden ab 14 Uhr die „Offenen Höfe“ zur Besichtigung ein, ebenso wie der 9. Regionalmarkt Oberes Werntal. Am Festwochenende spielen die Hergolshäuser Musikanten, die TG Big Band und die Jets. Zum Festausklang am Montag gibt es einen Seniorentreff. Traditionell steigt am 14. September die Kirchweih mit dem „Gögerausschlagen“. Tags darauf hat sich hier der Hambacher Musikverein angemeldet. Für den 10. Oktober ist ein Konzert des Streichorchesters der Stadt Schweinfurt geplant. Am 22. November beginnt dann wieder der Jahresrückblick mit Bildern in der Schulturnhalle, bevor sich am 14. Dezember alle Hambacher Musikgruppen zum Adventssingen in der Kirche treffen. ue

 
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