Die Wahlämter und ihre Helferschar in der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen und Großgemeinde Kolitzheim sind offenbar bestens auf den Wahlabend vorbereitet gewesen. Sie zählten die Stimmzettel zügig aus, so dass die Verantwortlichen in beiden Gebieten, die zum Stimmkreis Kitzingen gehören, sehr zufrieden waren mit dem Ablauf. Sowohl Selina Thurn für die VG als auch Rainer Ullrich aus Kolitzheim bescheinigten ihren Teams am Montagnachmittag eine hervorragende Arbeit bei den Landtags- und Bezirkswahlen.
"Es hat gut geklappt. Kurz nach Mitternacht waren wir fertig", berichtete Thurn hörbar erleichtert am Telefon. Noch schneller ging das Auszählen in Kolitzheim über die Bühne. Bereits um 23 Uhr verließen die letzten Helfenden das Rathaus. Auch aus Sicht von Ullrich hat "alles gut funktioniert". Gleichwohl fallen in der Nachbetrachtung mehrere Besonderheiten auf. Die sechs wichtigsten Erkenntnisse zu den Wahlen am Sonntag im Raum Gerolzhofen.
1. Die Briefwahl ist beliebt wie nie
Sowohl in den acht VG-Mitgliedsgemeinden als auch in der Großgemeinde gab es einen wahren "Run" auf die Briefwahl. Die von den Verantwortlichen erwarteten Rekorde wurden tatsächlich erreicht. In der VG hatten 6047 Wahlberechtigte ihre Briefwahlunterlagen beantragt, was einem Anteil von 46 Prozent entspricht. Bei den Wahlen im Jahr 2018 waren es nur 3604. In Kolitzheim wollte sogar die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler ihren Stimmzettel zuhause ausfüllen – und zwar 56 Prozent aller Wahlberechtigten, konkret 2556 von 4549. Erfreut waren Thurn und Ullrich, dass der überwiegende Teil die Unterlagen per Smartphone und somit über den QR-Code beantragt hatte. "Das hat uns die Arbeit sehr erleichtert", gestand Selina Thurn. Allein in der VG nutzten rund 4500 Menschen diese Möglichkeit. In Kolitzheim, schätzt Rainer Ullrich, dürften es gut drei Viertel gewesen sein.
2. Wählen gehen ist wieder "in"
Nicht nur die Briefwahl war beliebt, auch in den Wahllokalen herrschte am Sonntag reger Betrieb. Die Wahlbeteiligung im Raum Gerolzhofen schnellte von 75,9 auf 79,3 Prozent hoch. In allen Gemeinden gab es eine zum Teil erheblich höhere Wahlbeteiligung als bei der letzten Landtagswahl. Von den 17.559 Wahlberechtigten in den VG-Gemeinden und Kolitzheim gaben 14.012 ihre Stimme ab. Spitzenreiter in und um Gerolzhofen war, und zwar mit weitem Abstand, Oberschwarzach. Sage und schreibe 91,7 Prozent der Wahlberechtigten gingen am Sonntag an die Urne oder votierten per Briefwahl - und damit fast 13 Prozent mehr als 2018. In absoluten Zahlen heißt das: Nur 94 von 1139 Wählerinnen und Wähler in der Marktgemeinde wollten nicht abstimmen.
3. CSU verliert vor allem bei den Zweitstimmen
Souverän hat Barbara Becker (CSU) das Direktmandat im Stimmkreis verteidigt. In den Gemeinden der VG Gerolzhofen und in Kolitzheim holte sie mit Abstand die meisten Stimmen. Das beste Ergebnis erzielte sie in Frankenwinheim, wo über 55 Prozent für sie votierten. Auch in Dingolshausen und Oberschwarzach knackte sie die 50-Prozent-Marke. Auffällig bei der Landtagswahl war aber ein anderer Negativ-Trend: Während Becker im Raum Gerolzhofen nur wenige Prozentpunkte einbüßte, verlor die CSU viele Zweitstimmen. In Michelau sank ihr Anteil von 59,2 Prozent der Wählerstimmen auf nur noch 43,9 Prozent. In Dingolshausen, Donnersdorf, Kolitzheim und Lülsfeld traf es die CSU noch härter, mit einem Minus von jeweils um die 17 Prozent. Nur in Gerolzhofen und Sulzheim waren die Verluste nicht zweistellig.
4. Freie Wähler und AfD mit großen Zugewinnen
Im Gegenzug haben die Freien Wähler und die AfD erhebliche Stimmenzuwächse verzeichnet. In Michelau zum Beispiel gab es für beide Parteien jeweils ein Plus von acht Prozent, wobei letztere Partei damit über die 20 Prozent-Marke kletterte. AfD-Hochburg im Raum Gerolzhofen ist aber die Gemeinde Donnersdorf, mit 21,3 Prozent der Zweitstimmen und 21,6 Prozent bei den Erststimmen. Auch in Sulzheim wählte jeder Fünfte die AfD. Sie schwang sich damit in der VG zur zweitstärksten politischen Kraft hinter den Christsozialen auf. Nur in Frankenwinheim fuhr sie mit knapp zehn Prozent ein vergleichsweise moderates Ergebnis ein. Die Freien Wähler erreichten ein sensationelles Ergebnis in Kolitzheim: Sie holten dort 27,3 Prozent der Stimmen und legten damit um fast 20 Prozent gegenüber den Wahlen vor fünf Jahren zu, ebenso wie in Lülsfeld (von 6,9 auf 25,4 Prozent). Auffällig dabei: In beiden Orten verlor die CSU zeitgleich jeweils um die 17 Prozent.
5. SPD leicht nach oben, Bündnis 90/Die Grünen nach unten
Schon vor fünf Jahren erreichten die Sozialdemokraten in keiner Gemeinde ein zweistelliges Ergebnis. Auch diesmal pendelten sie sich auf sehr niedrigem Niveau ein, meist um die fünf Prozent. Allerdings ist bei den Zweitstimmen eine ganz leichte Aufwärtstendenz zu erkennen. Und in ihrer "Hochburg" Gerolzhofen konnte die SPD fast 100 Wählerinnen und Wähler hinzugewinnen und steht hier jetzt bei 9,4 Prozent. Für die Grünen gab es in allen Gemeinde ein Minus, teils ein kräftiges. Nur noch in Frankenwinheim und Gerolzhofen (2018 noch über 16 Prozent) sind sie gerade noch zweistellig.
6. Ein Wahl-Urgestein sagt leise Servus
Seit 1979 ist Rainer Ullrich bei der Gemeindeverwaltung in Kolitzheim beschäftigt und hat unzählige Wahlen als Mitarbeiter miterlebt. Die vergangenen zehn Jahre war er als Leiter des Bürgerbüros für die Organisation und den Ablauf der Wahlen verantwortlich. Am Sonntag endete für ihn nun das lange Wahl-Kapitel, denn zum Jahresende tritt er in den Ruhestand. Die Landtags- und Bezirkswahlen waren für ihn ein entspanntes Finale. Einen wichtigen Tipp hat er für seine Nachfolgerin Romy Henkel parat: "Je besser die Vorbereitung einer Wahl, desto besser die Abläufe."