Zweifelsohne: Ein 50. Geburtstag ist Anlass genug für ein Fest. Also kein Wunder, dass das Gymnasium in Gerolzhofen am Montagnachmittag sein 50-jähriges Bestehen mit einem ganzen Schwung an Gästen feierte. Zugleich wurde es eine Art Familientreffen, denn als Außenstelle des Frankenlandschulheims (FLSH) Schloss Gaibach ist die Schule Teil einer Gemeinschaft von letztlich fünf Schulen, die dem Zweckverband Bayerischer Landschulheime angehören. Und wie es in einer großen Familie oft so ist: Zum Feiern trifft man sich gerne.
Das Bild der Familienbande wählte auch der Leiter des FLSH, Bernhard Seißinger, während seiner Rede. Kurz nach der Geburt des Gerolzhöfer Gymnasiums im Juni 1972 sei dessen Mutter, der Landkreis Gerolzhofen, "gestorben" und von der politischen Landkarte verschwunden.
Doch der Landkreis Schweinfurt habe die durch die Gebietsreform hinzugewonnene Schule als Stiefmutter fürsorglich in die Arme geschlossen und auch der Landkreis Kitzingen, wo mit Gaibach der Hauptsitz der Schule liegt, habe sich als Patentante um ihren jungen Zögling in Gerolzhofen "außerordentlich gekümmert", bis heute.
Einziges Gymnasium im Landkreis Schweinfurt
Der Schweinfurter Landrat Florian Töpper sprach angesichts der vom Gerolzhöfer Kreistag just in dessen letzter Sitzung noch beschlossenen Gründung des Gerolzhöfer Gymnasiums von einer "strategischen Finesse". Die Kreistagsmitglieder wollten mit diesem und weiteren Beschlüssen sicherstellen, dass Gerolzhofen auch dann nicht "hinten runterfällt", wenn die Stadt nicht mehr Sitz eines Landkreises ist.
Ein Kalkül, das mit Blick auf die zentrale Stellung, die die Stadt im südlichen Landkreis Schweinfurt in vielerlei Hinsicht bis heute hat, aufgegangen ist. Immerhin ist das hiesige Gymnasium auch innerhalb der 50 Jahre seit dessen Gründung das einzige im Schweinfurter Kreisgebiet geblieben.
Als wesentlichen Faktor, der den Erfolg der Schule, die mit ihren rund 300 Schülerinnen und Schülern ein eher kleines Gymnasium ist, ausmacht, nannte Landrat Töpper das ausgeprägte Bewusstsein, eine Schulfamilie zu sein, die Lehrer und Schüler vereint. Hinzu kämen die kurze Wege, kleine Klassen und ein umfangreiches technisches, sprachliches und kulturelles Angebot an der Schule. Töpper, der auch stellvertretender Vorsitzender des Zweckverbands Bayerischer Landschulheime ist, warb darum, weiter für den Erhalt der Schule als einen wichtigen Teil der ländlichen Infrastruktur zu kämpfen.
Schulbetrieb startete einst mit drei Klassen
Außenstellenleiter Martin Reisinger warf einen Blick zurück auf die Geschichte des Gymnasiums, die im Jahr 1972 mit anfangs zwei fünften und einer sechsten Klasse in frei werdenden Räumen der Gerolzhöfer Berufsschule startete. Erster Schulleiter und zugleich "Gründungsvater" war Heinrich Schipper. Nachdem bereits Fachräume und weitere Klassenzimmer hingekommen waren, entstand im Jahr 1976 für die benachbarte Ludwig-Derleth-Realschule des Landkreises Schweinfurt und das Gymnasium die bis heute gemeinsam genutzte Dreifachturnhalle. Im Jahr 1982 folgte der bis heute als "Neubau" bezeichnete Trakt, der sich an das bestehende Hauptgebäude des Gymnasiums anfügt.
Im Jahr 1987 übernahm Gerhard Kraus die Leitung der Außenstelle, die er drei Jahre später an Manfred Rodewald weitergab. Im unmittelbaren Anschluss an das Schulareal wurde 2007 das Gebäude in Betrieb genommen, das heute die im Jahr 2017 eingerichtete Offene Ganztagsbetreuung beherbergt und wo das im Schulinternat in Gaibach gekochte Mittagessen angeboten wird.
Wechsel an der Spitze während der Corona-Pandemie
Zwei Jahre nachdem Burkhard Tebbe im Jahr 2008 Außenstellenleiter wurde, erfolgte 2010 der Umzug des kompletten Schulbetriebs in Container, weil in den folgenden elf Monaten das Schulhaus komplett saniert wurde. Im Jahr 2012 übernahm Joachim Müller die Schulleitung, die im Jahr 2021, mitten während der Corona-Pandemie, Martin Reisinger übernahm.
Der Zweckverband Bayerischer Landschulheime habe seinerzeit die Chance ergriffen, das Gymnasium im Landkreis Schweinfurt als Außenstelle des FLSH Schloss Gaibach zu übernehmen, sagte Gudrun Pflanzl, die Direktorin des Zweckverbands. Damit sei man Plänen für ein staatliches Gymnasium in Gerolzhofen zuvorgekommen, was letztlich eine Konkurrenz gewesen wäre zu dem FLSH in Gaibach und dem Landschulheim (LSH) Wiesentheid, das ebenfalls dem Zweckverband angehört. So erkläre sich auch die Ausrichtung des Gerolzhöfer Gymnasiums, das als Progymnasium in den Jahrgangsstufen fünf bis zehn alle gängigen gymnasialen Zweige anbietet, um den Schülerinnen und Schülern anschließend den Übertritt in die Oberstufe in Gaibach oder Wiesentheid – oder andernorts – zu ermöglichen.
Pflanzl lobte die im Gymnasium Gerolzhofen gelebten Werte von Verantwortung, Toleranz und Weltoffenheit, denen innerhalb des Zweckverbands eine besondere Bedeutung zukämen.
Vorbereiten auf eine aktive Rolle in der Gesellschaft
Diese seit fünf Jahrzehnten praktizierte Vermittlung von Werten stellte auch Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak heraus. Sie förderten bei den hier unterrichteten jungen Menschen Kompetenzen und offene Denkweisen, die sie befähigten, in einer sich wandelnden Gesellschaft mitzureden und diese auch mitzugestalten.
Auf seine "ehrliche, offene, loyale Art" werde das Gerolzhöfer Gymnasium im im Kreis der benachbarten Schulen sowie innerhalb der Familie des Zweckverbands Bayerischer Landschulheime geschätzt, meinte Achim Höfle, der Leiter des LSH Wiesentheid. Gerolzhofen sei "der liebe kleine Bruder", der sich gegen die großen Schwestern in Gaibach und Wiesentheid sowie in Kempfenhausen am Starnberger See und in Ising am Chiemsee stets gut behauptete. Zusammen habe man schon viel auf die Beine gestellt, "wie in einer großen Familie", sagte Höfle.
Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums führten die Gäste des Festakts anschließend durch das Schulgebäude. Den musikalischen Rahmen gestaltete eine Gruppe aus fünf Schülerinnen und einem Schüler unter Leitung von Musiklehrer Gerd Semle.