Der Unternehmer Rainer Krapf baut das größte Hotel, das es jemals in Gerolzhofen gegeben hat. 110 Betten in 58 Zimmern wird das Drei-Sterne-Haus haben und ein Restaurant "Wilder Mann", das wieder wie einst das erste Haus am Platz sein soll.
Betreiber des Hotels wird der Bezirksverband Unterfranken der Arbeiterwohlfahrt (AWO) sein. Wie die AWO ein so großes Haus in einer kleinen Stadt wie Gerolzhofen wirtschaftlich unterhalten und möglichst viele Betten belegen will, lag bisher noch im Dunklen. Thomas Geuppert, Bereichsleiter für Behindertenhilfe und Inklusion beim Bezirksverband, hat sich jetzt bereit erklärt, einige Fragen dieser Redaktion zum Konzept des Hauses zu beantworten.
Für Touristen und Tagungsteilnehmer
Der "Wilde Mann" soll einerseits Gäste aus dem touristischen Bereich aufnehmen, andererseits Teilnehmer an Tagungen, Seminaren und anderen Veranstaltungen wie Familienfeiern, die im Haus abgehalten werden können. Zimmer brauchen auch Dienstleister, Geschäftsreisende und Monteure. Hotelgäste können zudem Radwanderer, Motorrad-Tourenfahrer und Kurzurlauber sein. Und schließlich ist Hotel groß genug, um auch Busgruppen aufzunehmen.
Neben Einzel- und Doppelzimmern stehen im "Wilden Mann" auch Suiten zur Verfügung. Dazu kommen mehrere Tagungs-, Verstaltungs- und Seminarräume mit moderner Tagungstechnik. Diese Räume sind auch für Feierlichkeiten nutzbar. Der größte Veranstaltungsraum fasst 120 Teilnehmer.
Das Haus wird ein In-Hotel sein, das heißt ein Haus, in dem Personal mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten. 28 Arbeitsplätze vom Hoteldirektor bis zum Zimmermädchen sollen im "Wilden Mann" entstehen, die Hälfte davon für Mitarbeiter mit Behinderung. Inklusion war schon immer ein großes Betätigungsfeld der AWO, erklärt Thomas Geuppert. Ziel ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft und am Arbeitsleben. Das erreicht die AWO, die bereits ein ähnlich konzipiertes, allerdings viel kleineres Hotel in Marktbreit betreibt, durch die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen, langfristigen Arbeitsplätzen unter regulären Arbeitsbedingungen und durch eine individuelle arbeitsbegleitende Betreuung. Ein Inklusionsunternehmen ist rechtlich und wirtschaftliche selbstständig.
Die Hälfte mit Behinderung
Die Beschäftigtenquote für Menschen mit Schwerbehinderung aus einer besonders schwer vermittelbaren Zielgruppe beträgt in einem Inlusionsunternehmen mindestens 40 Prozent und maximal 50 Prozent. Das heißt die AWO geht in Gerolzhofen an die Höchstgrenze. Behinderte Menschen werden in den Bereichen Rezeption, Nachtportier, Hausreinigung, Küche, Service/Theke und Hausmeister tätig sein.
Der neue "Wilder Mann" wird keinen eigenen Wellness-Bereich haben. Ein solcher würde zu viele Kosten verursachen, erklärt Thomas Geuppert. Stattdessen strebt die AWO eine enge Kooperation mit dem Geomaris an. "Da die Stadt Gerolzhofen sehr von dem neuen Hotel- und Gastronomieangebot profitieren wird, erhoffen wir uns hierbei eine deutliche Unterstützung durch die Stadt", sagt der Bereichsleiter.
Gehoben-bürgerliche Küche
Im gastronomischen Bereich soll eine Tagesgastronomie mit moderner, gehoben-bürgerlicher Küche und mit 145 Plätzen (auch im Außenbereich am Marktplatz) entstehen. Dadurch soll der zentrale Platz der Stadt eine weitere Belebung erhalten. Es soll Vorspeisen, Suppen, Salate, Imbisse, Brotzeiten, Nachspeisen sowie ausgesuchte Hauptgerichte aus der fränkischen und internationalen Küche geben. Das Angebot wird häufiger wechseln und saisonal orientiert sein. Von Zeit zu Zeit sind es auch Spezialitätenwochen und kulinarische Themenabende geplant.
Doch wie kam die AWO bei ihrer Standortwahl für das Hotel auf Gerolzhofen? Thomas Geuppert: Über das Netzwerk der AWO ergab sich ein Kontakt zum bisherigen Eigentümer des Gasthofs "Wilder Mann" und wenig später dann zu Investor Rainer Krapf. Da der Gerolzhöfer Stadtrat ein Hotel eindeutig gegenüber einem Seniorenwohnheim den Vorzug gegeben habe, habe sich die Maschinerie in Gang gesetzt.
Die AWO gab eine Standortanalyse in Auftrag, die sich eindeutig für Gerolzhofen aussprach. Als Pluspunkte sind in diesem Gutachten die vorzügliche Lage zwischen der Mainschleife und der idyllischen Landschaft des Steigerwalds, die Attraktivität der Innenstadt und die historischen Sehenswürdigkeiten der Altstadt wie das mittelalterliche Rathaus, das gotische Ensemble von Stadtpfarrkirche und Johanniskapelle und die Stadttürme aufgelistet. Dazu kommen die Anbindung an viel genutzte Rad- und Wanderwege sowie die Nähe zum Baumwipfelpfad bei Ebrach.
Erzielt werden könnten auch Synergieeffekte mit dem "umfangreichen, prosperierenden Gewerbebeaufkommen" der Stadt mit etwa 3300 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Ins Gewicht fällt auch die relativ gute Verkehrserschließung der Stadt.
Ein Bahnanschluss wäre hilfreich
Das kleine Einschränkung "relativ" würde entfallen, wenn Gerolzhofen auch einen Bahnanschluss hätte. "Unser Personal ist auf eine gute Versorgung durch den öffentlichen Nahverkehr angewiesen", sagt Geuppert. Menschen mit einer Behinderung seien oft nicht so mobil. Die AWO geht auch davon aus, dass durch die Bildungsträger im Haus täglich Mitarbeiter zwischen Schweinfurt und Gerolzhofen pendeln werden. Zum zweiten suchen sich mittlerweile immer mehr Gäste Hotelstandorte aus, die mit der Bahn erreichbar sind. Von einem Bahnanschluss profitiere auch ganz klar das In-Hotel der AWO in Marktbreit.