Es ist Mitternacht, die Geisterstunde beginnt. Rund ums Hallenbad sind fast alle Parkplätze belegt. Es sind Schwimmbegeisterte, die da angefahren sind. 34 davon sind gerade im Wasser. Die DLRG hat wieder zu ihrem 24-Stunden-Schwimmen eingeladen und mit der berühmten Geisterstunde beginnt der Wettstreit um den Mondscheinpokal.
In der Vorhalle sitzen Alessio (9), Fabio (11) und Sandro (13). Der Große ist noch dabei sich die Socken anzuziehen. 13 Kilometer ist er heute schon geschwommen, zehn und fünfeinhalb haben seine Geschwister geschafft. "Mit Magnesium, Traubenzucker und Kuchen", erklärt Fabio. Und Sandro versichert, dass sie in den Ferien ohnehin so lange aufbleiben dürfen. Der Prostest der Mutter kommt als Stimme aus dem Off. "Nein", das 24-Stunden-Schwimmen sei die "große Ausnahme".
Nächstes Jahr feiert die DLRG das Zehnjährige des 24-Stunden Schwimmens. Erwin Reuter erinnert sich, dass es den Mondscheinpokal beim ersten Mal noch nicht gab. Damals aber sei es nachts so mau gewesen mit Schwimmern, dass man sich zu diesem Pokal entschlossen habe. Inzwischen ist die Veranstaltung allerdings deutschlandweit beliebt, wie die Kennzeichen der Autos vor der Tür verraten. "Bis 24 Uhr haben die uns regelrecht überrollt", erklärt Caroline Reuter-Hock. Teilweise mussten Schwimmwillige eine halbe Stunde warten, bis sie ins Wasser konnten. Und das bei einer Besetzung von maximal 16 Schwimmern auf insgesamt vier Bahnen. Es wird ein Rekord und wohl schwer zu toppen sein, betont auch Vorsitzender René Wagenhäuser, zur "Halbzeit" nach zwölf Stunden, seien schon 900 Kilometer erschwommen worden.
Ihren großen Erfolg führen die drei DLRGler nicht nur auf Mund zu Mund Propaganda zurück, sondern auch auf ihr modernes Zählsystem, das Stefan Hantschel und Stefan Seufert entworfen haben und das seit letztem Jahr im Einsatz ist. Die Zettel haben längst ausgedient, die Mitarbeiter sitzen jetzt mit Tablets am Beckenrand. Klaus Greese hat gerade seine Zählerschicht beendet. Drei Stunden hat er hochkonzentriert die Schwimmer beobachtet.
Im Tablet sind die Namen und besondere Erkennungsmerkmale, dann muss nur noch geklickt werden, wenn der Schimmer am Beckenrand wendet. Das Ergebnis wird automatisch zusammengezählt und auf einen Bildschirm im Hallenbad übertragen. Nicht nur für die Schwimmer sei es gut, jederzeit zu wissen wie viel sie schon geschwommen sind, es erspare auch Personal. "Seitdem brauchen wir ein Drittel weniger Bahnenzähler", erklärt Erwin Reuter.
Querschnittsgelähmter feierte Jubiläum
Ein besonderes Jubiläum feierte heuer auch der querschnittgelähmte Sven Eckardt, er absolvierte in Schonungen sein einhundertstes 24-Stunden-Schwimmen. Es gebe schon so was wie einen Jetlag, stellt er fest, wenn man erst mal zwölf Stunden geschwommen sei. Jean-Pascal Koglin schwimmt seit 20 Uhr, über sieben Kilometer hat er schon, zwei will er noch schaffen, dann geht's mit dem Auto heim nach Arnstein. Er sei es gewohnt nachts zu fahren, erklärt er, außerdem sei er Student, also ohnehin nachtaktiv. Dennoch sei er froh zuhause anzukommen. "Am nächsten Tag spürt man dann schon, dass man acht bis neun Kilometer geschwommen ist, räumt er ein.
Madita Appaly ließ es langsamer angehen, sie war von Anfang an da und ist in zwölf Stunden viereinhalb Kilometer geschwommen. Die Erlangerin kam vor allem, um ihr Team vom Ostsee-Einsatz zu treffen. Dort machen DLRGler aus unterschiedlichen Ortsverbänden, darunter auch die Schonunger, Rettungsdienst. Das 24-Stunden-Schwimmen ist dann ein schöner Anlass, sich wieder zu treffen und Spaß zu haben.
Auch Maria und Waldemar Kolodzey lassen es gemütlich angehen. Sie kommen immer nachts, "denn das macht schließlich nicht jeder." Und so manch einer frage auch: "Du spinnst wohl?" Aber danach sieht es ganz und gar nicht aus, die beiden genießen das Schwimmen, und Maria Kolodzey sammelt dabei auch gleich Sportpunkte, die sie bei der Krankenkasse angeben kann.