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Schweinfurt
24 Stunden Leopoldina (9): Die Apotheke
Ob Krebspatient oder Frühchen – in der Krankenhausapotheke wird für jeden Patienten das passende Medikament gemischt. Dafür müssen Mitarbeiter spezielle Anzüge tragen.
Jessica Burger (links) und Katharina Schirling müssen bei der Medikamentenherstellung im Reinraumbereich der Krankenhausapotheke spezielle Schutzanzüge tragen. 
Foto: Anand Anders | Jessica Burger (links) und Katharina Schirling müssen bei der Medikamentenherstellung im Reinraumbereich der Krankenhausapotheke spezielle Schutzanzüge tragen. 
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:39 Uhr

Ob bei Fieber, einem neuen Hüftgelenk oder einem Knochenbruch – die Krankenhausapotheke des Leopoldina in Schweinfurt hat für jede Krankheit oder Wunde das passende Medikament parat. 15 Mitarbeiter, darunter fünf Apotheker, kümmern sich von Montag bis Freitag darum, dass Patienten die Arznei bekommen, die sie benötigen. Freilich stellen die Mitarbeiter nicht jedes Medikament selbst her. Die meisten Arzneimittel, wie beispielsweise Schmerztabletten, bekommt die Apotheke in großen Mengen geliefert. Doch einige besondere Medikamente müssen täglich individuell für die Patienten hergestellt werden.

"Wir stellen parenterale Ernährung für Frühchen auf der Kinderintensivstation her", sagt Dr. Andreas Troll, Fachapotheker für klinische Pharmazie am Schweinfurter Krankenhaus. Babys, die zu früh auf die Welt kommen, werden mit Infusionsbeuteln oder Fettspritzen versorgt, erklärt er. Diese werden für jedes Frühchen speziell auf dessen Bedürfnisse angepasst. Auch Zytostatika, Medikamente für Krebspatienten, werden täglich individuell von den Mitarbeitern der Apotheke angefertigt.

In einem der Herstellungsräume, der sogenannten Rezeptur, füllt eine Mitarbeiterin weißes Pulver in kleine Kapseln ab, die in einer Form stecken. Mit einem Schaber streicht sie über die Form und verteilt das Pulver in die Kapseln. "Wir können hier auch Medikamente mit einer geringeren Dosierung herstellen, die es so nicht zu kaufen gibt", sagt Troll. Auf dem Tisch daneben stehen verschiedene Apparate, einer davon erinnert an eine Küchenmaschine. "Das ist eine Stephanmaschine", erklärt der Apotheker. "Damit stellen wir Emulsionen her." Gleich daneben steht ein Gerät, das wie eine kleine Vitrine wirkt. Dabei handelt es sich um eine Analysenwaage mit Glaswänden. Bei der Medikamentenherstellung kommt es auf jedes Gramm an, erklärt er. Die Wände schirmen die Stoffe ab, denn: "Jeder Luftzug verändert das Gewicht." 

Behutsam streicht die Mitarbeiterin der Krankenhausapotheke die Medizin in die Kapseln. 
Foto: Anand Anders | Behutsam streicht die Mitarbeiterin der Krankenhausapotheke die Medizin in die Kapseln. 

Nachdem die Apotheker einen Auftrag für die Herstellung eines Medikaments bekommen haben, dauert es noch ungefähr eine Stunde, bis sie mit der Herstellung beginnen können, erklärt Troll. Denn nur die Hälfte der Arbeitszeit fließt in die Herstellung, die restliche Zeit benötigen die Mitarbeiter für bürokratische Arbeitsschritte. "Es muss alles sehr genau geprüft und dokumentiert werden", erklärt der 53-Jährige. Deshalb befinden sich nicht nur Herstellungsräume in der Klinikapotheke, sondern auch mehrere Büroarbeitsplätze.  Doch nicht jedes Medikament wird am gleichen Arbeitsplatz hergestellt, denn für die Produktion der verschiedenen Arzneimittel müssen die Mitarbeiter unterschiedliche Hygieneregeln beachten.

Marcel Weichert (links) und Gertraud Erhard kümmern sich um die Protokollierung der Medikamentenbestellungen. Rechts Dr. Andreas Troll.
Foto: Anand Anders | Marcel Weichert (links) und Gertraud Erhard kümmern sich um die Protokollierung der Medikamentenbestellungen. Rechts Dr. Andreas Troll.

Deshalb gibt es in der Krankenhausapotheke zwei Reinraum-Herstellungsbereiche. Sie bestehen aus mehreren Räumen, die durch Schleusen getrennt sind. Die einzelnen Räume der Trakte sind mit Klimageräten und speziellen Filtern ausgestattet, erklärt der Apotheker. Dadurch kommen keine Verunreinigungen in die Arzneimittel, die die Mitarbeiter herstellen. Zusätzlich gelten nach jeder Schleuse strengere Richtlinien, sagt Troll. Während die Mitarbeiter im ersten Raum noch die Kartons der Medikamente entfernen dürften, müssten sie im letzten Raum sterile Ganzkörperschutzanzüge samt Handschuhen tragen. In den hellblauen Anzügen wirken die Mitarbeiter wie Astronauten. 

"Jeder Luftzug verändert das Gewicht."
Andreas Troll, Fachapotheker für klinische Medizin am Leopoldina Krankenhaus
Katharina Schirling trägt bei der Arbeit im Reinraumbereich einen speziellen Schutzanzug.
Foto: Anand Anders | Katharina Schirling trägt bei der Arbeit im Reinraumbereich einen speziellen Schutzanzug.

Die Anzüge gewährleisten nicht nur die sterile Herstellung der Medikamente, sondern dienen auch dem Schutz der Mitarbeiter, die bei der Herstellung von Krebsmedikamenten mit giftigen Stoffen arbeiten. Anders als bei der Produktion in der Rezeptur arbeiten die Apotheker in den Reinraumbereichen an speziellen Werkbänken, die über der Arbeitsfläche fast rundum mit Glas umgeben sind. Einzig die Arme der Mitarbeiter passen unter einem Spalt in der Glaswand durch. Abluft mit Giftstoffen, die beispielsweise beim Mischen von Infusionen aus den Glasphiolen entweicht, wird innerhalb der Werkbank permanent angesaugt und abtransportiert.

56 000 Arzneimittel auf Vorrat

Doch nicht nur unter der Werkbank kommt es auf die Luftzirkulation an. Zwischen 60 und fünf Pascal Überdruck herrscht in den Räumen des Reinraumbereichs, damit eine sichere Luftzirkulation gewährleistet ist. Dadurch bleibt die Luft partikelfrei, erklärt Troll, denn sie entweicht von den hintersten Räumen nach vorne, sobald die Mitarbeiter durch die Schleusen gehen. Unterdessen werden kontinuierlich die Temperatur, die Feuchtigkeit und die Partikelanzahl in den Herstellungsräumen gemessen, berichtet der 53-Jährige. Ob die Luftzusammensetzung in den Räumen passt, sehen die Mitarbeiter an einer Ampelleuchte, die an der Außenwand angebracht ist.

Rund 56 000 Arzeimittel hat die Krankenhausapotheke des Leopoldina auf Vorrat.
Foto: Anand Anders | Rund 56 000 Arzeimittel hat die Krankenhausapotheke des Leopoldina auf Vorrat.

Der Raum in dem die Warnleuchte angebracht ist, erinnert an eine Bibliothek. Etliche hohe Regalwände sind darin der Reihe nach aufgestellt. Doch anstelle von Büchern stehen allerlei unterschiedliche Medikamentenpackungen auf den Regelbrettern. "Wir haben circa  1400 verschiedene Arzneimittel auf Lager und im Moment ca. 56 000 Packungen an Arzneimitteln und Infusionen vorrätig", sagt Troll. 

Eine Mitarbeiterin schlängelt sich durch die Flure zwischen den Regalwänden um ein Medikament zu suchen. Als sie die Arznei findet, legt die Mitarbeiterin sie in eine blaue Box und macht sie fertig für den Versand durch das Krankenhaus –  damit die Patienten des Leopoldina zeitnah mit den passenden Medikamenten versorgt sind.

24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen.

 
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