Station 73/74, siebter Stock. Ramona Hoos hat Nachtdienst auf der Doppelstation (Urologie und Gynäkologie) mit ihren 70 Betten. Außer ihr sind noch zwei Leute eingeteilt. Ihr Dienst fängt um 21 Uhr an, um 21.30 ist Übergabe, eine kurze Besprechung mit dem Team, das jetzt nach seiner Schicht in den Feierabend geht. Um 6 Uhr kommt die Ablösung, der Frühdienst. Gibt es etwas zu beachten? Gab es Auffälligkeiten bei einem Patienten oder einer Patientin? Wurde eine Medikamentation geändert? Das bespricht Hoos bei der Übergabe. Um 6.30 Uhr endet ihr Arbeitstag.
Bewegung bekommt der Nachtdienst übrigens genug. Fünf bis sieben Kilometer am Tag läuft eine Pflegekraft auf der Station im Schnitt, schätzt Hoos."Nachts ist es ein bisschen mehr." Vier Rundgänge werden gemacht, alle zwei Stunden, erzählt sie. Was wird da gemacht? Infusionen anhängen, das ist ein Punkt beim ersten Rundgang. Vitalzeichen kontrollieren: Blutdruck, Puls, Ausscheidungen, Blutzucker: das ist vor allem wichtig bei Patienten, die operiert wurden. Um 22 Uhr bekommen viele Patienten noch einmal Insulin, erzählt die stellvertretende Stationsleiterin und Praxisanleiterin. Nicht alles kann eine Pflegekraft alleine machen. Beim Umlagern von pflegebedürftigen Patienten zum Beispiel "ist es sehr hilfreich, wenn man zu zweit ist."
Ziel: schmerzfrei durch die Nacht kommen
Um zehn Uhr kontrolliert der Nachtdienst auch noch einmal die Schmerzkatheter, damit die "Patienten schmerzfrei durch die Nacht kommen." Pfleger oder Pflegerin fragen die Patienten, wie stark die Schmerzen sind, ob sie noch Medikamente brauchen, die Dosierung verstärkt werden soll. Hoos erinnert sich an ein Gespräch mit einem Patienten. Auf die Frage "brauchen Sie noch Schmerzmittel?" antwortete er: "Ein Schoppen wäre mir jetzt lieber." Den hatte sie allerdings nicht auf ihrem "Bauchladen für die Nacht" mit Schmerztropfen, Schmerzmitteln und Abführmitteln. Aber falls jemand nicht schlafen kann, weil ein anderer Patient schnarcht, hat sie ein Mittel parat: Ohropax.
Hoos schätzt die Ruhe, die abends und nachts auf der Station herrscht. "Alles ist viel entspannter." Man kann sich mehr Zeit lassen, auch, um mit Patienten zu reden, sagt sie. Es klingeln keine Telefone und es sind keine Besucher da. Man könne die Dinge eher nach seinem eigenen Rhythmus machen. Nicht selten kommt es vor, dass auch nachts Notfälle auf die Station kommen, Patienten, die in der Nacht operiert wurden. Oder Patienten werden von der Intensivstation auf die Station verlegt.
Ab dem zweiten Rundgang wird nicht mehr jeder Patient geweckt. Bei OP-Patienten checkt der Nachtdienst die Vitalzeichen. "Die anderen lasse ich schlafen." Apropos schlafen: Wie schwer ist es, nach Nachtdiensten wieder in einen normalen Rhythmus zu kommen? Bei zwei bis drei Nächten am Stück sei das kein Problem, meint die Gesundheits-und Krankenpflegerin. Die erste Nacht sei etwas aufregend. "Dann geht's" Drei bis fünf Nächte arbeiten sei schwieriger.
Nachtschicht arbeiten: Auch eine Frage der Lebenssituation
Manche Leute arbeiten lieber früh, andere lieber die normale Tagesschicht, andere nachts. Ramona Hoos versucht, die Wünsche und Bedürfnisse der Kollegen bei den Dienstplänen zu berücksichtigen. Kolleginnen mit Kindern machen gerne Nachtschicht. Dann ist der Partner daheim und kann auf die Kinder aufpassen. "Das kommt auf die Lebenssituation an",sagt Hoos.
Der Nachtdienst kümmert sich allerdings nicht nur um die Patienten. Es gibt viel Administratives zu tun. "Alles muss dokumentiert werden." Außerdem richtet er Medikamente und Infusionen für den nächsten Tag her. Und bereitet die Kaffeemaschinen für die Patientenfrühstücke vor, kocht Tee. Es gibt immer was zum Aufräumen, zum Vorbereiten. Dreimal in der Woche kontrolliert der Nachtdienst die Medikamente, die auf Station gelagert werden.
Kein Dienst ist wie der andere. Was ihr aber immer Freude bereitet: Den Sonnenaufgang zu sehen, früh die Vögel zwitschern zu hören. Der Blick aus dem siebten Stock ist wirklich spektakulär. "Die Aussicht ist toll", das hört sie auch von Patienten. "Nach den Schwestern ist die Aussicht im siebten Stock das schönste", hat einmal ein Patient gesagt.
Heuer fiel allerdings ein besonders schöner Ausblick coronabedingt aus: Der auf das Riesenrad beim Volksfest, unten in der Stadt. Den mag Ramona Hoos nämlich besonders gern.
24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen. Alle Teile der Serie finden Sie unter: www.mainpost.de/24+Stunden+Leopoldina./