Die Feierstunde "20 Jahre Behindertenbeirat der Stadt Schweinfurt" war eine Mischung aus großem Lob für die ehrenamtliche Arbeit und das Erreichte, großer Kritik an den Gegebenheiten in Schweinfurt und vielen Wünschen für die Zukunft, wie Inklusion noch besser gelingen könnte.
Manfred Neder, Vorsitzender des Beirats, hatte in seiner Begrüßung kurz die Geschichte gestreift. Vor 20 Jahren gründete sich der Beirat offiziell, die Vorbereitungs- und Planungszeit gehe aber noch weitere 15 Jahre zurück. Neder steht seit sieben Jahren an der Spitze und erzählte, wie er über den Versehrtensportverein den Zugang gefunden hatte. 17 Prozent der Schweinfurter gelten vom Gesetz her als behindert, dazu gesellen sich aber auch noch Menschen, die keinen Ausweis besitzen oder beantragt haben: Ältere Mitbürger, die sich nur noch mit dem Rollator bewegen können, sind in ihrem Alltagsleben auch "eingeschränkt", haben auch ein Handicap.
Zusammen mit Moderator Norbert Steiche freute sich Neder über die Gäste aus Politik und Verwaltung, die in die Halle des Rathauses gekommen waren. Oberbürgermeister Sebastian Remelé, Hausherr des Rathauses und rechtlich "Chef" des Behindertenbeirats, würdigte die Leistung von Neder und allen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Der OB verwies auch auf die wichtige Arbeit der Selbsthilfegruppen. Auch Erwin Dotzel war nach Schweinfurt gekommen, um zu gratulieren. Der Bezirkstagspräsident betonte, dass man auf viele Details bei der komplexen Forderung nach Barrierefreiheit achten müsse, beispielsweise auch an eine "einfache Sprache" in behördlichen Dokumenten.
Wie man Behinderten helfen kann
In Gesprächsrunden ergründete Norbert Steiche, wie die Behinderten den Alltag meistern und wie handicapfreie Mitbürger helfen können. Steiche sprach davon, dass auch er selbst in diesem Gebiet noch viel lernen müsse. Herbert Hennlich unterstrich dies in einem Gespräch. Er ist der stellvertretende Vorsitzende des Beirats und ist inzwischen vollständig erblindet. Im Gespräch erklärte er, wie man Sehbehinderte im Alltag unterstützen kann. Hennlich berichtete von Ereignissen aus seinem Alltag. So hätte ihn ein freundlicher Mensch über die Straße "gezerrt", obwohl Hennlich nur auf seine Ehefrau gewartet habe. All diese Erzählungen unterstreichen, welche Hürden behinderte Menschen im Alltag überwinden müssen
Übers Internet, und das war eine der guten Nachrichten an diesem Abend, kann man einen Gebärdendolmetscher "ins Amt" dazu schalten. Diese Hilfe benötigen Menschen, die wenig oder sehr schlecht hören. Das "Reden mit den Händen" ist schwer zu erlernen. Gebärdendolmetscherinnen und moderne Technik halfen während der Feierstunde mit; ein besonderes Mikrofonsystem übermittelte die Reden direkt an die Hörgeräte der Schwerhörigen.
In der Stadt scheint vieles nicht zu stimmen – aus der Sicht der Behinderten. Es fehlt wohl an abgesenkten Gehwegen für Rolli-Fahrer, die Ausgänge aus den Tiefgaragen seien so gebaut, dass man zum Öffnen "Schwarzenegger-Muskeln" brauche, wie Norbert Steiche es formulierte. Er hatte selbst einen Rundgang durch die Stadt gemacht und neuralgische Punkte besucht.
Manfred Neder ärgert sich, dass der Behindertenbeirat nicht im Stadtrat mit am Tisch sitzt. In München, so berichtete der Vorsitzende, funktioniere das hervorragend. Der "Wunschzettel" aus dem Umfeld des Beirates war lang: Er umfasste mehr automatische Türen oder Gebärdendolmetscher für Theater und Kultur. Die leisen Elektroautos entpuppen sich als großes Problem, an Kreuzungen, Ampeln und Fußgängerüberwegen.