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Schweinfurt
14. Oktober 1943: Der schwarze Donnerstag für die US-Luftwaffe
Wegen der Wälzlagerindustrie war Schweinfurt ein Hauptziel der Luftangriffe. Für die Eisenbahn wurde deshalb eine Umgehung gebaut. Jetzt sind Luftaufnahmen von dieser Strecke aufgetaucht.
Die gepunktete Linie zeigt den Bypass, auf dem der Fernverkehr an Schweinfurt vorbei geführt wurde.
Foto: Repro Gerd Landgraf/Quelle Stadtarchiv | Die gepunktete Linie zeigt den Bypass, auf dem der Fernverkehr an Schweinfurt vorbei geführt wurde.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:11 Uhr

Der Verlust von 60 Bombern und 600 Mann Besatzung beim Luftangriff auf Schweinfurt am 14. Oktober 1943 ist in die Geschichte der US-Luftwaffe als Black Thursday eingegangen. Das Ziel war die Wälzlagerfertigung als Schlüsselindustrie für die Produktion von Flugzeugen und Panzern. Keine andere deutsche Stadt hatte zu diesem Zeitpunkt eine bessere Luftabwehr. Schweinfurt war aber auch ein Knotenpunkt im Zugverkehr mit einem Hauptbahnhof mitten zwischen der Großindustrie, weshalb für die Fernzüge vor den Toren der Stadt eine Umgehungskurve für die Strecke Stuttgart-Berlin gebaut worden war. Die jetzt von dem Eisenbahnfan Dieter Schorn im Stadtarchiv aufgespürten Aufnahmen der Aufklärer der 8. US-Luftflotte zeigen das Bahndreieck im Westen von Schweinfurt. 

Bahnhof auf der Gemarkung Oberndorf

Heute ist der auf freiem Feld der Gemarkung Oberndorf in den 1870er-Jahren errichtete Hauptbahnhof ein Bahnhof der Kategorie 3. Einst und bis zur Deutschen Teilung war er eine Station auf der Schnellzugstrecke zwischen Berlin und Stuttgart mit Kurswegewagen in die Schweiz und nach Italien. Nach der Wiedervereinigung schufen Deutsche Bahn und Deutsche Reichsbahn zwar neue Fernverkehrsangebote, doch wurden diese im Jahr 2001 eingestellt, und Schweinfurt verlor die Anbindung an den Fernverkehr. Eine Änderung verspricht die "Fernverkehrsoffensive 2030" ab dem Jahr 2028 mit einer IC-Linie Bamberg-Schweinfurt-Würzburg-Stuttgart-Tübingen. Mit dem einmaligen Umsteigen in Bamberg wäre damit die schnellste Zugverbindung zwischen der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg und der Bundeshauptstadt hergestellt.

Der Hauptbahnhof auf einer Postkarte aus dem Jahr 1919.
Foto: Stadtarchiv | Der Hauptbahnhof auf einer Postkarte aus dem Jahr 1919.

Schweinfurt wird nicht mehr angefahren

Einen ersten Voralarm wegen der Bedrohung aus der Luft gab es in Schweinfurt im August 1942. In rund 7000 Meter Höhe war am 19. ein Aufklärer der US-Luftflotte unterwegs. Luftaufnahmen aus dieser Zeit zeigen noch keine Flakstellungen in und um Schweinfurt und auch noch nicht das spätere Gleisdreieck im Westen der Stadt. Die Nachforschungen von Dieter Schorn ergaben, dass die Umleitung der Züge im Westen der Stadt spätestens im Herbst 1944 zur Verfügung stand. Eigentlich war damals ein Lokwechsel am Hauptbahnhof vorgesehen. Von dort kam wohl auch weiterhin die neue und für die Langstrecke gewartete Lok. Auf Höhe des heutigen Fußgängerstegs über die Bahngleise am Hauptbahnhof war der Tank mit dem kalkfreien Wasser für die Diesellokomotiven. Auch war der Schweinfurter Bahnhof mit zwei Drehscheiben für die Zugmaschinen bestückt.

Dieter Schorn: "Die ursprüngliche Fernbahn-Verbindung Stockholm-Italien-Riviera war mit Kriegsbeginn obsolet, aber militärstrategisch insbesondere im Mittelstück Berlin-Elsass und mit der Tunnelstrecke Oberhof sowie dem Lokstützpunkt Schweinfurt überaus wichtig für Nachschub und Truppenverlegungen." Die Bedeutung als "Eisenbahnerstadt" schon in der Vorkriegszeit sieht Schorn durch die Eisenbahner-Wohnblocks sowie zwei ehemalige Lokschuppen am Hauptbahnhof mit 20 Plätzen für Wartung und Reparatur belegt. 

Die Industrie war das Ziel der Luftangriffe, doch die Bomben verwüsteten das ganze Stadtgebiet, wie etwa zwischen Wolfsgasse und Zeughaus. Der Bombenhagel traf auch 16 Nachbardörfer.
Foto: Stadtarchiv | Die Industrie war das Ziel der Luftangriffe, doch die Bomben verwüsteten das ganze Stadtgebiet, wie etwa zwischen Wolfsgasse und Zeughaus. Der Bombenhagel traf auch 16 Nachbardörfer.

Die Luftangriffe der Alliierten

Schon 1943 hatten die Alliierten versucht, die Schweinfurter Industriebetriebe auszulöschen, erzielten im August und Oktober jedoch nur Teilerfolge und mussten schwerste Verluste verbuchen. Am 14. Oktober war die US-Luftflotte in Südengland mit ihren viermotorigen fliegenden Festungen gestartet. Über Schweinfurt entluden die 230 Maschinen ihre Fracht. Der Angriff dauerte nur 35 Minuten. 276 Menschen starben in Schweinfurt. Die Angreifer verloren 60 Bomber und 600 Mann Besatzung. Auf deutscher Seite war neben dem Einsatz von Jagdflugzeugen vor allem der eng um die Stadt gezogene Flakgürtel erfolgreich.

Der "Black Thursday" stoppte die Luftangriffe auf deutsche Städte durch die Amerikaner zwei Monate. Im Februar wurde die Kugellagerstadt dann erneut Ziel eines Bombenhagels. Am 24. erreichten um 13.26 Uhr 266 US-Bomber Schweinfurt. Sie zerstörten in weniger als 20 Minuten große Teile der Wohnquartiere in der Innenstadt. In der Nacht griff dann die gesamte britische Luftflotte mit 660 Bombern zweimal an. Diese drei Luftangriffe (von insgesamt 15) forderten in der Stadt 302 Tote. Über 7000 Schweinfurter verloren ihre Wohnungen.

 
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