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SCHWEINFURT
126 Tage warten auf Karl Hagemeister
Wiesenstück       -  Unmittelbare Nähe zur Natur: „Wiesenstück“, 1906, Öl auf Leinwand
Foto: Postdam Museum | Unmittelbare Nähe zur Natur: „Wiesenstück“, 1906, Öl auf Leinwand
Bearbeitet von Kirsten Mittelsteiner
 |  aktualisiert: 27.04.2023 10:59 Uhr

Zwei Jahre Vorbereitungszeit, drei beteiligte Museen, 14 Leihgeber für die Station in Schweinfurt mit 44 Werken, 14 Tage Öffnung der Ausstellung und dann: 126 Tage Lockdown. Das sind die nüchternen Zahlen zur Ausstellung „Karl Hagemeister ,… das Licht, das ewig wechselt.‘ Landschaftsmalerei des deutschen Impressionismus.“ 126 Tage lang gab es ein Hoffen und Bangen und immer neues Umplanen. Am 8. März war es wieder so weit: Museen durften bei Inzidenzen unter 100 mit Voranmeldung, unter 50 auch ohne wieder öffnen. Hagemeister bekam für 49 Tage eine neue Chance. Seine Bilder sind im Museum Georg Schäfer noch bis Sonntag, 25. April zu sehen.

Man musste aber in Süddeutschland schon weit länger als 126 Tage auf den märkischen Maler warten – nämlich ganze 108 Jahre. 1912 fand die letzte große Ausstellung über den Künstler in der Galerie Heinemann in München statt. Damals hieß es im Katalog: „Dass ein Künstler, der, wie Karl Hagemeister, zu den besten seiner Zeit und seines Landes gehört, mit vierundsechzig Jahren noch dem größten Teil seiner Landsleute so gut wie unbekannt ist, das dürfte doch wohl auch in Deutschland zu den Seltenheiten gehören.“

Und in einem Zeitungsartikel las man: „Die Ausstellung beweist aber, daß […] ein Maler übersehen wurde, der unter allen Umständen unter die dauernden Meister des 19. Jahrhunderts gehört.“ Inzwischen erzielt der Künstler mit seinen oft großformatigen Gemälden auf dem Kunstmarkt Höchstpreise, doch noch immer steht er vor allem im Süden Deutschlands in seiner Bekanntheit hinter Liebermann, Slevogt und Corinth zurück. Das liegt vor allem daran, dass er hier so selten zu sehen war und leider oft auch nicht in den Dauerausstellungen präsent ist.

Zu Lebzeiten war es für die Bekanntheit Hagemeisters nicht von Vorteil, dass er seit 1884 sehr zurückgezogen in seiner Heimat am Schwielowsee lebte. Zuvor war er durchaus gereist, nach Wien, Venedig und Paris, wo er sich auch mit den Ideen des französischen Impressionismus beschäftigt hatte. Durch sie kam er zu einer eigenen impressionistischen Malweise für die Darstellung des Moments, der Bewegung, der Lichtsituation und Atmosphäre. In wenigen Jahren machte er einen enormen Entwicklungssprung, mit dem er sich vom Realismus und dem Vorbild der Schule von Barbizon entfernte, hin zu einer lichtdurchfluteten, impulsiven und abstrakter werdenden Malerei.

Die Nähe zur Natur

Für seine Landschaftsbilder brauchte er die unmittelbare Nähe zur Natur. Mit der Leinwand zog er bei Wind und Wetter ins Freie und malte dort. Er verharrte eine Weile vor dem Motiv, dann arbeitete er schnell. Seine großen Wellenbilder aus den Jahren zwischen 1908 und 1915 entstanden zum Teil in nur zwei Stunden direkt am Strand. Hagemeister hätte nicht in der Großstadt leben können. Er forderte einmal einen Kollegen auf: „Leben Sie doch auch so einsam in der Natur wie ich! Verlassen Sie sich darauf, es ist die einzig richtige Art, wie sich ein Künstler entwickeln kann und muß. Ich wußte aus der Kunstgeschichte, daß, wenn sich eine Kunst überlebt hatte, wieder die Rückkehr zur Natur gelehrt wurde. Da sagte ich mir, wozu soll ich mich denn überhaupt von der Natur trennen […] Der Zweck ist doch der, nicht ein Bild zu machen, sondern ein seelisches Erlebnis hinzuschreiben […] mit der Sprache, die sich der Künstler mit seinen eigenen Augen vor der Natur gebildet hat.“

Noch 49 Tage sind die Bilder von Karl Hagemeister zu sehen. Wer weiß, wie lange man dann wieder auf die nächste Ausstellung warten muss?

Im Museum Georg Schäfer gilt ein umfangreiches Hygienekonzept. Die Besucherzahl wird begrenzt, um die geltenden Abstandsregeln einhalten zu können. Die Belüftung mit Frischluft wurde in den Ausstellungsräumen erhöht. Ausgeschilderte Rundwege helfen bei der Vermeidung von Kontakten. Es gibt die Möglichkeit zur Händedesinfektion. Bargeldlose Zahlung beim Ticketkauf ist erwünscht. Die Besucher sind zum Tragen einer FFP2-Maske verpflichtet. Sie müssen zudem einen Kontakt zu einer eventuell nötigen Rückverfolgung hinterlegen. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 ist eine vorherige Anmeldung über die Homepage www.museumgeorgschaefer.de oder unter der Tel.-Nr.: (0 97 21) 51 48 25 nötig. Bei einer Inzidenz von über 100 bleibt das Museum geschlossen.

Die Öffnungszeiten wurden erweitert, um den Besuch zu entzerren: Mo. 10-17 Uhr, Di. 10-20 Uhr, Mi.-So. 10-17 Uhr. Es finden noch keine Führungen und Veranstaltungen für Gruppen statt. Der Buch-Shop ist geöffnet.

Ausschnitt aus dem Bild „Seedorn an der Steilküste bei Lohme/Rügen“, 1915, Öl auf Leinwand
Foto: Michael Lueder | Ausschnitt aus dem Bild „Seedorn an der Steilküste bei Lohme/Rügen“, 1915, Öl auf Leinwand
 
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