Eine schwere Krankheit hat den Schweinfurter Johannes Reichert eine auf den ersten Blick verrückte Idee umsetzen lassen: Mit dem Rad ferne Ziele ansteuern. Neben der körperlichen Herausforderung wollte er sich beweisen, dass „noch immer vieles machbar ist“, man sich das nur (zu)trauen muss.
Von 2007 bis 2010 strampelte Reichert die 3369 Kilometer von Schweinfurt nach Santiago de Compostela in Spanien ab, die 1465 Kilometer nach Rom waren in zwei Etappen 2011 und 2012 das Ziel. Über beide Erlebnisse hat er Radreisebücher geschrieben („Der Weg – Die Herausforderungen – Die Erlebnisse“ und „Mit dem Rad nach Rom“).
Nächstes Ziel war Israel. Nach den 625 Kilometern durch den Norden Israels im Jahr 2013 (wir berichteten) kehrte der Schweinfurter dieser Tage erneut aus Israel zurück, die 605 Kilometern durch Teile des Südens Israels liegen hinter ihm. „Ich erlebte das biblische Land, wie man das eben nur kann, wenn man mit dem Fahrrad und nicht in einem voll klimatisierten Reisebus unterwegs ist“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung.
Die erste Etappe führte den 58-Jährigen, der bei SKF arbeitet, von Jaffa nach Ashkelon, rund 15 Kilometer vor Gaza. Sehr früh eine – trotz neuer unplattbarer Reifen – erste (und einzige) Panne. Dank Ersatzschlauch und Werkzeug ist der Defekt schnell behoben.
Zweiter Tag: Fahrt von Ashkelon in die Wüstenhauptstadt Be‘er-Sheva. Die Straße führt bei Sderot nur wenige Meter an der Grenze zum Gazastreifen vorbei. Dass Sderot nur einen Tag später Ziel von rund 60 Raketen aus Gaza wird, erfährt Reichert Tage später. „Glück gehabt!“, sagt er.
Der Radler erreicht die Steinwüste Negev, er legt eine Radpause ein, nimmt Teile der Wüste aber unter die Füße. „In der Weite und Stille kommt man zur Ruhe, nicht ohne Grund wird gesagt, dass jeder irgendwann einmal eine Zeitlang in die Wüste gehen soll“, so Reichert.
Die nächsten Rad-Etappenziele sind Arad, das Tote Meer, dort entlang nach Massada. Kurz vor dem Anstieg nach Metzoke Dragot passiert der Schweinfurter einen Checkpoint der israelischen Armee. Man verlässt hier israelisches Kernland, fährt in die Westbank ein. Es steht der Anstieg aus dem Jordangraben hinauf nach Jerusalem an. Sechs Stunden hat Reichert eingeplant, er benötigt sieben.
Die folgenden vier Tage sind für Jerusalem reserviert: Altstadt, Grabeskirche, Erlöserkirche, Klagemauer, Via Dolorosa, das Grab von Oskar Schindler, Ölbergs und des Gartens Gethsemane und Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem.
14 Tage ist Reichert jetzt schon unterwegs. Er fährt weiter durch die Jerusalemer Berge nach Mazkeret Batya nahe Rechovot, die letzte Etappe ist die Rückfahrt nach Tel Aviv/Jaffa. Zwei Tage hält er sich in Tel Aviv auf, dann Abreise. Dass er am Flughafen mehrere Male sehr intensiv kontrolliert wird, verwundert Reichert. „Ein Reisender mit einer Satteltasche in der linken und einem Fahrrad an der rechten Hand scheint hier wirklich aus dem Rahmen zu fallen“, sagt er. Sicherheit müsse sein, ja, „aber wird hier nicht vielleicht doch etwas übertrieben?“, fragt er.
Fazit: Zweieinhalb intensive und erlebnisreiche Wochen in Israel sind zu Ende. Sich ein Land mit dem Fahrrad zu „erarbeiten“, nennt er „etwas Besonderes, das ganz intensive Eindrücke und Erinnerungen hinterlässt“. Reichert kündigt auch für dieses Abenteuer ein drittes Reisetagebuch an, der naheliegende Titel lautet: „Mit dem Rad durch Israel“. Es soll Anfang 2015 erscheinen und wird wie die beiden Vorgänger im Wiesenburg Verlag Schweinfurt erscheinen (erhältlich im Buchhandel oder via Internet). Johannes Reichert bietet weiterhin reich bebilderte Lesungen über diese Touren an. Israel folgt ab 2015.
Kontakt: reichert.johannes@t-online.de