Auf ungewöhnliche Weise flog ein Drogengeschäft auf, das jetzt vor dem Gericht in Schweinfurt verhandelt wurde. Am 21. Oktober 2020 wird aus einem Dorf im Landkreis Schweinfurt ein Paket an eine Adresse in Berlin verschickt, ganz normal auf dem Postweg. Doch auf dem Versandweg wird der Adressaufkleber beschädigt oder abgerissen. Die nunmehr unzustellbare Sendung landet in einem extra dafür zuständigen Postzentrum in Wuppertal. Dort wird sie geöffnet, um eventuell anhand des Inhalts den Absender oder Adressaten festzustellen.
Die Postler dürften nicht schlecht gestaunt haben, als sie eine Sporttasche fanden, darin 101 000 Euro, zumeist in 50-Euro-Scheinen – und eine Bestellliste: Ein halbes Kilogramm schwarzes Hasch, eineinhalb Kilogramm MDMA (Ecstasy), ein Kilogramm Speed (Amphetamin), ein halbes Kilogramm Speed-Paste, 500 LSD-Pillen "Brother Skull" und 50 Gramm Kokain.
Das Päckchen mit dem vielen Geld und dem Wunschzettel erreicht nun aber nicht den Berliner Adressaten, sondern die Wuppertaler Polizei. Die kommt schnell auf einen heute 40-Jährigen aus dem Landkreis Schweinfurt, nicht zuletzt weil dieser – nachdem das Paket in Berlin nicht ankam – der Post geschrieben hatte, er sei der Absender dieses Pakets. Es solle an ihn zurückgeschickt oder an den Empfänger weitergeleitet werden.
Kiffen fürs Einschlafen
Acht Monaten saß der Mann in Untersuchungshaft und am Mittwoch auf der Anklagebank des Landgerichts Schweinfurt. Der Staatsanwalt wirft ihm unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor – und den Besitz von gut 20 Gramm Cannabis, die bei der Hausdurchsuchung gefunden wurden.
Der Angeklagte räumt die Vorwürfe umfassend ein. Er sei eigentlich ein Kiffer, seit 22 Jahren schon. Cannabis rauche er, weil er Probleme mit dem Einschlafen habe. Bis heute hat der 40-Jährige aber keinerlei Einträge im Bundeszentralregister, und auch die Ermittler fanden keine Hinweise darauf, dass der Mann vor dieser Drogen-Großbestellung in Berlin mit immerhin 101 000 Euro Vorkasse jemals gedealt haben könnte. Um 1000 Euro habe er sich dabei verzählt – zu seinen Ungunsten.
Der Großteil der Drogen – die "Chemiesachen" – sei für einen Dritten bestimmt gewesen, den er nicht nennen will. 80 000 Euro in dem Paket stammten von diesem, die restlichen 21 000 Euro von ihm selbst, so der Angeklagte. Er habe für seinen Teil des Geldes Cannabis vor allem zum Eigenbedarf kaufen wollen. Einiges hätte er auch verkauft, um "für später was zu haben". Nun aber sind 100 000 Euro weg, das Gericht hat deren Einziehung angeordnet. Kein Gramm Gras, kein Speed und und keine Pille Ecstasy hat es dafür gegeben – und der 40-Jährige sitzt seit fast einem Dreivierteljahr schon im Gefängnis.
Vier Jahre und ein Monat
Zu seinen Gunsten werten Staatsanwalt wie Gericht das Geständnis des 40-Jährigen, seine jahrelange Sucht, dass er keinerlei Vorstrafen hat und die Drogen nicht in Umlauf kamen. Zu seinen Lasten geht die recht große Drogenmenge, die bestellt werden sollte.
Nach vier Stunden verkündet die Große Strafkammer ihr Urteil: vier Jahre und einen Monat Haft für den illegalen Betäubungsmittelhandel – plus Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Der Staatsanwalt hatte für sechs Jahre und einen Monat plus Unterbringung plädiert, der Verteidiger für maximal viereinhalb Jahre mit Suchttherapie. Das Urteil ist rechtskräftig.