Wenn Eleonore „Lore Süß“ das Gästebuch ihres Hotels zeigt, ist das fast schon wie Promigucken. In zwei Bänden haben sich über die Jahrzehnte besondere Gäste verewigt.
Wer zum Blättern in diesen Archiven, aus teilweise längst verblichenen Zeiten, ansetzt kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Von Politik-, Sport bis Theaterprominenz, vom Rockstar bis zur Heimatjodlerin, so gut wie alles was Rang und Namen hatte und hat, fand den Weg in das Schweinfurter „Ross“.
Und wer den gefunden hatte, der hinterließ nicht selten, eine kurze Botschaft, ein kleines Lob, als persönlichen Fingerabdruck in diesen „Goldenen Büchern“ des Hotels.
Franz-Josef Strauß bedankt sich für „Speis' und Trank“. Herbert Wehner, dass er „zum zweiten Male hier wohnen durfte“. Sepp Maier für die „freundliche Aufnahme“. Heinz Rühmann denkt an den „Charme des Hauses“. Nena für das „vorzügliche Essen“. Dave Brubeck for a wonderful stay“ Chris de Burgh „for a fantastic evening“, Dieter Hildebrandt war „immer wieder erstaunt, dass das „Ross die hohe Qualität behält“.
Erinnerungen an Strahlemann Heesters
Und Hellmuth Karasek meinte „der Frankenwein schmeckt im Rossino noch besser“. Die Liste könnte hier noch seitenlang fort gesetzt werden. „Lore“ Süß hat Sie alle kennen gelernt . Auch mit der einen oder anderen Marotte. So setzte sich beispielsweise Johannes Heesters bei seinen Aufenthalten immer wieder gerne stundenlang in die Lobby. „Der hat dann immer die Gäste an sich vorbei defilieren lassen. Das hat ihm so richtig gefallen“, denkt Elenore Süß an den Schauspieler zurück, der gleichzeitig auch als „richtiger Strahlemann“ herüber gekommen ist. Mit zahlreichen Promis war sie persönlich befreundet, mit der Schauspielikone Maria Becker, die sonst immer auf Distanz bedacht war, sogar per „Du“.
100 Jahre gibt es das Ross jetzt. Es wird der hundertsten Jahrestag der „Gestattung“ gefeiert, was nichts anderes bedeutet, als die Erlaubnis ein Gastgewerbe mit Schankerlaubnis zu betreiben. Am 6. April 1918 kam die Erlaubnis der Stadt, damals hieß das Haus noch „Zum rothen Ross“. Von einem Hotel konnte damals nicht die Rede sein. Im Erdgeschoß befanden sich Stallungen, im ersten Stock ein Tanzsaal, Eigentümer war die Familie Süß.
Eleonore Süß hat das Haus jahrzehntelang geprägt hat und prägt es auch noch heute mit ihren 91 Jahren. Gemeinsam mit ihrem Mann Walter hat sie Hotel und Gaststätte nach dem zweiten Weltkrieg übernommen und 50 Jahre lang geleitet.
„Mir war keine Arbeit fremd“
Sie hat Treppen und Zimmer, zusammen mit ihrer Schwiegermutter und Schwägerin geputzt, die Wäsche gemacht und stand selbst in der Küche. „Mir war keine Arbeit fremd“ erinnert sich die 91-jährige.
In den vermeintlichen Ruhestand ist „Lore Süß“ schon vor zwanzig Jahren gegangen und hat die Leitung von Hotel und Restaurant an ihren Sohn Jürgen weiter gegeben. Jürgen Süß hat dann über die Jahre hinweg Hotel und Restaurant immer weiter behutsam erneuert, zu einem Vier-Sterne-Hotel ausgebaut und teilt sich seit drei Jahren die Geschäftsleitung gemeinsam mit seinem Sohn Julius. Somit geht Hotel- und Restaurantbetrieb in die vierte Generation der Familie über.
„Lore“ Süß aber hält bis heute immer noch ihren persönlichen Kontakt zu den Gästen, immer eine paar freundliche Worte wechselnd, wenn Sie am Abend ihr kleines Bier in der Vinothek „Rossino“ trinkt.
Und ab und zu schweift heute ihr Blick auch zurück in die Vergangenheit: „Ich hab' unendlich viel erlebt, wissen Sie. Meine Gedanken können wandern und meine Erinnerungen sind ein Schatz. Ich bin dankbar für dieses erfüllte Leben“. Dem hinzuzufügen gibt es nichts.