
Die Rede der Landessekretärin des Katholischen Frauenbundes (KFBD) am 18. Februar 1923 im Saalbau des Gasthauses Tröster muss die anwesenden Gerolzhöfer Frauen und Mädchen tief beeindruckt haben. Am Ende der laut Protokoll "ziemlich stark besuchten" Veranstaltung am Sonntagnachmittag haben sich 91 von diesen auf Mitgliederlisten verewigt. Der KFBD-Zweigverein Gerolzhofen war damit gegründet.
100 Jahre ist das jetzt her. Seitdem hat sich viel von dem verändert, das heißt verbessert, was Frauen es damals leicht gemacht hat, dem neuen kirchlichen Verband beizutreten. Denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Frauen nicht nur politisch kaum etwas mitzureden. Es gab neben dem religiösen Gepräge einen zweiten Umstand, der den KFBD für viele attraktiv gemacht hat.
Frauen durften dort ausnahmsweise etwas erleben, außerhalb von Haus und Familie. "Das häusliche Engagement der Frauen hat damals sehr viel mehr Zeit beansprucht als heute. Der Frauenbund bot eine willkommene Möglichkeit, etwas außerhäuslich zu unternehmen", erinnerte sich 1993 im hohen Alter von 96 Jahren Antonie Wolf an die Gründungsstunde. Sie war zu diesem Zeitpunkt das älteste lebende Gründungsmitglied des KFBD in Gerolzhofen.

Mitgliedsbeitrag kostete ein Ei pro Monat
Als Mitgliedsbeitrag wurde ein monatliche Betrag von 50 Mark festgelegt – so viel kostete damals ein Briefporto, verrät das Gründungsprotokoll. Allerdings galt dies nur für die diejenigen Frauen, "welche keinen Hühnerhof besitzen". Wer Hühner hatte, musste stattdessen ein Ei entrichten. So steht es im Protokoll. Ob dies tatsächlich so umgesetzt wurde, ist jedoch, wie viele Umstände aus der Gründungsgeschichte, nicht mehr nachvollziehbar, sagt Ingrid Feil, die mit Petra Auer heute Vorsitzende des KFBD ist.

Klar scheint aber zu sein, weshalb sich Frauen gerne dem KFBD anschlossen. Denn der Verband gab praktische Antworten auf Themen, die Frauen damals bewegt haben. Feil nennt das Wahlrecht und die Möglichkeit des Studiums für Frauen, der Schutz berufstätiger Frauen und die gesellschaftliche Anerkennung von deren caritativen Wirken. "Sie haben gehofft, dass sie auch etwas zurückbekommen. Sie haben sich Gemeinschaft erhofft, Gleichgesinnte, Freundinnen." So hat Feil vor zehn Jahren, zur Feier des 90-jährigen Bestehens des Gerolzhöfer KFBD die Beweggründe der Gründerinnen beschrieben.
"Bundesschwestern" helfen sich in der Not
Dies gilt grundsätzlich bis heute. Anfangs standen noch mehr praktische Hilfen für die Mitglieder des KFBD, die sich bezeichnenderweise als "Bundesschwestern" bezeichnen, im Mittelpunkt. Gegenseitig halfen sie sich in Notfällen, leisteten Fürsorge für arme Familien, starteten Weihnachtsaktionen oder sorgten dafür, dass Wöchnerinnen jeden Mittag ein warmes Essen erhielten.
Daneben gab es regelmäßig Vorträge zu allen möglichen Themen, die Frauen in ihrem Alltag bewegten. Während der Zeit des Nationalsozialismus musste der KFBD sich aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückziehen, in den innerkirchlichen Raum. Viele hielten ihm die Treue, manche heimlich.

In der Nachkriegszeit erlebte der KFBD einen Boom. Nach und nach erweiterten sich dessen Angebote und Aktivitäten. Ab 1953 gab es beispielsweise Ausflüge, Theaterfahrten, ab 1965 die beliebten, später öffentlichen Faschingsabende und viele weitere Aktivitäten. In den 80er und 90er Jahren erreichte der KFBD Gerolzhofen mit über 400 Mitgliedern seinen Höchststand – als zwischenzeitlich größter Zweigverein in der Diözese Würzburg.
Frauenbundfasching soll wieder kommen
Aktuell sind es laut Ingrid Feil circa 250 Mitglieder. Der Frauenbundfasching, der ab kommenden Jahr wieder wie vor der Corona-Pandemie an mehreren Abenden stattfinden soll, ist die größte regelmäßige Veranstaltung. Daneben gibt es Frauengottesdienste, Frauenfrühstücke, Sommerfeste, Vorträge, den Friedensrosenkranz und den Kreuzweg. Monika Sahlender leitet die "Offene Frauenrunde" und gehört mit Kassiererin Sabine Wolf und den beiden Vorsitzenden dem aktuellen Vorstand an.

"Gemeinschaft, Freundschaft, die Möglichkeit, seinen Horizont zu erweitern", zählt Ingrid Feil zu den wichtigsten Gründen, weshalb Frauen heute – wie vor 100 Jahren – dem KFBD angehören. Wobei die heutigen Verantwortlichen eine Sorge beschäftigt, die die Gründungsvorsitzenden nicht hatten: Es fehlt an Nachwuchs, vor allem an jüngeren Frauen.