
Schweinfurt hat als Kugellagerstadt lange Industriegeschichte. Bevor die Stadt Maschinenbau-Zentrum und Wälzlager-Metropole wurde, stellte die Farbenindustrie die Weichen für die Industrialisierung. 1770 entstand unweit der Wehranlagen die erste Bleiweiß-Mühle, bald siedelten sich weitere Farbmühlen in der Region an. Schweinfurt und die Farbenindustrie – eine Erfolgsgeschichte, wenn auch mit dunklen Flecken.
1814 gelang Unternehmer Wilhelm Sattler ein damals als Durchbruch gefeierter Erfolg. Sein "Schweinfurter Grün" wurde als "farbechte und leuchtende Wandfarbe" in die ganze Welt verkauft. Leider war sie giftig, weil ein Pilz aus der Farbe Arsen freisetzt. 1882 wurde das markante Grün als Wandfarbe verboten, als Insektenschutzmittel "Urania" aber weiter vertrieben.
Die große Zeit der lokalen Farbenindustrie ist vorbei. "Deifel" hält die Tradition hoch – und dies seit 100 Jahren. Am 25. November 1921 ließ Georg Deifel seine "Buntfarbenfabrik" ins Handelsregister eintragen. Deifel, gelernter Drogist, arbeitete seit 1913 in der hiesigen Farbenfabrik Theodor Wirsing. Jahre später, zunächst mit Partner, machte er sich selbstständig. Bis 1924 wurden die Farben im Keller seiner Wohnung in der Luitpoldstraße gemixt, dann folgte der Umzug in eine ehemalige Mühle in Gochsheim. Büro und Verwaltung blieben in der Stadt.
Trotz Wirtschaftskrise zeigte das Trendbarometer für die junge Farbenfabrik unterm Strich nach oben. Als Ende der 1930er-Jahre die Zuckerfabrik "Adolf Wüstenfeld & Co" in der Mainberger Straße in Schweinfurt nach Konkurs versteigert wurde, schlug Deifel zu. Bis dort alle Geschäftsbereiche zusammengeführt wurden, zogen noch zehn Jahre ins Land, denn bei einem Bombenangriff wurde die Zuckerfabrik schwer beschädigt.

1949 kehrte Deifels Farbenproduktion nach 25 Jahren von Gochsheim nach Schweinfurt zurück. Heute sind in dem denkmalgeschützten Gebäude vor allem Lager und Farbmischerei untergebracht. Am 25. November 1991, pünktlich zum 70. Firmengeburtstag, wurde der Neubau bezogen. Zuckerfabrik und Neubau prägen bis heute das Bild der Firma.
Pigmente für Industrielacke und Kunststoffindustrie
1950 starb der Firmenpatriarch, Sohn Heinz übernahm die Leitung. Während Deifel in den ersten 30 Jahren vor allem Trockenfarben für den handwerklichen Malerbedarf herstellte, wurde das Sortiment in den 1950er-Jahren um Pigmente für Industrielacke und Kunststoffindustrie erweitert. 1956 entstanden erste Farbrezepturen für die Einfärbung von thermoplastischen Kunststoffen.

Farbkonzentrate für Kunststoff-und Bauindustrie sind heute zentrale Geschäftsfelder der Buntfarbenfabrik, die in vierter Generation als Familienbetrieb geführt wird. Als Heinz Deifel 1986 starb, übernahm seine Witwe Gerda gemeinsam mit Schwiegersohn Jörg Schäfer die Firmenleitung. Ihre Enkel Michael und Bernd Schäfer stehen heute als geschäftsführende Gesellschafter an der Spitze der Firma, die sich auf hochkonzentrierte Farbgranulate, sogenannte "Masterbatches" spezialisiert hat. Etwa 25 Prozent gehen in den Export, vor allem nach Europa, aber auch weltweit.
So steckt, um Beispiele zu nennen, im leuchtenden Rot von Straßenmarkierungen in Dubai oder im kräftigen Blau einer der weltweit größten Tempelanlagen im thailändischen Bangkok "der Deifel" drin. 5300 Kilogramm des eigens entwickelten blauen Pigments"15946 CX" wurden ab 2004 nach Bangkok geliefert und zur Beschichtung eines riesigen Wasserbeckens verarbeitet, das den Tempel umgibt.
Vom Messergriff bis zum Pfannenwender, von der Kunstharzbeschichtung auf dem Fußboden bis zum bekannten Bobbycar, ist es die Schweinfurter Firma, die Farbkonzentrate liefert, die Kunststoff bunt machen.
Auch die Nische der Künstlerfarben wird weiterhin bedient. Farbpulver, das unter anderem auch für Farbmischungen, die für Restaurierungsarbeiten – zum Beispiel in Kirchen – gebraucht wird. In diesem Bereich hat das "Schweinfurter Grün" eine Neuauflage erlebt – in ökologisch einwandfreier Zusammensetzung.
45 Menschen arbeiten auf dem Deifel-Gelände
45 Menschen arbeiten auf dem Deifel-Gelände an der Alten Bahnhofstraße in Entwicklung, Produktion und Verwaltung. Fachlageristen, Industriekaufleute, Maschinenführer und Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuk werden im Haus ausgebildet. "Wir entwickeln täglich neue Farben", so Geschäftsführer Bernd Schäfer. "Da schickt uns ein Stifte-Hersteller ein Produkt und will genau diesen Orangeton", schildert er ein Beispiel. Nicht nur die Farbe sei wichtig, auch was das Produkt können muss. Zum Beispiel Hitze aushalten im Küchenbereich, oder es muss lebensmitteltauglich sein, wenn daraus eine Salatschüssel wird. Auch die Witterungsbeständigkeit spielt eine Rolle.
Rund 1000 Tonnen Farbkonzentrat verlassen im Jahr die Schweinfurter Fabrik. Sie reichen für rund 50 000 Tonnen eingefärbtes Kunststoffgranulat.
Das Jubiläumsfest wurde wegen Corona auf 2022 verschoben. Ein Buchprojekt der beiden Geschäftsführer taucht auf 110 Seiten tief in die Firmenhistorie ein.
Ein Geschenk hat sich "der Deifel" selbst zum Geburtstag gemacht. Alle Emissionen der Geschäftsprozesse und Technologien wurden optimiert. Deifel darf sich seit 2021 als klimaneutrales Unternehmen bezeichnen.