"Meine Herren – und Damen" - mit dieser Anrede des Plenums sorgte Marie Juchacz noch für Heiterkeit, am 19. Februar 1919. Die Sozialdemokratin war die erste Abgeordnete, die in der Weimarer Nationalversammlung eine Rede hielt, eine von 37 Frauen, die im Zuge des revolutionären Frauenwahlrechts ins Parlament gewählt worden waren. Auf dem Sommerfest des AWO-Seniorenheims wurde der Sozialreformerin vor allem als Gründerin des "Hauptausschusses für Arbeiterwohlfahrt in der SPD" gedacht.
Die Schaffung der heutigen AWO am 13. Dezember 1919 sollte noch das Elend nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg lindern. Die gelernte Schneiderin, alleinerziehende Mutter und couragierte Politikerin setzte sich für Wohnungs- und Arbeitslose, Kriegsversehrte, Alkoholkranke, Senioren oder Waisenkinder ein.
100 Jahre später scheint manches selbstverständlich, was in Jahrzehnten mühsam aufgebaut worden ist. In Niederwerrn zeigt die (von den Nazis aufgelöste) AWO seit Ende des Zweiten Weltkriegs Flagge, unter dem Titel "Der Mensch braucht den Menschen", mit einem Stützpunkt, der von Richard Eller geleitet wurde. Schon damals gab es Weihnachtsbeihilfen für Arme. 1965 wurde unter Regie des Kreisvorsitzenden Hans Sauer und der Bezirksvorsitzenden Gretel Baumbach dann der Ortsverein gegründet, der heute 90 Mitglieder hat. Unterstützt wurden Altenheime, Kindergärten, Erholungsangebote, behinderte Menschen oder die Mali-Hilfe.
Ende der 80er Jahre beteiligte sich der Verein an der "Butteraktion". In Zeiten von EG-Butterbergen und -Milchseen wurde ein Teil der Lebensmittel-Überproduktion an Bedürftige verteilt. Seit 2007 gibt es, auf einem ehemaligen Bolzplatz das AWO-Seniorenzentrum mit 73 Pflegeplätzen, außerdem 18 betreute Wohnungen in der benachbarten Schulstraße. AWO-Einrichtungen zeichneten eine "Premiumgemeinde" aus, lobte Peter Seifert als Vizelandrat und Altbürgermeister. Bürgermeisterin Bettina Bärmann durfte vor zwei Jahren noch eine AWO-Seniorentagespflege in der Schweinfurter Straße begrüßen, mit zwölf Plätzen.
Die Kommunalpolitiker und die Kreisvorsitzende Gaby Sander feierten zusammen mit der Ortsvorsitzenden Renate Keller, ihrer Stellvertreterin Christa Zink und Carolin Seynsthal als Leiterin des Seniorenzentrums nun "160 Jahre": 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt sowie 60 Jahre Bezirksverband Unterfranken. Thomas Reder übernahm den musikalischen Part, die "Kleeblatt-Clowns" besuchten die Senioren an den Tischen, es gab Kinderschminken, Kaffee, Kuchen und einen Eiswagen.