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Mellrichstadt
Zwölf Euro Mindestlohn: Was Unternehmer in Rhön-Grabfeld von der Lohnerhöhung halten
Beschäftigte müssen von ihrem Gehalt leben können. Deshalb soll der Mindestlohn steigen. Was Arbeitnehmer in Rhön-Grabfeld freuen dürfte, betrachten manche Branchen mit Skepsis.
Der gesetzliche Mindestlohn soll im Oktober auf zwölf Euro steigen. Derzeit beträgt er 9,82 Euro. Handel und Dienstleistungssektor müssen ihren Beschäftigten dann mehr zahlen.
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa | Der gesetzliche Mindestlohn soll im Oktober auf zwölf Euro steigen. Derzeit beträgt er 9,82 Euro. Handel und Dienstleistungssektor müssen ihren Beschäftigten dann mehr zahlen.
Franziska Sauer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:02 Uhr

Die neue Bundesregierung aus SPD, FDP und Grünen hat vereinbart, dass ab 1. Oktober der Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde steigen soll. Aktuell liegt der Mindestlohn noch bei 9,82 Euro (er war zum 1. Januar um 22 Cent pro Stunde gestiegen) und würde, orientiert an den generellen Lohnsteigerungen, Mitte dieses Jahres schon auf 10,45 Euro ansteigen. Durch die zusätzliche Erhöhung auf zwölf Euro ergibt sich eine Lohnsteigerung von 22 Prozent.

Auch bei Tariflöhnen, die knapp über der Marke liegen, entsteht durch den höheren Mindestlohn ein Druck hin zu Erhöhungen. Im Übrigen gilt: Der Mindestlohn dürfte auch zu Preiserhöhungen führen. Vereinfacht gesagt: Wenn derjenige, der am Grill steht, einen höheren Stundenlohn bekommt, wird auch die Bratwurst teurer.

Wie sehen Branchen in Rhön-Grabfeld, in denen typische Geringverdiener arbeiten, diesen Schritt? Wir haben in Gastronomie, im Einzelhandel, bei einem Taxiunternehmen und bei einem Frisör nachgefragt, wie die aktuelle Stimmung bei ihnen ist.

Bei Sonja Karlein vom Hotel Sonnentau in Fladungen ist die Skepsis groß.

Sonja Karlein teilt sich die Geschäftsleitung für das Hotel Sonnentau in Fladungen mit ihrem Bruder.
Foto: Hotel Sonnentau/Sonja Karlein | Sonja Karlein teilt sich die Geschäftsleitung für das Hotel Sonnentau in Fladungen mit ihrem Bruder.

Gerade in Zeiten von Corona sehe ich die Erhöhung des Mindestlohns eher skeptisch, da viele Branchen schon wirtschaftliche Einbußen hinnehmen müssen. Bei uns ist der Mindestlohn der Einstiegslohn. Für ungelernte Kräfte, die neu anfangen, irgendwie keine großen Fertigkeiten mitbringen, wo man auch erst ein bisschen Input geben muss, ist das nicht gerechtfertigt. Die Relation zu den anderen Löhnen ist einfach nicht gerecht. Wie soll man denn da noch seine Führungskraft bezahlen? Es müsste gestaffelt sein, sagen wir mal nach Berufserfahrung. Sonst steigert sich das immer weiter hoch. Es hat auch keiner Interesse daran, für ein Schnitzel 25 Euro zu bezahlen. Wir können das aber nur durch Kompensationen aufrechterhalten. Die Gäste müssen sich dann darauf einstellen, dass alles teurer wird. Was schade ist, weil manch einer sich das dann nicht mehr leisten kann. Oder wir müssen uns anders behelfen, Angebotseinschränkungen machen, wie im letzten Sommer, als wir eine Woche lang von à la carte auf Buffet umstellen mussten. Um aus dieser Spirale auszubrechen, braucht es Fachkräfte, aber die bekommt man leider nicht.

Friseurmeisterin Petra Hochheim aus Ostheim steht voll und ganz dahinter

Friseurmeisterin Petra Hochheim betreibt den Haarsalon 'Haarmonie' in Ostheim.
Foto: Franziska Sauer | Friseurmeisterin Petra Hochheim betreibt den Haarsalon "Haarmonie" in Ostheim.

Ich stehe voll und ganz dahinter – auch wenn ich selbst keine Angestellten habe. Es ist so wichtig, dass der Mindestlohn steigt, weil Friseurinnen und Friseure sowieso schon sehr wenig verdienen. Das spornt die Mitarbeiter doch an, ihre Leistung zu verbessern. Dafür spricht meiner Meinung auch, dass in vielen Branchen der Nachwuchs fehlt, gerade im Friseurgewerbe ist es schon kritisch. Steigen die Löhne, werden die Berufe wieder interessanter. Der Friseurbesuch wird davon alleine nicht teurer, sondern auch durch die höheren Ausgaben wie Miete, Strom und Wasser – da kommt man aktuell um das Anziehen der Preise einfach nicht mehr herum. Auch ich nicht, wenn auch bis jetzt nur wenig. Aber wer erhöht im Moment nicht die Preise? Ich schätze, dass im Sommer auch noch einmal angezogen wird.

Anja Böhland vom E-Center in Mellrichstadt findet es gut.

Anja Böhland und ihr Mann Mario Böhland betreiben den E-Center in Mellrichstadt.
Foto: Peter Hüllmantel | Anja Böhland und ihr Mann Mario Böhland betreiben den E-Center in Mellrichstadt.

Von der Mindestlohnerhöhung sind wir nicht betroffen, da wir unseren Angestellten schon lange ein Gehalt zahle, dass auch über dem künftigen Mindestlohn liegt. Aber ich finde es gut, dass es endlich so weit ist. Wir zahlen schon jahrelang faire Löhne. Wer seine Arbeit gut macht, soll auch vernünftig bezahlt werden, damit er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Das ist uns wichtig. Der Fachkräftemangel ist da und wenn man seine Angestellten nicht fair bezahlt, sind die auch schnell wieder weg. Wir denken da vielleicht ein bisschen anders als die großen Einzelhandelsketten, die nur den Mindestlohn zahlen. Aber auf längere Sicht wollen wir unsere Mitarbeiter halten und dafür sind wir auch bereit, mehr zu bezahlen.

Andreas Schagerl, Taxiunternehmer aus Bad Neustadt, ist zwiegespalten.

Das Taxiunternehmen Breier mit Sitz in Bad Neustadt wird von Andreas Schagerl geführt.
Foto: Andreas Schagerl | Das Taxiunternehmen Breier mit Sitz in Bad Neustadt wird von Andreas Schagerl geführt.

Also grundsätzlich bin ich dafür, dass der Mindestlohn erhöht wird, weil sich die Leute dadurch mehr leisten können. Andererseits als Unternehmer mit einem Taxiunternehmen, bei dem wir tarfigebunden sind, habe ich damit ein Problem, weil unser Tarif zurzeit den Mindestlohn nicht hergibt. Wir sind hier auf dem Land sehr stark von den Krankenkassen abhängig, weil wir viele Krankenfahrten durchführen. Und die Krankenkassen wollen nicht nach Tarif bezahlen. Also bringt eine Tariferhöhung unterm Strich nicht viel, weil die Krankenkassen nicht bereit sind, diesen Preis zu bezahlen. Es ist ein Teufelskreis und wir haben momentan nicht viele Möglichkeiten, da heraus zu kommen. Aber ich bin trotzdem zuversichtlich, dass wir das in den Griff bekommen.

 
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