Martin Luthers Thesenanschlag zu Wittenberg im Jahr 1517 läutete die Reformation ein, welche die Spaltung der Kirche zur Folge hatte. Danach musste viel Zeit vergehen, bis Christen beider Konfessionen sich wieder langsam aufeinander zu bewegten. Heute ist dieser Prozess weitgehend abgeschlossen, wie zahlreiche ökumenische Veranstaltungen belegen. Das jüngste gemeinsame Projekt, eine Karikaturen-Ausstellung, möchte den Betrachter auf unkonventionelle Weise dazu anregen, genauer hinzuschauen und auch mal über sich selbst zu lachen.
Ostheim war aufgrund seiner Zugehörigkeit zu Thüringen zunächst ausschließlich protestantisch geprägt; erst mit dem Zuzug vieler Heimatvertriebener nach dem Zweiten Weltkrieg entstand die katholische Kuratie Maria Königin. Mittlerweile wird Ökumene im Rhönstädtchen groß geschrieben, Pfarrer Andreas Biesold und Kurat Andreas Hutzler arbeiten Hand in Hand. Ganz bewusst hat Ilka Seichter, Leiterin des Diözesanbüros Bad Neustadt, die Karikaturen-Ausstellung „Ach du lieber Gott“ daher auf beide Gotteshäuser verteilt. Wie sie lächelnd verrät, stammt die Idee hierzu übrigens vom evangelischen Dekan Matthias Büttner.
Akte Luther nicht geschlossen
Zur Ausstellungseröffnung wurden die Bilder der Öffentlichkeit vorgestellt. Los ging es in Sankt Michael. Nach dem Verklingen des letzten Tons von Johann Sebastian Bachs anspruchsvoller „Toccata und Fuge in D-Moll“ lag zunächst eine gewisse Schwere und Anspannung im Raum. Diese hielt jedoch nur so lange, bis Andreas Biesold das Wort ergriff. Berührend berichtete der Pfarrer von den Veränderungen innerhalb der Institution Kirche; zudem meinte er, dass die „Akte Luther“ bis heute nicht geschlossen werden konnte.
Die Frage, was Ökumene und Reformation eigentlich gebracht hätten, beantwortete der Geistliche mit einem Bild, welches auch das Leitmotiv der Ausstellung ist. Darauf sind jeweils ein Vertreter der katholischen und evangelischen Glaubensrichtung zu erkennen. Verzweifelt versuchen die Herren, eine Tür zu öffnen, die gar nicht verschlossen ist. Fazit: Christen sitzen im gleichen Boot, praktizierende Gläubige haben dies längst erkannt. Lediglich die Theologen stritten sich noch um Äußerlichkeiten wie Abläufe, kritisierte Biesold. Mit der Feststellung, dass Schmunzeln ein Weg zur Liebe Gottes sei, endete er seine Ausführungen.
19 Karikaturen sind in der evangelischen Kirche Sankt Michael zu sehen, 15 weitere können in der katholischen Kirche Maria Königin bestaunt werden. Dort erwartete die Besucher nach einem kurzen Spaziergang eine flammende Ansprache Andreas Hutzlers. Dieser freute sich über die Tatsache, dass man heute tatsächlich zum Lachen in die Kirche gehen kann – ein Umstand, der noch vor Jahrzehnten völlig undenkbar schien. Und das, obwohl Lachen ja erwiesenermaßen gesund ist. Die Frage, warum es im Gottesdienst dennoch meist ernst zugeht, beantwortete er mit dem Spruch des Schriftstellers Umberto Eco: „Lachen tötet die Furcht, und ohne Furcht kann es keinen Glauben geben.“ Dies mochte der Kurat so nicht unterschreiben; seiner Meinung nach müsse man unterscheiden, ob jemand freudig oder spöttische lache, mahnte Hutzler.
Der beste Ort für die Ausstellung
Nach einem gemeinsamen Gebet ergriff Ilka Seichter das Wort. Sie hatte im Vorfeld dafür gesorgt, dass alle Karikaturen heil und ganz in Ostheim ankamen. In der Reihe „Kirche trifft sich“ seien diese Bilder, welche anlässlich des ökumenischen Kirchentags in München entstanden sind, hier bestens präsentiert, befand die Organisatorin.
Noch bis Ende August können die satirischen und kritischen Werke von Werner Tiki Küstenmacher, Johann Mayr, Thomas Plassmann und anderer Künstler täglich zwischen 9 und 18 Uhr in beiden Ostheimer Kirchen bestaunt werden. Denn: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Warum nicht zur Abwechslung mal in einem Gotteshaus?