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Wülfershausen: Verzögert seltene Eidechse neue Kindergartenplätze?
Bürgermeister Wolfgang Seifert, Biologin Josline Griese, Vorsitzender des St. Vitus-Vereins, Christoph Laubender, Kita-Leiterin Yvonne Rockenzahn, Architekt Alexander Albert mit Sohn und Christian Wirsing vom Bauamt der VG-Saal nahmen an einem Ortstermin in Wülfershausen teil.
Foto: Regina Vossenkaul | Bürgermeister Wolfgang Seifert, Biologin Josline Griese, Vorsitzender des St. Vitus-Vereins, Christoph Laubender, Kita-Leiterin Yvonne Rockenzahn, Architekt Alexander Albert mit Sohn und Christian Wirsing vom Bauamt ...
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 17.02.2024 14:44 Uhr

Zwickmühle für die Gemeinde Wülfershausen: Die Zauneidechse hat ein Recht auf Leben und die Kinder ein Recht auf einen Kindergartenplatz. Bürgermeister Wolfgang Seifert und Kindergartenleiterin Yvonne Rockenzahn sowie Christoph Laubender, Vorsitzender des St. Vitus-Trägervereins, haben jetzt schon einen Aufnahmestopp verfügt und müssen Eltern abweisen. "Bis 31. August 2022 sind wir voll belegt", sagt Rockenzahn.

Der Gemeinderat hat der Erweiterung des Kindergartens durch einen Anbau von 36 Krippenplätzen zugestimmt, der Bauantrag liegt noch beim Landratsamt. Grund: Die Untere Naturschutzbehörde vermutet in dem Hügel, der für den Anbau teilweise abgetragen werden müsste, ein Vorkommen der Zauneidechse und die ist streng geschützt. Das bedeutet, sie darf nicht getötet und ihr Lebensraum nicht zerstört werden. Die Zauneidechse erfährt auch deshalb besondere Beachtung, weil sie von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum "Reptil des Jahres 2020 und 2021" ernannt wurde. Am Donnerstag gab es einen Ortstermin mit Architekt Alexander Albert und der Biologin Josline Griese, die im Auftrag der Gemeinde eine Potentialabschätzung für die Habitat-Qualität vornahm.

Beobachtungen fortsetzen

Laut Griese ist auf dem Hügel ein ideales Gelände für das tagaktive, kleine Reptil. Es liebt ein abwechslungsreiches Terrain, mit Sandstellen und niedriger Vegetation, in der es sich verkriechen kann und Steinen, auf denen es sich sonnen kann. Verbuschung und dichten Baumbestand meiden die Tiere. Ja nach Witterung werden die Männchen im März/April aktiv, die Weibchen etwas später. Ungefähr bis Ende September haben sich alle Zauneidechsen in ihre Quartiere zurückgezogen, auch die Jungtiere, die aus den im Mai gelegten Eiern geschlüpft sind. Die Tiere ernähren sich von Insekten, Spinnen, Heuschrecken und Raupen und werden ihrerseits gern von Vögeln gefressen.

Jedes Detail ist wichtig: Biologin Josline Griese fotografiert einen Steinhaufen, er bietet der Zauneidechse ideale Möglichkeiten sich zu verstecken oder zu sonnen.
Foto: Regina Vossenkaul | Jedes Detail ist wichtig: Biologin Josline Griese fotografiert einen Steinhaufen, er bietet der Zauneidechse ideale Möglichkeiten sich zu verstecken oder zu sonnen.

Rund 40 Meter des Umfeldes werden mitbetrachtet, teilte die Biologin mit, die im Winter natürlich kein Vorkommen der Zauneidechse bestätigen konnte. Das Umfeld, auf dem sich der Hügel mit ähnlichem Bewuchs fortsetzt, ist in Privathand und würde sich zur Umsiedlung der kleinen Reptilien eignen. Noch drei- bis viermal wird die Biologin im Frühling und Sommer ihre Beobachtungen fortsetzen. Findet sie keine besonders schützenswerten Tiere, steht der Baugenehmigung seitens des Landratsamtes nichts mehr im Wege. Findet sie Exemplare, muss das Schlüpfen der Jungtiere abgewartet werden, dann kann man die Tiere vergrämen, das bedeutet, man macht es durch Abmähen des Grasbestandes und Beseitigen der Versteckmöglichkeiten den Tieren so ungemütlich, dass sie nach nebenan umziehen. Die letzten Jungtiere werden dann mit Hilfe eines Krötenzaunes abgefangen. "Der Bau wird nicht verhindert, aber verzögert", sagte die Biologin.

Verzögerung um ein halbes Jahr

Architekt Albert rechnet mit einer Verzögerung des Anbaus von mindestens einem halben Jahr, die Ausschreibungen könnten dann erst nach dem Mai beginnen. Mit einer Bauzeit von einem Jahr wird gerechnet, das Jugendamt hat den Bedarf von 36 Krippenplätzen und 70 Kindergartenplätzen anerkannt. Momentan sind die Krippenkinder in den Regelkindergarten mit 80 Plätzen integriert. "Die Gemeinde wächst und wir können die Kinder nicht alle unterbringen", sagt der Bürgermeister. In Zukunft werden noch mehr junge Familien Betreuungsansprüche haben, auch im Hort, denn die Bauplätze in Eichenhausen sind alle verkauft und in Wülfershausen sind im Baugebiet "Am Kindergarten" von 20 Plätzen noch sechs frei, die anderen sind verkauft oder reserviert.

In der letzten Gemeinderatssitzung hatte der Bürgermeister mitgeteilt, dass die Regierung von Unterfranken dem Antrag auf vorzeitigen Maßnahmebeginn für den Anbau stattgegeben hat. Die Regierung von Unterfranken erkennt somit die Dringlichkeit der Maßnahme an. Die Planer rechnen mit 85 Prozent Förderung, die Grobschätzung ergab eine Gesamtinvestition von rund zwei Millionen Euro.

Der Krippenanbau muss also hinausgeschoben werden, falls Zauneidechsen gefunden werden. Erst einmal schreibt die Biologin eine Stellungnahme mit Handlungsempfehlungen, die an die Gemeinde und das Landratsamt weitergeleitet werden. Falls Eltern auf die Idee kommen, ihre Kinder im Kindergarten Saal betreuen zu lassen, haben sie leider Pech, auch dort gilt ein Aufnahmestopp.

 
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