Liebe Leserinnen und Leser,
Deutschland gilt in der Welt als ein Land, dessen Wirtschaftskraft und Wohlstand ganz maßgeblich mit der Automobilindustrie verbunden ist. Der Volkswagenkonzern beschäftigt in Deutschland rund 294.000 Angestellte. Bei der Daimler-Benz AG arbeiten in Deutschland ca. 145.000 Beschäftigte und bei BMW 119.000.
Deutschland ist aber auch ein Standort der Chemie- und Pharmaindustrie. Bei BASF Ludwigshafen arbeiten 39.000, bei Fresenius ohne die Helios-Kliniken 122.000, bei der Bayer AG 23.000. Mit Abstand arbeiten im Bereich Maschinenbau in Deutschland die meisten Menschen, nämlich 1.007.000 Beschäftigte. Auf dem 2. Platz, noch vor der Automobilindustrie (786.000), die Elektroindustrie mit 870.000 Beschäftigten. Spitzenreiter – nach unserem Staat selbst – ist allerdings ein "Konzern", den wir zwar alle irgendwie kennen, aber bei diesem Ranking wohl überhaupt nicht auf dem Schirm haben: mit rund. 1,26 Millionen Mitarbeitern nehmen diesen Platz die beiden großen Kirchen ein, mit der Diakonie (ca. 600.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) und Caritas (ca. 660.000).
Dieser Arbeitgeber kommt momentan in schwere See. Die tragende Basis schrumpft durch Demografie und durch Austritt, der freilich auch zum Teil in kirchlichem Fehlverhalten und Schuld, aber auch der allgemeinen Entsolidarisierung geschuldet ist. Deshalb schwindet die Präsenz der Kirchen zunehmend auch im Bereich des Arbeitgebers. Die meisten Beschäftigten arbeiten bei uns im Bereich der Wohlfahrtspflege, also in den Pflegeberufen von Jung bis Alt. Diese Aufgabe liegt ja beim Staat, der aber diese an freie Träger nach dem Subsidiaritätsprinzip delegiert und unter anderem dann auch die Lohnkosten trägt.
Ich habe zunehmend das Gefühl, dass der Schrumpfungsprozess in seinen katastrophalen gesellschaftlichen Auswirkungen bei vielen überhaupt nicht auf dem Schirm ist, weil sie gar nicht wissen, wo ihnen Kirche als tragende Säule unserer Gesellschaft begegnet. Sie haben immer nur Kirchensteuer, Geistliche und Gottesdienst im Kopf, wenn sie an Kirche denken. Das ist aber – wie sage ich es am freundlichsten – ein stückweit naiv. Helfen Sie mit, dass darüber nachgedacht wird. Zum Wohle unseres Landes.
Foto: Carl Werner
Der Autor: Andreas Werner,
ist Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Mellrichstadt