Liebe Leserin, lieber Leser!
Haben Sie in diesen Tagen auch Einmalhandschuhe in der Jackentasche? Nein, nicht wegen Corona. Sondern weil Herbst ist – und die Walnüsse purzeln. Denn was auf öffentlichen Grund oder auf den Weg fällt, darf ja auch gesammelt werden. Ich selbst tu es gern und mit Spaß, lerne das Bücken langsam auch als gesunde Gymnastik zu begreifen.
Doch auch in anderer Hinsicht macht es einen beispielhaft guten Sinn: Walnüsse sind bei uns in der Regel nur geschwefelt zu bekommen. Und manche Leute um mich herum sagen, im Geschäft seien sie teuer. Da macht doch selber sammeln Sinn. Oder?
Anderen ist die Arbeit zu viel: das mühsame Entfernen der schwarzen Haut um die Schale herum, das luftige Trocknen und häufige Wenden … Da ist es doch billiger, ins Geschäft zu gehen. Oder? Eine "Kern-Botschaft" der großen Weltreligionen ist, dass die ganze Eine Welt gute Schöpfung Gottes ist. Und dass wir Menschen als seine Geschöpfe in die Verantwortung gestellt sind und Verantwortung tragen – in der Einen Welt wie für die Eine Welt. Weltweit.
Deshalb lässt mich die Ernte von Walnüssen wegen ihres "Kerns" fragen: Was ist echt teuer? Oder wird uns – als Menschheit und weltweit – vielleicht noch teuer zu stehen kommen? Und andererseits: was ist echt billig – oder besser noch: Recht und billig?
Die Walnüsse, die bei uns gekauft werden, sind echt teuer. Teuer im doppelten Sinn, weil die einen es sowieso im Geldbeutel spüren – wir alle aber auch auf Zukunft gesehen Folgen zu spüren bekommen werden: Walnüsse kommen in der Regel aus Kalifornien. Dort entziehen die riesigen Plantagen ganzen Regionen das Lebenselixier Wasser, das heute schon rundum zu Wassermangel geführt hat. Da können wir in Unterfranken wohl mitfühlen.
"Recht und billig" ist und wäre es – und das erlebe ich auch rundum – wenn und dass wir die heimischen Früchte wertschätzen, uns gern nach ihnen bücken, und auch in der Nachbarschaft wie an einem der hier wie dort immer häufiger am Straßenrand zu findenden Verkaufslädle miteinander teilen. Recht und billig.
Das ist – und so übersetzt "Brot für die Welt" das biblische Wort "Gerechtigkeit": "fair geregeltes gemeinschaftliches Verhalten". Ach ja, mag jetzt der eine oder die andere denken: da wird’s wohl noch viele "Nüsse" zu knacken geben. Ob mit oder ohne Handschuhe – und eben nicht nur im Blick auf Walnüsse, sondern auch auf Corona, eine auch nur weltweit wie fair geregelt gemeinschaftlich zu knackende "Nuss".
Christel Kupfer
Pfarrerin der Kirchengemeinden Fladungen, Sondheim/Rhön und Stetten