
Tempo 30 in Ortschaften ist ein Reizthema, bei dem der Polizei eher die Rolle des Bremsers zufällt, wenn es gilt, die progressiven Vorstellungen eines Stadt- oder Gemeinderates mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang zu bringen. Das war in der Stadtratssitzung am Donnerstag nicht anders, als es um die Anordnung von Geschwindigkeitsabsenkungen in der Innenstadt von Bad Königshofen und im Stadtteil Ipthausen ging.
Wo sind Tempo-30-Zonen überhaupt möglich?
Es war an Polizeihauptkommissar Gerd Jahrsdörfer, mit viel Geduld und Freundlichkeit immer wieder darauf aufmerksam zu machen, um was es dem Gesetzgeber geht. Nämlich nur dort einzugreifen und Tempo-30-Schilder zuzulassen, wo es dringend geboten ist. Das ist in der Regel an Schulen, Krankenhäusern und Altenheimen der Fall und oft auch an Stellen, die schwer einsehbar sind.
Auf die Innenstadt bezogen heißt das, dass Jahrsdörfer kein Problem darin sieht, an der Engstelle am Rathaus Tempo-30-Schilder aufzustellen, aber keinesfalls in der mit zwei breiten Gehsteigen und verkehrsberuhigenden Buchten ausgestatteten Martin-Reinhard-Straße.
Von Seiten der Stadträte wurden zwar mehrfach Beispiele aus anderen Orten genannt, wo man es mit den Vorschriften offensichtlich auch nicht so genau genommen hätte, einen Freibrief für Bad Königshofen konnte Jahrsdörfer deshalb aber nicht erkennen.
Auch Lärmschutz rechtfertigt kein Tempo-30-Schild
Auch andere Gesichtspunkte, wie etwa Lärmschutz, würden bei der Anordnung von Tempo 30 keine Rolle spielen, erklärte der Sachbearbeiter Verkehr für den Landkreis.
Roland Köth hatte zuvor zu bedenken gegeben, dass die Verbesserung der Wohn- und Aufenthaltsqualität am Marktplatz mit dem Ziel Leerstand zu bekämpfen auch ein Aspekt der Verkehrsberuhigung sein sollte.
Auch wenn Vorstöße für Tempo 30 aus den Reihen des Stadtrates ins Leere liefen, einige wenige Stellen rund um den Markplatz erscheinen aber zumindest diskussionswürdig. Dabei geht es neben der Engstelle am Rathaus, wo ja auch noch ein provisorischer Gehweg entstehen soll, noch um den Bereich bei Uhren Weber, die Schlundstraße und den Bereich an der Metzgerei Kneuer. Bevor hier aber Entscheidungen fallen, soll noch eine Ortsbesichtigung mit Gerd Jahrsdörfer stattfinden.
Freiwillig Tempo 30 in Ipthausen
Eine Lösung gab es für Ipthausen. Dort hatten zunächst Ortssprecherin Ruth Scheublein und Günter Kempf ihren Antrag vom 25. März wiederholt, die Geschwindigkeit in der Ortsdurchfahrt auf Tempo 30 zu drosseln.
Eine Verkehrszählung 2018 vor Beginn der Dorfsanierung hatte aber ergeben, dass von den damals durchschnittlich 280 Fahrzeugen täglich nur 4,41 Prozent die Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometer überschritten hatten. Die mittlere Geschwindigkeit betrug zwischen 25 und 38 Kilometern, was zur Folge hatte, dass die Voraussetzungen für eine Tempo-30-Zone nicht vorlagen.
Hier einigte man sich schließlich darauf, an den Ortseingängen hinter den Ortstafeln Schilder mit der formulierten Bitte „Freiwillig 30“ aufzustellen. Zusätzlich sollen an der engsten Stelle der Ortsdurchfahrt, die von vielen Pendlern als Abkürzung zur B 279 genommen wird, Tempo-30-Schilder aufgestellt werden.
Vielleicht wird ja Tempo 30 innerorts in Zukunft einmal obligatorisch werden, wie jetzt die 50-Stundenkilometer-Regelung. Wie Jahrsdörfer erklärte, gibt es einen bundesweiten Zusammenschluss von Städten und Gemeinden die die Straßenverkehrsordnung dahingehend ändern wollen. Derzeit sind es laut Recherche im Internet rund 100 Kommunen. In Österreich gibt es seit gut vier Jahren schon Tempo 30 in Ortschaften mit Ausnahme der Hauptstraße auf der weiter 50 gefahren werden darf.