Die meisten Geschichten beginnen mit "Es war einmal". Ganz anders bei Josef Kardinal. Als ihm 1984 seine erste Schneekugel geschenkt wurde, hielt er für einen schlechten Scherz und stellte sie eher achtlos auf dem Klavier ab. Heute zählt seine Schneekugel-Sammlung mit fast 11.000 Stück zu der umfangreichsten Sammlung weltweit. Das brachte ihm auch einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde. Viele Anfragen der Kulturagentur im Landkreis Rhön-Grabfeld waren nötig, um nach Jahren endlich eine Ausstellung zu bekommen, schreibt die Agentur in einer Mitteilung, aus der diese Informationen stammen.
In der Winter- und Weihnachtszeit sind seine Schneekugeln nicht nur bundesweit sehr gefragt. Eine Auswahl von über 550 Stück kann ab Samstag, 30. November bis Maria Lichtmess im Kloster Wechterswinkel bestaunt werden. Zu sehen sind eine Vielfalt an Themen und Motiven: romantische Winterlandschaften, verschneite Bergdörfer, weihnachtliche Szenerien im Schneegestöber, Märchenwelten, Harry Potter Abenteuern, eine Reise um die Welt und vieles, vieles mehr.
Auf der Pariser Weltausstellung 1878 wurde eine der ersten historisch bekannten Schneekugeln ausgestellt, jedoch ohne Erfolg. Erst 20 Jahre später ließ sich der Wiener Erwin Perzy die Glaskugel mit Schneeeffekt patentieren. Der Hersteller chirurgischer Geräte war auf der Suche nach einer besonders hellen Lichtquelle. Bei Versuchen mit der Schusterkugel, einer wassergefüllten Glaskugel mit einer Kerze davor, mischte Perzy Glasspäne ins Wasser, um die Reflexion zu verstärken. Deren Lichtspiel erinnerte den Erfinder an Schneeflocken und brachte ihn auf die Idee mit der Schneekugel. Bereits ab 1900 produzierte er zahlreiche Schneegläser in seiner eigenen Firma. Von dort startete die Schneekugel ihren Siegeszug durch alle Kontinente und Themen. Heute ist die Schneekugel ein sehr beliebtes Souvenir und Mitbringsel.
Beschneite Souvenir-Welten aus vielen Ländern
Mit den Jahren erwärmte sich Kardinal für die Schneekugeln und begann aus verschiedenen Urlaubsorten beschneite Souvenir-Welten mit nach Hause zu bringen. Bald hatte die Sammlung auf dem heimischen Klavier keinen Platz mehr. Zehn Jahre später war dann bereits die 1000er-Marke erreicht. Der große Wendepunkt für den Sammler Josef Kardinal zwischen stiller Leidenschaft im Privaten und echter Sammler-Berühmtheit war ein Zeitungsartikel von Harald Baumer. 1994 in den Nürnberger Nachrichten erschienen, wurde dieser von der Deutschen Presseagentur aufgegriffen. Kardinal wurde in ganz Deutschland bekannt.
Am Wert der Schneekugel scheiden sich die Geister
Die Verbindung mit Weihnachten und Winterlandschaften lag im Schneegestöber der kleinen Welt nahe. Schüttelt man das „Schneierle“, entsteht das Gefühl von einer heilen Schnee bedeckten Welt: Träume, Wünsche und Sehnsüchte werden einen verzückten Moment Wirklichkeit. Andere wiederum können der Welt „en miniature“, im Kleinen, nichts abgewinnen. Trivial und kitschig empfinden sie die Schneekugel, sehen in ihr einen unnötigen Staubfänger im Regal. So scheiden sich am ästhetischen Wert der Schneekugel allzu oft die Geister.
Immer wieder fängt die Schneekugel den Zeitgeist ein. Sie spiegelt, was "in" ist und was gefällt: Von Harry Potter und Halloween bis Sandmännchen und Barbie. Comic Helden und Filmlieblinge werden ebenso abgebildet. Aber auch aktuelle Ereignisse finden ihren Niederschlag, so erschienen zahlreiche Schneekugeln während der Pandemie mit Maske. Neueste Attraktion unter den „Schüttlern“ sind die Schneekugeln des japanischen Künstlers Yoshitomo Nara. Ihm ist zurzeit eine Einzelausstellung im Burda Museum in Baden-Baden gewidmet. Inzwischen erzielen Schneekugeln mit seinen Motiven preise von bis zu 800 Euro auf dem Kunstmarkt.
Die Vernissage findet am Freitag, den 29. November um 19.30 statt. Der Sammler wird anwesend sein. Es spielt Cecilia Schwen auf der Harfe. Karten sind erhältlich bei: Rhön GmbH, Spörleinstr. 11, 97616 Bad Neustadt, Tel.: (09771 ) 6876060 oder im Kloster Wechterswinkel, Um den Bau 6, 97654 Bastheim, (09773) 897262. Weitere Informationen: www.kloster-wechterswinkel-kultur.de. Eintritt im Vorverkauf: 5 Euro (ermäßigt: 4 Euro), an der Abendkasse 6 Euro (ermäßigt 5 Euro). Schüler haben freien Eintritt.