
Deutschland verdummt! So lautet der Titel des neuen Buches von Michael Winterhoff. Der durch zahlreiche Buchveröffentlichungen sowie Auftritte in Funk und Fernsehen bekannte Autor meint das durchaus ernst. Laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung sind 50 Prozent der heutigen Abiturienten nicht wirklich reif für ein Studium an einer Hochschule und auch nicht berufsreif. Für Winterhoff kommt dieses Ergebnis nicht überraschend. Seit Jahren schon beobachtet er Veränderungen in der Gesellschaft zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen. Noch, so betont er, sei es für eine Umkehr nicht zu spät. Diese müsste allerdings auch politisch mit viel Energie vorangetrieben werden, sagt er. Doch genau hier steuert die Bildungspolitik nach Winterhoffs Meinung in eine ganz falsche Richtung.
Michael Winterhoff behauptet rundherum, dass unser heutiges Bildungssystem die Zukunft der Kinder verbaut, weil den jungen Leuten darin die Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung genommen werden. "Warum haben wir denn heute so eine extrem hohe Quote an Studienabbrechern, und warum können wir heute keinen Flughafen mehr bauen", fragte Winterhoff in seinem Vortrag zur Buchvorstellung. Die Plätze in der Buchhandlung Rupprecht waren bis auf den letzten Stuhl belegt, die Karten für den Abend waren schon lange im voraus vergriffen. Eine große Anzahl an Erwerbstätigen in Bildungsberufen prägte denn auch die Zuhörerschaft.
Kinder müssen Reifeprozess durchlaufen
"Kinder müssen einen Hirnreifeprozess durchleben", sagt Michael Winterhoff. Doch genau das bleibt heutzutage immer mehr aus. Eine Mitschuld daran gibt er auch der zunehmenden Digitalisierung, die in Kinderstuben zumeist in die völlig falsche Richtung verläuft. "Deshalb gibt es heute viele Schulabgänger, die den emotionalen Reifegrad eines Kleinkindes haben", so Winterhoff.
Laut Meinung von Michael Winterhoff fehlt es im heutigen Bildungssystem an Bindung und Beziehung. "Wir machen Kinder zu kleinen Erwachsenen, zu Partnern", beklagt er. So gäbe es heute Kitas, in denen Kleinkinder darüber bestimmen, wann sie eine frische Windel bekommen und wer ihnen diese anlegt. Wohlgemerkt die Kinder, nicht die Erzieher bestimmen dies. "Ich brauche nicht Lernbegleiter", sagt Winterhoff, "ich brauche Lehrer!" Lehrer, die gegen das falsch laufende Bildungssystem aufbegehren, bekämen einen Maulkorb verpasst, schimpft Winterhoff. "Das ist für mich Mittelalter."
Eltern verlieren Vorbildcharakter
Auch in Sachen Elternschaft läuft in der heutigen Gesellschaft seiner Meinung nach vieles schief. Eltern gingen viel zu sehr eine Symbiose mit ihren Kindern ein und verlören so den Vorbildcharakter. Was zur Folge hat, dass Zweijährige schon mal das Verhalten ihrer Eltern maßgeblich diktieren. An Beobachtungen für diese Fehlentwicklungen mangelt es Michael Winterhoff in seiner eigenen und seit Jahrzehnten geführten Praxis nicht. "All diese Kinder, die heute zu mir kommen, sind nicht krank. Sie sind nur nicht richtig entwickelt und trotz Erziehung respektlos", sagt er. Nur an der Orientierung an Bezugspersonen könne sich die Entwicklung von emotionaler und sozialer Psyche vollziehen, ist Winterhoff überzeugt.
Für die Eltern hätte er einen Tipp parat, um die ganze Misere mal gründlich zu überdenken. Zum Überlegen sollten Eltern mal allein in den Wald gehen. Ohne Handy, Computer etc., nur etwas zu essen und zu trinken sollten sie mitnehmen. Und etwa vier Stunden Zeit plus Ruhe für einen Kaffee, aber keinen Termin danach. "Wenn ich heute alle Deutsche in den Wald bekäme, könnten wir morgen einen Flughafen bauen", ist Michael Winterhoff überzeugt.