Der Klimawandel hat der Region eine ganze Reihe neuer Tier- und Pflanzenarten beschert. Eine Spezies bringt es dabei auf eine besonders hohe Ausbreitungsrate: der Waschbär. Der putzige Vierbeiner wirkt zwar harmlos, wird aber inzwischen zu einem Ärgernis, wie jüngst erst der Bürgermeister von Willmars während einer Bürgerversammlung klagte.
Reimund Voß berichtete den etwas verblüfften Zuhörern von einer regelrechten Plage in der Gemeinde. Wie er später gegenüber dieser Redaktion erklärte, sollen die Raubtiere in mehrere Anwesen eingedrungen sein und dort für kleinere Schäden gesorgt haben. Bei der Bürgerversammlung hatte er daher empfohlen, Häuser geschlossen zu halten und auf den Grundstücken keine Lebensmittel etwa auf Komposthaufen zu entsorgen.
2016 von der EU auf die Liste der "unerwünschten Spezies" aufgenommen
Diesen Ratschlag kann Wolfgang Harich von der Unteren Jagdbehörde bestens nachvollziehen. Anhand der jährlichen Abschusszahlen kann er die rasante Ausbreitung ablesen. Wurden beispielsweise in der Saison 2008 nur 17 Tiere im Landkreis Rhön-Grabfeld erlegt, waren es 2018 fast 500.
Noch eindrucksvoller ist die Statistik für das gesamte Bundesgebiet. 1970 soll es etwa 20 000 Tiere gegeben haben, 2005 eine mittlere sechsstellige Zahl. 2010 sollen 67 000 Waschbären getötet worden sein, 2015 mehr als doppelt so viele. Im Jahr 2016 war der Waschbär von der EU sogar in die Liste der "unerwünschten Spezies" aufgenommen worden.
Der Waschbär gehört zu den Neozoen, den Tierarten, die ursprünglich nicht in Deutschland und Europa ansässig waren. Seine Ausbreitung geht auf das Jahr 1934 zurück, als ein Förster in der Nähe des hessischen Edersees zwei Paare ausgesetzt hatte. Der Brennpunkt in Deutschland soll die Stadt Kassel sein, in der sich pro Quadratkilometer bis zu 150 Tiere bewegen sollen, von denen etwa die Hälfte in Häusern übernachtet.
Waschbären haben ihren Namen von einer besonderen Eigenschaft
Ursprünglich stammen Waschbären aus Nordamerika. Eigentlich leben sie in Wäldern, dringen jedoch mehr und mehr in die Ortsbereiche ein. Die nachtaktiven Tiere gehören mit ihrer Größe von 40 bis 70 Zentimetern zur Familie der Kleinbären. Ihren Namen haben die Waschbären von einer besonderen Eigenschaft. Das wichtigste Sinnesorgan ist der Tastsinn in den Vorderpfoten. Entdecken sie Nahrung, nehmen sie sie mit den Vorderpfoten auf und drehen sie hin und her, um sie zu befühlen. Auf den Beobachter wirkt der Vorgang jedoch wie waschen.
Die Weibchen bringen durchschnittlich drei Tiere pro Jahr zur Welt. Ein Großteil überlebte bisher jedoch die erste kalte Jahreszeit nicht. Harich geht davon aus, dass die milden Winter der vergangenen Jahre die Ausbreitung begünstigt haben. Die Tiere dürfen außer in der Aufzuchtzeit das ganze Jahr über gejagt werden.