Zur klassischen Literatur gehören Filmmusiktitel wie „Bonanza“, „Winnetou“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod“ ja nun nicht gerade. Schon gar nicht, wenn ein Quartett aus zwei Geigen, einer Bratsche und einem Cello für ein Konzert angekündigt ist. Doch die vier Musikerinnen des Streichquartetts „La Finesse“ machten nicht alles, was man von einem klassischen Konzert so erwartet. Sie machten stattdessen viel mehr und vieles anders und begeisterten damit ihre Zuhörer.
Wenn sich vier Damen „La Finesse“ nennen, dann weckt das natürlich Erwartungen. Selbige zu erfüllen, ist für Kim Leonore Heilmann (Violine), Daniela Reimertz (Violine), Regine Brand (Viola) und Birgit Förstner (Cello) gar nicht schwierig. Charmant bewegen sich die Musikerinnen durch den Saal, ein paar schnelle Worte zum Programm, und los geht die Reise nach Amerika. Was dann nach dem Programm in Abendgarderobe noch kommen sollte, das verschlug dem Publikum ein ums andere Mal die Sprache.
Aufbruch in die neue Welt! Ohne Dvorak, der vier Jahre seines Lebens in New York verbrachte, konnte dieser Ausflug in die Musik natürlich nicht gelingen. Auch nicht ohne Gershwin und sein „Summertime“ aus „Porgy and Bess“ oder Ausflüge in die „West Side Story“ von Bernstein. Wie aus einem Guss spielte „La Finesse“ und zeigte hierbei in bester Laune und Leichtigkeit, wie viel Spaß das Quartett selbst auf der Bühne in Kunst und Kultur Kloster Wechterswinkel hatte. Spielerisch meisterte Kim Leonore Heilmann mit ihrer Geige auch die schwierigsten Passagen, stets ein Lächeln im Gesicht, alles schien ein Leichtes zu sein. Auch Daniela Reimertz strahlte die Freude an diesem Programm mit viel Hingabe und meisterhaftem Spiel aus. Mit ihrer Bratsche überzeugte zudem Regine Brand eher als ruhender Pol zwischen Daniela Reimertz und der extrovertierten Cellistin Birgit Förstner. Alle zusammen zelebrierten einen verführerischen, heiteren, spritzigen, ja, regelrecht charmanten Musikgenuss, dem sich kaum einer der Zuhörer im sehr guten besuchten Konzertsaal entziehen konnte.
Doch allzu ernst wollten die vier Frauen im zweiten Teil nicht bleiben. Auf ihrer Reise durch die neue Welt durfte auch der Wilde Westen nicht fehlen. Und den holte das Streichquartett nach Wechterswinkel. In Jeans, Cowboystiefel und passendem Hemd, mit großen Cowboyhüten und gegebenenfalls mit der Geige als Pistolenersatz wagten sich die vier Damen in die raue Welt von Charles Bronson, Henry Fonda, Pierre Brice und Lorne Greene vor. Birgit Förstner ließ es sich auch nicht nehmen, die Jeans mit Stiefeln auf der Bühne anzuziehen, um dann statt zum Cello zur singenden Säge zu greifen. Diese ersetzte die Mundharmonika im Medley „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Der harte Filmstoff in den zarten Händen der vier Musikerinnen, das konnte, das musste eine Ohrenweide werden. Und tatsächlich, „La Finesse“ vermochte auch den Wildwesttiteln jede Menge Esprit abzugewinnen, und das freilich ohne Mord und Totschlag. Dem Publikum stockte der Atem bei dieser spannenden und hochklassigen Interpretation der Werke von Ennio Morricone und anderen Filmkomponisten. „La Finesse“ kann nämlich nicht nur wunderbar mit Streichinstrumenten, die Musikerinnen können gerne auch mal mit rauchenden Colts.