Wenn Gemeindeförster Rupert Wolf durch die Wälder in Rhön und Grabfeld geht, dann richtet sich sein Blick meist nach oben. Sein Gesichtsausdruck verheißt dabei nichts Gutes. Wieder ein vom Borkenkäfer befallener Baum. Wieder ein Stück Waldfläche, welches abgeholzt werden muss. Immer mehr kleine und große Löcher klaffen in den Waldbeständen der Region. Die Lage ist ernst und besorgniserregend. Ein kurzer Spaziergang in den nächstgelegenen Wald reiche schon aus, um die Folgen des Klimawandels zu sehen und zu erleben. Dieser sei nicht mehr zu leugnen und direkt vor der Haustüre greifbar, konstatiert er.
Vor allem durch Wassermangel geschwächte Fichten werden von den Schädlingen befallen. Aber auch vor Buchen, Eichen und vor allem der Kiefer machen die Käfer nicht mehr Halt. Schon nach wenigen Monaten sterben die Bäume ab. Um ein weiteres Ausbreiten des Borkenkäfers auf benachbarte Bäume und Waldstücke zu verhindern, muss das Käferholz schnellstmöglich entfernt werden. Viele Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer kennen die Problematik nur zu gut.
Buchdrucker, Kupferstecher und Co. schlagen zu
In den vergangenen Trockenjahren nahm die Fläche, die aufgrund von Buchdrucker, Kupferstecher und Co. gefällt werden musste, dramatisch zu. Alleine im Höchheimer Wald, welcher nur zu zehn Prozent aus Fichtenbeständen besteht, wurden in den letzten drei Jahren 5000 von 8000 Festmeter Fichtenholz zwangsbedingt geschlagen. Ein Vermögensverlust von etwa einer Viertelmillion Euro - bedingt auch durch den Preisverfall.
Um dem Waldsterben entgegenzuwirken, wird deshalb immer wieder aufgeforstet. Normalerweise werden dazu Metallzäune und Z-Profile errichtet, die jedoch in der Vergangenheit auch Nachteile zeigten. Graseinwuchs und Sträucher machten die Zäune faktisch nicht wieder verwert- und verwendbar – was eigentlich deren Vorteil sein sollte. Zudem würden die Metallpfosten durch die Auswaschung des in ihnen enthaltenen Zinks den Waldboden kontaminieren. Eine einfache Lösung lag für die Wald-Verantwortlichen aber schließlich auf der Hand.
Innovative Experiment in der Gemeinde Höchheim
Was tun mit den Unmengen an Käferholz? Die Gemeinde Höchheim mit ihrem Bürgermeister Michael Hey ließ sich auf einen neuen Weg der Aufforstung ein und zeigt nun, wie besonders nachhaltig eine Verjüngung und Aufforstung des Waldes gelingen kann. Denn das geschlagene Käferholz wird von den Gemeindearbeitern in einem mobilen Sägewerk zu Latten verarbeitet und direkt im Anschluss wieder als sogenanntes Hordengatter dort verwendet, wo zuvor noch die Bäume wuchsen.
Diese Gatter bilden einen Schutzzaun und dienen der Naturverjüngung, um eine nachhaltige Forstwirtschaft gewährleisten zu können. Ein großer Vorteil von Hordengattern ist, dass sie wiederverwendbar sind und keine Rückstände im Wald anfallen, da das Holz nach mehreren Jahren einfach zerfällt.
Diese Holz-Umzäunung dient nun dazu, frisch gepflanzte Bäume vor Wildverbiss zu schützen, so dass sie ihre Knospen, Blätter oder Zweige entfalten können. "Wir haben in den zurückliegenden Jahrhunderten unseren Wald förmlich ausgesaugt. Es ist wichtig, dass wir nun, noch mehr als sonst, unseren Beitrag dazu leisten, dass die Bestände erhalten bleiben. Gerade unter dem Gesichtspunkt des Klimawandels", sagt Rupert Wolf.
Gemeinschaftsaktion im Wald
Um die Menschen der Gemeinde wieder für "ihren" Wald zu sensibilisieren, war eigentlich angedacht, dass verschiedene Vereine, vom Burschen- bis zum Seniorenverein, gemeinsam beim Errichten der Gatter behilflich sind. Die Corona-Pandemie machte aber auch hier den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung. Diese gemeinschaftsstiftenden Aktionen sollen aber in jeden Fall nachgeholt werden, sobald dies die Lage wieder zulässt.
Bisher lag also die Arbeit des Abholzens, des Zuschneidens und des Errichtens der Holzzäune auf den Schultern der Gemeindearbeiter Matthias Other, Thorsten Mantel und Holger Schubert. Matthias Other erzählt stolz, dass bisher eine Länge von über 2500 Metern Holz-Bezäunung errichtet wurde. Da jedes Gatter aus zehn Latten besteht, wurden vom Höchheimer Bauhof mehrmals 25 Kilometer Käferholz verarbeitet.
Neue Revierleiterin vorgestellt
Forstdirektor Wilhelm Schmalen vom Bad Neustädter Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) freute sich über das Engagement der Höchheimer Gemeinde und stellte bei seinem Besuch auch gleich die neue Revierleiterin Julia Bischof vor. Die gebürtige Leinacherin kümmert sich seit wenigen Tagen um das Revier "Bad Königshofen 1" und trat die Nachfolge von Bernhard Kühnel an. Die studierte Forstingenieurin ist nun für die Beratung von privaten Waldbesitzern und Kommunen zuständig und hilft bei der Beförsterung, dem Waldumbau und Förderprogrammen, etwa für Biotopbäume. Bei einem ihrer ersten Außentermine, freute sich Bischof, dass in "ihrem" neuen Revier so vorbildlich und nachhaltig gedacht wird. Schließlich gibt es auch noch gute Nachrichten aus dem Wald.