Komplett reformiert wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2020 die Pflegeausbildung in Deutschland. Die einzelnen Ausbildungsabschlüsse als Gesundheits- und Krankenpfleger, als Altenpfleger sowie als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger wurden in eine generalistische Pflegeausbildung zum Pflegefachmann oder zur Pflegefachfrau für die Versorgung von Menschen aller Altersstufen gebündelt. Dies stellt die Betriebe vor neue Herausforderungen. Neue Wege in der praktischen Ausbildung müssen gegangen werden. Beispielgebend hierfür ist eine erfolgreich erprobte Zusammenarbeit zwischen dem BRK Alten- und Pflegeheim in Bad Neustadt und dem Kommunalen Kindergarten des Marktes Oberelsbach. Am Mittwoch wurde der offizielle Kooperationsvertrag geschlossen.
„Für uns beide verspricht das Ganze Neuland und Spannung zugleich“, berichten Elke Müller, die Leiterin der Einrichtung, und Monika Enders, Kindergartenleiterin des kommunalen Kindergartens übereinstimmend. „Wir sind überzeugt, dass beide Einrichtungen gegenseitig von dieser Kooperation profitieren“, ergänzt Bürgermeisterin Birgit Erb. Der anfänglichen Skepsis sei mittlerweile eine Begeisterung für die Sache gewichen.
Kenntnisse über die Pflege von Menschen jeden Alters
Die neue generalistische Pflegeausbildung soll alle Kompetenzen vermitteln, die für die selbständige, umfassende Pflege von Menschen aller Altersstufen in akut und dauerhaft stationären sowie ambulanten Pflegesituationen erforderlich sind. Dazu gehört auch die Pädiatrie: die Lehre von der Entwicklung des kindlichen und jugendlichen Organismus, seiner Erkrankungen sowie deren Behandlung und Vorbeugung.
Mit 120 Stunden ist der Einsatz in der Pädiatrie nun auch Pflichtteil der praktischen Ausbildung im Pflegeberuf. Lernziel dabei ist die Förderung der Entwicklung und Gesundheit von Jugendlichen in pflegerischen Situationen. Die Auszubildenden sollen Kompetenzen erwerben, die auf die Begegnung mit Kindern und Jugendlichen, ihre Entwicklung und ihre familiären und sozialen Bindungen ausgerichtet sind.
Wie Seniorenheim und Kindergarten sich gleichen
Da alle künftigen Pflegefachkräfte diesen Pflichtabschnitt absolvieren müssen, stoßen Kinderkliniken und Kinderarztpraxen sehr schnell an ihre Grenzen. Der Einsatzbereich wurde daher auf Kindergärten und –krippen erweitert. Der kommunale Kindergarten Markt Oberelsbach war zusammen mit dem Kindergarten Mariä Himmelfahrt in Bad Neustadt für die Ausbildung von Lea Strohmenger aus Oberelsbach der erste Kooperationspartner des BRK Alten- und Pflegeheims in der Hedwig-Fichtel-Straße in Bad Neustadt.
„Lea Strohmenger aus Oberelsbach hat bei ihrem Praktikumseinsatz einen großen Einblick in die pädagogische und pflegerische Arbeit der Kinderkrippe bekommen“, berichtet Kindergartenleiterin Monika Enders. Die Auszubildende im ersten Lehrjahr habe einige Ähnlichkeiten zwischen der Pflege von Kleinstkindern und der Pflege von Älteren bemerkt. „Lea hat festgestellt, dass sie einiges Gelerntes auch im Altenheim anwenden kann und umgekehrt“, erinnert sich Monika Enders an den erfolgreichen Praktikumseinsatz in der Täubchengruppe der Kinderkrippe. Sie freut sich schon auf weitere Praxiseinsätze von Auszubildenden aus dem Bereich der Pflege.
Sämtliche Facetten der Pflege kennenlernen
Die Ausbildungsbeauftragten Birgit Bilkow-Göpfert (Qualitätsbeauftragte im Haus) und Daniel Golz (Pflegedienstleiter) zeigten sich mit Einrichtungsleiterin Elke Müller im Pressegespräch darüber einig, dass der neue generalistische Ausbildungsberuf in der Pflege sich zwar im schwierigen Entwicklungs- und Aufbauprozess mit vielen neuen Herausforderungen befindet, gleichzeitig aber auch große Chancen für die Auszubildenden und den Pflegeberuf allgemein bietet.
„Die jungen Menschen können sämtliche Facetten der Pflege kennen lernen und haben die Möglichkeit, während und nach der Ausbildung ihren individuellen Weg zu gehen“, so Bilkow-Göpfert. „Die Vielfalt des Pflegeberufs, den die Auszubildenden dabei entdecken, ist genial“, fügt Elke Müller an. „Auch für unser Kindergarten-Personal ist der Einsatz von Pflegekräften aus Alten- und Seniorenheimen eine Bereicherung“, stellt Kindergartenleiterin Monika Enders fest.