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Oberelsbach
Wie Corona die Hochzeitspläne eines Rhöner Paars durchkreuzt
Andrea Krämer und Sebastian Sitzmann geben sich am Samstag das Ja-Wort. Vor dem Eheglück standen einige Hürden, zum Beispiel ein folgenreicher Junggesellenabschied.
Eine Hochzeit in Zeiten der Corona-Pandemie: Sebastian Sitzmann und Andrea Krämer geben sich am Samstag das standesamtliche Ja-Wort. Sie berichten über die Widrigkeiten, die die beiden beim Thema Hochzeitsplanung zu bewältigen hatten und auch über den Junggesellenabschied von Sebastian, der wegen dem Coronavirus zumindest im Landkreis Rhön-Grabfeld eine gewisse Berühmtheit erlangt hat.
Foto: Sanne Söder | Eine Hochzeit in Zeiten der Corona-Pandemie: Sebastian Sitzmann und Andrea Krämer geben sich am Samstag das standesamtliche Ja-Wort.
Marc Huter
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:15 Uhr

Es soll der schönste Tag im Leben eines verliebten Paares werden: Die Hochzeit. In Zeiten der Corona-Pandemie haben es Brautleute jedoch alles andere als leicht. Andrea Krämer und Sebastian Sitzmann aus Oberelsbach, die ihre Traumhochzeit geplant hatten, sind so ein Beispiel. Nach langem Hin und Her werden sie sich am kommenden Samstag zumindest standesamtlich im kleinen Kreis trauen lassen.

Schon seit 2010 kennen sich die beiden von der Arbeit bei der Firma Hückmann in Salz, kamen sich immer näher und wurden schließlich im Oktober 2015 ein Paar. Zusammen zogen sie in das Elternhaus von Sebastian, im Mai 2018 kam mit Sohn Leon das bisher größte Glück zur Welt. Am 2. Juli 2019 im Sommerurlaub auf der Insel Mainau am Bodensee dann der Hochzeitsantrag von Sebastian, Andrea sagte sofort "Ja", ein Jahr drauf sollte geheiratet werden.

Große, zünftige Feier fällt ins Wasser

Die leidenschaftliche Musikerin Andrea und der pflichtbewusste Feuerwehrmann Sebastian sind beide in ihren Heimatorten Löhrieth und Oberelsbach bestens integriert. Ein großes Fest sollte der Polterabend mit der für den 10. Juni geplanten standesamtlichen Hochzeit werden. Am 20. Juni stand die kirchliche Hochzeit auf den Einladungskarten, anschließend die Hochzeitsfeier in Fladungen.  "Unsere Hochzeit mit allen unseren Freunden und Bekannten zünftig zu feiern, das war unser Plan", berichten die Bürokauffrau und der Groß- und Außenhandelskaufmann.

Die Locations waren gebucht, das Zelt bestellt, die Bands gebucht, die Dekoration gekauft, der Caterer eingewiesen, die Gastgeschenke waren gebastelt und auch die Helfer waren schon organisiert. "Ich habe mein Hochzeitskleid schon im Oktober gekauft", berichtet Andrea. Und auch zum Tanzkurs waren die beiden ab März angemeldet. Corona durchkreuzte diese Pläne. Ganz zu schweigen von dem Problem mit den Trauringen: Schließlich ist schon das Datum der kirchlichen Trauung "20. Juni 2020" innen eingraviert.

Sehnlich auf neue Infos der Politik gewartet

"Am Anfang haben wir uns überhaupt keinen Kopf gemacht", so Andrea. "Anfang März war die Hochzeit noch so lange hin." Doch als die Lage immer dynamischer wurde, die Maßnahmen der Regierung im Eiltempo immer einschneidender, kamen dann doch sehr schnell große Fragezeichen. "Das Schlimmste war und ist, dass nie ein Fahrplan für die Durchführbarkeit von Veranstaltungen von der Regierung aufgestellt oder kommuniziert wurde." Sehnlichst haben die beiden immer die Pressekonferenzen des Ministerpräsidenten abgewartet. "Man war total in der Luft gehangen", erklären sie, die an ihren Plänen noch bis gut vier Wochen vor dem eigentlichen Hochzeitstermin festgehalten hatten.

Die standesamtliche Trauung wird nun im kleinen Kreis - wegen des Datums der Trauringe - am 20. Juni stattfinden. Gegebenenfalls soll die kirchliche Trauung mit anschließender Hochzeitsfeier im Oktober über die Bühne gehen. Doch auch das ist nicht sicher. Nie werde eine Aussage gemacht unter welchen Voraussetzungen und ab wann welche Veranstaltungen möglich sein können. "Das ist äußerst unbefriedigend", erklärt das Paar kopfschüttelnd.

Positiver Coronafall nach Junggesellenabschied in Sölden

Kopfschütteln können sie rückblickend auch über den Umgang der Mitmenschen mit dem Coronavirus zu der Zeit, als es in Deutschland gerade los ging mit der Pandemie. Ausgerechnet sein eigener Junggesellenabschied, eine Tagesskifahrt in Sölden in Österreich Anfang März, führte dazu, dass Sebastian als der zweite Infizierte am Coronavirus in Rhön-Grabfeld zählte. In Rekordtempo verbreiteten sich im ganzen Landkreis, wohl auch über eine getürkte Rund-Whatsapp, wilde Gerüchte und Spekulationen zu diesem Junggesellenabschied.

Schon nach wenigen Stunden wurde die Zahl der Infizierten im Buschfunk um das Vielfache erhöht. Alle Teilnehmer seien unter Generalverdacht gestellt worden, so "unvernünftig" zu sein, noch in die Berge zum Skifahren zu fahren oder sich nicht an Quarantänemaßnahmen gehalten zu haben. Beides habe jeder Grundlage entbehrt. Der Junggesellenabschied fand eine Woche vor dem Zeitpunkt statt, als das Skigebiet Sölden vom Robert-Koch-Institut zum Risikogebiet erklärt worden war. Auch begab sich jeder Teilnehmer nach der Erklärung zum Risikogebiet, ohne Symptome zu haben, sofort freiwillig in häusliche Quarantäne.

Chaotische Verhältnisse zu Beginn der Corona-Krise

Sebastian und Andrea erlebten selbst, wie sich das gesamte Gesundheitssystem erst auf die völlig neue Situation einstellen musste. Stundenlange Warteschleifen am Telefon des Ärztlichen Bereitschaftsdienst, tagelanges Ausharren bis zu versprochenen Testungen der Freunde mitten in der Nacht, widersprüchliche Aussagen von Ärzten und Gesundheitsämtern zu Möglichkeiten der Virusübertragung seien Beispiele dieser Tage. "Es ging sehr chaotisch zu", blicken sie zurück, nicht ohne zu betonen, dass immer versucht wurde, einem weiterzuhelfen und dass sich alle Stellen dann recht schnell und gut auf die Situation eingestellt haben.

Die Ungewissheit und Unsicherheit habe sich insbesondere im Verhalten der Mitmenschen gezeigt. Eine Vielzahl an Anrufen hat die Familie in den ersten Tagen von besorgten Menschen aus dem Wohnort bekommen. "Manche Anrufer sorgten sich aber eigentlich nicht um uns, sondern nur um sich", schüttelt Andrea schmunzelnd mit dem Kopf. Lange nach dem Ende der verordneten Quarantäne wechselten viele Menschen bei der Begegnung mit Sebastian, Andrea und Leon die Straßenseite oder den Flur im örtlichen Einkaufsmarkt. Und auch auf der Arbeitsstelle herrschte große allgemeine Unsicherheit, teils gepaart mit krankheitsbedingten Fehlzeiten.

Weitere Pläne wurden bereits geschmiedet

Sicherlich hat diese Situation die Familie noch mehr zusammengeschweißt. Auch weitere Pläne wurden geschmiedet. Ein Bauplatz wurde gekauft, im nächsten Jahr kommt das Haus, wo dann viel Arbeit ansteht. "Auch das ist so ein Grund, warum man mal eine klare Aussage Seitens der Politik zu Veranstaltungen benötigt", erklärt Andrea. "Man muss ja auch ein bisschen planen können."

Ein unvergesslicher Junggesellenabschied: Der Plan der Organisatoren des Junggesellenabschieds von Sebastian war sicherlich nicht, dass das Motto, das in der hinteren Busscheibe hing und an diesem Tag als Trinkspruch diente, eine Woche später tatsächlich Wirklichkeit werden sollte.
Foto: Marc Huter | Ein unvergesslicher Junggesellenabschied: Der Plan der Organisatoren des Junggesellenabschieds von Sebastian war sicherlich nicht, dass das Motto, das in der hinteren Busscheibe hing und an diesem Tag als Trinkspruch ...

Der Plan der Organisatoren des 18-köpfigen Junggesellenabschieds von Sebastian war jedoch sicherlich nicht, dass das Motto, das in der hinteren Busscheibe hing und an diesem Tag als Trinkspruch diente, eine Woche später tatsächlich Wirklichkeit werden sollte. Es lautete: "Erst Corona - dann Andrea!" Dann kann er sich nun seiner Zukünftigen wenigstens ganz sicher sein.

 
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Kommentare
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  • J. B.
    Was sollen die Politiker sagen über mögliche Veranstaltungen oder private Feiern im Oktober ?
    Sind doch keine Hellseher.
    Keiner weiß ob eine zweite Welle kommt.
    Nach dem Verhalten mancher Mitmenschen glaube ich sogar das es dazu kommt.
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