Die globale Lebensmittelverschwendung ist ein besonders unrühmliches Kapitel in der menschlichen Geschichte. Während Millionen Erdenbürger nicht wissen, woher sie ihre nächste Mahlzeit nehmen sollen, leisten es sich die reichen Nationen, genießbare Nahrungsmittel einfach auf den Müll zu werfen. Mit diesem Thema befasst sich der Film „Taste the Waste“, den das Evangelische Bildungswerk des Dekanatsbezirks Bad Neustadt im Stadtsaal–Kino zum Auftakt ihres Jahresmottos „Du bist, was du isst“ zeigen ließ.
Auch fünf Jahre nach seinem Erscheinen hat der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm, dessen Titel ins Deutsche übersetzt so viel bedeutet wie „Geschmack des Mülls“ oder „ der Verschwendung“, nichts von seiner Aktualität verloren. Nach wie vor werden Tag für Tag Tonnen um Tonnen von Lebensmitteln weggeworfen, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht ist. Auch wenn man sich in Bad Königshofens Supermärkten und Discountern Mühe gibt, dass dies möglichst wenig vorkommt.
Bei tegut etwa werden die Artikel kurz vor dem Verfallsdatum reduziert. „Da kommt das meiste weg“, wie stellvertretender Marktleiter Jan Dürer gegenüber dieser Zeitung erklärte. Der Rest geht an die Tafel nach Bad Neustadt. Lebensmittel, wie etwa welkes Gemüse, die nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet sind, werden von einem Bauern abgeholt und an Tiere verfüttert. Ähnlich verfahren wird in den anderen Supermärkten wie Edeka oder Discountern wie Netto und Aldi.
Gut 90 Menschen wollten am Mittwochabend den eineinhalbstündigen Film sehen. Im Gedächtnis bleiben eindringliche Bilder und Zitate, die das Zeug hätten, zu geflügelten Worten zu werden. Etwa von Carlo Petrini, dem Gründer von Slow Food. Er vergleicht den überladenen Kühlschrank mit einem Vorzimmer zum Mülleimer. Für Betroffenheit sorgen viele Szenen des Films, wie die Aufnahmen in einem französischen Großmarkt.
Berge von Krabben im Müll
Berge von Krabben und vor wenigen Stunden gefangene Fische landen am Ende in riesigen Containern, weil sich kein Käufer für sie gefunden hat. Das gleiche geschieht mit Gemüse und Obst. Gleichzeitig zeigt der Streifen aber auch Initiativen, die einen Ausweg aus dem Wahnsinn weisen. Wie etwa jene Kooperativen in den USA, die Kartoffeln, Melonen und andere Feldfrüchte auf privaten Märkten anbieten, die durch das Schönheitsraster der Handelsketten fallen und als unverkäuflich gelten.
Traurige Berühmtheit hat die krumme Salatgurke erlangt, der von der EU in Brüssel die Handelstauglichkeit abgesprochen wurde. Was in der Öffentlichkeit als besonders übler Streich der Eurokraten wahr genommen wurde, sei auf Druck der Lebensmittelindustrie zustande gekommen, wie ein Mitarbeiter der EU in dem Film erklärte. Hinter dieser Qualitätsnorm steckt die einfache Erkenntnis, dass gerade gewachsene Gurken besser in Transportkisten passen.
Nach dem Film warteten auf die Besucher im Foyer des Kinos kleine Häppchen, die von Schülern der 10b des Bad Königshofener Gymnasiums aus abgelaufenen Lebensmitteln zubereitet worden waren. „Garantiert nicht frisch“, schmunzelte der Pfarrer, der die Schüler bei ihrem Foodsharing-Projekt unterstützt hatte. Dabei geht es darum, Menschen zu animieren, nicht benötigte Lebensmittel mit anderen zu teilen, bevor diese nicht mehr zu gebrauchen sind. Es sei schwierig, dieses Umdenken in den Köpfen der Menschen anzustoßen, war die Erfahrung der Schülergruppe, wie deren Sprecher Robert Schröder sagte. Und als wenn es eines Beweises bedurft hätte, lief die Frage von Dekan Matthias Büttner, wer sich von den Zuschauern vorstellen könne, beim Foodsharing mitzumachen, doch ziemlich ins Leere. Ratlosigkeit und Skepsis stand den Besuchern ins Gesicht geschrieben, die nach der Vorführung zu einer kurzen Diskussion über das soeben Gesehene gebeten worden waren.
Selbst die Idee von Pfarrer Mertten, Lebensmittel auf Facebook anzubieten, kam nicht recht an. „Ein Kilo Kartoffeln – das müsste doch klappen“, war er sich sicher, musste sich aber von einer Teilnehmerin eines Besseren belehren lassen. Beim letzten Preisschafkopf sei einer der Preise zehn Kilo Kartoffeln gewesen, den aber niemand haben wollte. „Die Leute sind einfach zu verwöhnt“, stellte sie fest. Da könnte was dran sein, hatte doch der tegut-Marktleiter Pfarrer Mertten erzählt, das im Supermarkt in der Stadt auch reduzierter Salat mit welken Außenblättern nicht gekauft werde, erstaunlicherweise im Geschäft in Saal aber schon.