Was macht die Rhön zum Wanderparadies? Wie bei so vielen Fragen bestimmen mehrere Faktoren die Antwort. Dabei bildet die geologische und biologische Landschaftskulisse die Ausgangsbasis. Dann ist die Einflussnahme des wirtschaftenden Menschen seit Jahrhunderten mitverantwortlich und prägend für die heutige Ansicht und Infrastruktur unseres kultivierten heimischen Mittelgebirges - und schließlich noch die Naturliebe und das Bedürfnis nach Erholungssuche. Mit der Hinwendung zu einem sanften Tourismus und dem Biosphärenreservat seit 1991 gewann die Wanderregion Rhön auch überregional an Anziehungskraft.
Einen wichtigen Anteil an der Entwicklung des Wandertourismus‘ hat der 1876 gegründete Rhönklub. Seine Mitglieder begannen mit der Erschließung von Wanderwegen in der Dreiländerregion, erstellten Wegweiser und pflegten die Wanderpfade.
Insgesamt 6000 Kilometer Wanderwege in der Rhön
Inzwischen gibt es in der Rhön insgesamt knapp 6000 Kilometer Wanderwege, davon in der bayerischen Rhön rund 3400 Kilometer. Diese zu pflegen, ist heute eine Gemeinschaftsaufgabe von (auf Bayern bezogen) im Wesentlichen vier Hauptakteuren. Das sind die ehrenamtlich tätigen Wegewarte der Rhönklub-Zweigvereine, die Bauhofarbeiter des 1997 gegründeten Vereins „Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön“ (NBR), die Gemeindearbeiter der Kommunen und im Landkreis Bad Kissingen Mitarbeiter des Kreisbauhofs, die sich untereinander abstimmen.
Die Wegearbeiten umfassen das Anbringen und Erneuern der Wegezeichen an Pfosten, Masten, Bäumen oder Gebäuden an Weggabelungen, Abbiegungen oder alle zweihundert Meter auf der Strecke, das Aufstellen von Hauptwegweisern (mit Kilometrierung) und Infotafeln, das Freischneiden, wenn Zweige die Sicht auf die Wegezeichen verdecken, die Kontrolle der Markierungen, vereinzelt auch das Herrichten von Sitzgruppen sowie Mäharbeiten.
Für die Rhönklub-Wegewarte heißt das, dass sie zur Qualitätssicherung mindestens einmal pro Jahr (meist vor der Wandersaison) die zugeteilten Wege ablaufen und kontrollieren müssen. Zuweilen müssen sie auch vor Ort Ausbesserungsarbeiten vornehmen. Liegen abgebrochene Äste oder umgestürzte Bäume auf dem Weg, besteht Verletzungsgefahr, liegen Wegbeschädigungen vor oder sind Ruheplätze, Stufen, Geländer und Infotafeln beschädigt, müssen die Schäden aufgenommen und an die Flächeneigentümer, Kommunen oder an den NBR, gemeldet werden. Das gilt auch, wenn sie von Wanderern auf Schäden angesprochen werden.
Bis zu 200 Stunden Arbeitsaufwand jährlich
Die Arbeitsbelastung der Wegewarte ist sehr unterschiedlich und abhängig vom zugeteilten Wegenetz (zwischen zehn und hundertfünfzig Kilometer) sowie der Beschaffenheit der Wege. Der Arbeitszeitaufwand pro Jahr liegt zwischen 30 und 200 Stunden. Martin Brenner zum Beispiel, der Wegewart des Rhönklub-Zweigvereins Walddörfer und gleichzeitig Regionswegewart, wird nach eigener Aussage in diesem Jahr voraussichtlich auf zweihundert Arbeitsstunden kommen, weil sein Wegenetz südlich des Kreuzbergs rund 150 Kilometer umfasst, und weil er auch noch in den Nachbarvereinen Wildflecken und Oberbach aushilft und Ansprechpartner für viele andere Wegewarte in seinem Regionsgebiet ist.
Meist ist er zu Fuß, manchmal mit dem Fahrrad oder sogar mit seinem eigenen kleinen Schlepper unterwegs. Zu seinem Handwerkszeug gehören seit Einführung der Klebetechnik 2015 Markierungsmaterial wie Grundplatten für die Wegezeichen, Kleber, Wegezeichenaufkleber, Pinsel, grüne Abtönfarbe zum Übermalen alter gemalter Markierungen, Holzpfosten mit Einschlaghülsen, Hämmer, Bügelsäge, Gartenschere, Astschere, Sense sowie Spiritus, Schwamm und Lappen zum Säubern verschmutzter Wegweiser. Als Helfer stehen ihm noch Thomas Zehe und Kathi Cavallo zur Seite.
Wegenetz rund um den Hillenberg
Im Rhönklub-Zweigverein Eisgraben (Hausen/Rhön), der heuer sein hundertjähriges Bestehen feiert, erledigt diese Arbeiten Wegewart Christoph Rothaug, unterstützt von Vater Konrad (Vorsitzender) und von Sebastian Kessler (2. Wegewart). Ihr zu betreuendes Wegenetz rund um den Hillenberg umfasst gut dreißig Kilometer und reicht von der Thüringer Hütte über den Stirnberg bis zum Dreiländereck. Ihr Arbeitszeitaufwand ist in diesem Jahr laut Rothaug nicht hoch, weil die Wege in den letzten Jahren sehr gut markiert und gepflegt wurden.
Im Nachbarverein Fladungen fällt schon deshalb mehr Arbeit für die beiden Wegewarte Heiko Mock und Friedel Hahn an, weil dessen Wegenetz fast fünfmal so lang ist und die in der Fladunger Gemarkung liegende Extratour Museumsweg allein schon zwanzig Kilometer misst. Ihr Gebiet reicht vom Dreiländereck über den Heimatblick und Weimarschmieden bis zur Königsburg.
Verschiedene Wegekategorien
Die drei genannten Vereine betreuen auch ein Teilstück des Premiumwanderwegs „Der Hochrhöner“ (samt Zubringerweg), der zusammen mit den dreißig Extratouren das Aushängeschild der Wanderregion Rhön ist. In die zweithöchste Wegekategorie fallen die vielen Rhönklub- und Rhönrundwege. Letztere werden auch als Naturparkwege bezeichnet. Sie haben blaue Schilder mit weißen Ziffern. Die Rhönklubwege haben Zeichen wie Dreiecke, Tropfen und Pfeilen auf weißem Grund oder ein bis drei Buchstaben, wie zum Beispiel der Buchonia-Rundweg (B), der Rhön-Rennsteig-Weg (RR) oder der Schweinfurter-Haus-Weg (SwH). Die Rhön wird außerdem durchkreuzt von den Fernwanderwegen E3 und E6, vom Jakobsweg, der Via Romea, vom fränkischer Marienweg, Keltenweg, Main-Werra-Weg, Grünen Band und vom Friedensweg, um nur die wichtigsten zu nennen. Darüber hinaus gibt es noch Motivwege (Naturlehrpfade, Kunstmeile, Kolpingweg, Franziskusweg) sowie eine Vielzahl von Rundwanderwegen, Dorfrunden, Fitness- und Nordic-Walking-Parcours in den Kommunen, ja sogar einige barrierefreie Rundwege.
Dieses große Netz ist gleichzeitig ein Leitsystem und dient zur Besucherlenkung, um die empfindliche Flora und Fauna nicht zu schädigen. All das soll die Rhön, das „Land der offenen Fernen“, zu einem attraktiven Wandergebiet machen.