Lukas Holzheimer aus Weisbach ist Bergwachtler aus Leidenschaft: Seit seinem 12. Lebensjahr engagiert er sich bei der Bergwacht, seit sieben Jahren ist er aktive Einsatzkraft. Vor kurzem hat der 26-Jährige durch die Übernahme der Bereitschaftsleitung bei der Bergwacht Oberelsbach große Verantwortung übernommen. Wir haben uns mit ihm unterhalten.
Lukas Holzheimer: Zur Bergwacht gekommen bin ich im Alter von 12 Jahren. Die damalige Bergwacht Weisbach hatte eine Info-Veranstaltung veranstaltet. Viele Gleichaltrige haben sich damals mit mir der Truppe angeschlossen. Wir sind zusammen mit den Bergwachtlern an der Steinwand (Anm. d. Red.: Felsformation zum Klettern im Ortsteil Steinwand in Poppenhausen, Landkreis Fulda) zum Klettern gegangen und erfuhren einiges über Naturschutz.
Holzheimer: Die Ausbildung bei der Bergwacht ist gut strukturiert, aber auch anspruchsvoll und zeitintensiv. Am Anfang wird die Eignung eines jeden beurteilt. Dafür gibt es eine Basisausbildung für das Bergsteigen im Winter mit Eignungstest und gleiches noch einmal für das Bergsteigen im Sommer. Die Vorbereitung und Prüfung für den Winter war im Allgäu. Hier brachten mir die gut geschulten Ausbilder das Skifahren bei, auch Akia durften wir schon fahren und Skitouren gehen. Der Sommer-Eignungstest lief in der Fränkischen Schweiz. Wir lernten große Kletterhänge zu besteigen und bekamen die wichtigste Technik und das Rüstzeug für das Klettern vermittelt. Es folgte eine umfassende Grundausbildung in der Winter- und Sommerrettung, im Naturschutz, in der Luftrettung und auch in der Notfallmedizin. Letzteres umfasste 80 Unterrichtseinheiten. Für jeden Baustein musste eine Prüfung abgelegt werden. Dann war man aktive Einsatzkraft der Bergwacht Bayern. Bei mir hat das insgesamt drei Jahre gedauert.
Holzheimer: Von Anfang an spürte man die Professionalität und die hervorragende Struktur der Bergwacht. Auch für sich selbst konnte man sehr viel lernen und es eröffneten sich Möglichkeiten wie das Klettern in der Fränkischen Schweiz oder das Skitourengehen im alpinen Gelände, was einem sonst gar nicht möglich wäre. Und generell hat mir von Anfang die gesamte Truppe richtig gut gefallen. Egal welches Alter, ob Mann oder Frau, oder aus welcher Region man kam: Das Miteinander war immer entspannt und cool. Die Bergwelt verbindet irgendwo ganz schön stark. Deswegen bin ich auch dabeigeblieben.
Holzheimer: Letztendlich waren es noch drei weitere, die heute noch aktiv sind. Man darf nicht verhehlen, dass der Zeitaufwand während der Ausbildung zur aktiven Einsatzkraft ganz schön hoch ist. Das schreckt viele ab. Doch ist es gerade in jungen Jahren absolut machbar. Die zeitliche Investition zahlt sich später mehr als aus. Nachwuchskräfte sind logischerweise immer notwendig, deshalb sind wir immer froh Neue aber auch frühere Interessenten bei uns begrüßen zu dürfen.
Holzheimer: Die Bergwacht kommt immer dann, wenn es für Menschen in Not keinen Ausweg auf Asphalt gibt. Ob auf einem Wanderweg, im Wald, auf der Skipiste oder auf der Langlaufloipe. Allein in diesem Jahr hatten wir schon sieben Einsätze. Relativ schnell habe ich zusätzlich die Organisation des Lupinenmähens als Beitrag zum Umweltschutz auf der Hochrhön übernommen und habe mich in der Bereitschaft um die mobile Kletterwand gekümmert. Bald war ich auch Mitglied des LKLD-Teams (Lokalisation, Kommunikation, Lagebeschreibung und Dokumentation) und besetze das Lokalisations-Fahrzeug der Region Rhön-Spessart, das bei Vermisstensuchen im gesamten Regions-Bereich zum Einsatz kommt. Seit einigen Jahren kümmere ich mich außerdem um die Ausbildung der Bergwacht-Anwärter. Diese Arbeit war bereits mit Erfolg gekrönt, da wir drei sehr engagierte Nachwuchs-Einsatzkräfte gewinnen konnten. Außerdem bildete ich mich zum Winterausbilder weiter und bin fast fertig mit der Ausbildung zum Einsatzleiter.
Holzheimer: Das ist sehr unterschiedlich. Natürlich nimmt die Arbeit mit der Bergwacht einen wesentlichen Teil der Freizeit ein. Wenn wir die Pisten der Kreuzberglifte im Winter absichern, dann sind das meist ganze Tage Dienst am Wochenende. Auch das Lupinenmähen im Sommer nimmt eine Menge Zeit ein. Man hat deutlich gemerkt, dass die Rhön in Zeiten von Corona zu einem beliebten Ausflugsziel geworden ist. Dadurch gab es auch deutlich mehr Menschen in Notlagen. Allein im Jahr 2021 hatten wir schon sieben Einsätze, die wir als Bergwacht Oberelsbach abarbeiten mussten. Auch beim Naturschutz mussten wir viel stärker als früher unterstützen.
Holzheimer: Am schönsten ist das Gefühl, nach einem Einsatz jemanden aus einer Notlage geholfen zu haben. Zu wissen, dass sich nun jemand im warmen Rettungswagen um den kümmert, der der Kälte im Freien schutzlos ausgeliefert war. Irgendwie ist das auch ein wichtiger Beitrag zur Gesellschaft.
Holzheimer: Als wir mitten bei der Durchführung des Ferienprogramms in Oberelsbach zu einem Einsatz gerufen wurden. Ein kleiner Junge war unterhalb vom Heidelstein gestürzt. Innerhalb von fünf Minuten waren wir vor Ort und konnten dem 12-Jährigen helfen. Die Teilnehmer des Ferienprogramms durften die Einsatzsituation live miterleben. Es gab auch schon einiges Verrücktes. Einmal mussten wir mit unserer Drohne eine Handgranate in Hammelburg suchen. Auch der Einsturz der Autobahnbrücke auf der A7 vor einigen Jahren wird in Erinnerung bleiben.
Holzheimer: Bei drei Totenbergungen war ich im Einsatz schon dabei. Zweimal musste ich helfen, einen Leichnam nach einem Suizid aus unwegsamem Gelände abzutransportieren. Letztes Jahr konnten wir einen sehr jungen Waldarbeiter nicht mehr retten. Das sitzt natürlich tief. Aber auch hier muss man sagen, dass die Bergwacht Bayern allen Einsatzkräften immer und jederzeit professionelle Hilfe anbietet.
Holzheimer: Ich habe beim Bezirk Unterfranken eine Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen absolviert, die ich 2015 abgeschlossen habe. Seitdem bin ich im Thorax-Zentrum Münnerstadt als Personalsachbearbeiter tätig. 2016 und 2017 habe ich mich nebenberuflich zum kaufmännischen Fachwirt weitergebildet. Seit Oktober 2018 studiere ich in dualer Form Betriebswirtschaftslehre an der FH Würzburg/Schweinfurt und bin in den Semesterferien weiterhin als Personalsachbearbeiter beim Bezirk tätig. Im März 2022 werde ich voraussichtlich mein Studium beenden. Wie es dann weitergeht, werden wir sehen.
Holzheimer: Der Himmeldunkberg gehört zu den schönsten Plätzen in der Rhön. Es sind unendliche Weiten, die man von hier aus in unberührter Natur beobachten kann. Mein persönlicher Geheimtipp ist ein Rastplatz unterhalb der Ginolfser Jungviehweide. Hier bin ich immer wieder beeindruckt vom herrlichen Blick in den Thüringer Wald.
Holzheimer: Ja! Und auch Mountainbiken im Sommer gehört zu meinen Lieblings-Freizeitbeschäftigungen. Mit meiner Freundin Julia sind wir des Öfteren mit einem umgebauten VW-Bus auch über Nacht draußen unterwegs. Den Blick dafür hat irgendwo auch die Arbeit in der Bergwacht eröffnet.