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BAD KÖNIGSHOFEN
Was für ein Theater!
Letztes Aufbäumen: Anstatt sich auf seinen Tod vorzubereiten, vergnügt sich der König mit seiner Frau.
Foto: Vossenkaul | Letztes Aufbäumen: Anstatt sich auf seinen Tod vorzubereiten, vergnügt sich der König mit seiner Frau.
Von unserer Mitarbeiterin Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 21.10.2013 15:13 Uhr

Wie gestaltet man ein langatmiges und nicht sehr beliebtes Theaterstück so um, dass es kurzweilig, lustig und zu einem Publikumsmagnet wird? Dieser Aufgabe stellten sich sieben Studenten der Schauspielschule in Berlin-Charlottenburg und bearbeiteten das Stück „Der König stirbt“, einen normalerweise abendfüllenden Einakter des Pariser Dramatikers aus Rumänien, Eugene Ionesco. Das Ergebnis stellten sie am Samstagabend auf Einladung des Lions-Clubs Bad Königshofen im voll besetzten Museumskeller vor und begeisterten das Publikum.

Lions-Präsidentin Hildegard Steinhardt begrüßte die interessierten Zuschauer und lud zum Gespräch mit dem Ensemble nach Ende des Stückes ein. Im Mai fand die Premiere der Inszenierung statt, in Bad Königshofen erfolgte die fünfte Aufführung. Das Original, das mehr als drei Stunden dauert, wurde von den Akteuren auf eine Stunde und zehn Minuten gekürzt, was sehr schwer war, denn der eigentliche dramatische Inhalt sollte nicht verloren gehen.

„Am Ende der Vorstellung bist du tot“, so die trockene Feststellung von Königin Margarete (Ricarda Seifried), der ersten Frau des Königs. Doch der Herrscher Behringer I. (Selami Noak) ignoriert die Mitteilungen seines Arztes und seines Umfelds, anstatt sich auf den Tod vorzubereiten, erinnert er sich lieber an geschlagene Schlachten und längst vergangene Erfolge und klammert sich an seine Macht. „Ich bin der König, ich bestimme allein, was passiert“, teilt er dem verbliebenen kleinen Hofstaat mit, bestehend aus der ersten Königin Margarete, der naiven zweiten Königin Maria (Franziska Pößl), dem Arzt (Curdin Caviezel), dem Wächter (Tobias Steinhardt) und der Bediensteten Julchen (Claudia Rippe).

Seine Versuche, Befehle zu erteilen und sogar das Wetter zu beeinflussen, schlagen natürlich fehl. Als das Ende dann wirklich kommt, haben ihn alle verlassen, bis auf seine erste Frau Margarete, die ihn verbal ins Jenseits geleitet.

Was hat das Theaterstück interessant gemacht? Ein Thema, das alle Menschen berührt, wurde humorvoll, aber nicht pietätlos dargestellt. Jede Figur war gut herausgearbeitet, jede hatte ihren eigenen „Tick“ und zeigte ihren Charakter. Das zackige Schreiten von Margarete, der eigenartige Laufstil des Arztes, die Eigenart Julchens, um den Thron herumzulaufen und alles mit der Zahnbürste zu putzen – die überzeichneten Eigenheiten trugen dazu bei, die Figuren zu verdeutlichen. „In einem absurden Theaterstück ist alles erlaubt“, sagten die Darsteller im Gespräch und so wunderte man sich nicht, dass der König mit Schlafanzughose und Krone herumlief, sein Thron als alten Reifen bestand und er sich plötzlich wie in einer Talkshow (Behringer am Nachmittag) für das Privatleben von Julchen interessierte.

Die Königinnen gifteten sich gesanglich an und die Wache kündigt den König wie bei einem Boxkampf an. Als zusätzlicher Gag wurden die Ansagen der Wache, die das ganze Stück wie Pressemitteilungen begleiteten („Der König will nicht sterben, er hat Angst“) mit einem Pfiff verbunden, bei dem alle Darsteller – bis auf König und Wache – zu Boden fielen.

Mit viel Applaus bedankte sich das Publikum bei den Darstellern, die im Verlauf des sich anschließenden Feedback-Gesprächs zugaben, in Bad Königshofen die „härteste Bühne“ angetroffen zu haben. Sie müssen es wissen, denn bei jedem Pfiff haben sie den „Härtetest“ vollzogen. Körperlich anstrengend war die Vorstellung, aber sie wollten ein körperbetontes und witziges Stück anbieten, bekundete Gabriel Strohler, in dessen Händen die Inszenierung hauptsächlich lag. Curdin Caviezel und die anderen Ensemblemitglieder haben ihre Ideen mit eingebracht. Caviezel hatte die Idee, sich neben dem Schulstoff in die Praxis zu stürzen und stieß bei seinen Recherchen auf das Stück von Ionesco. Damals wusste er nicht, dass es im Original so schlecht angekommen war, erkannte aber gleich, dass die ursprüngliche Länge nicht akzeptabel war.

„Regel Nummer eins ist: Wir müssen Spaß dabei haben, das merken die Zuschauer – ansonsten braucht man gar nicht anzufangen“, teilten die Akteure mit, die bei den Proben viel gelacht haben. Am Ende ist das Sterben aber kein Spaß, das haben die Schauspieler verdeutlicht.

Der Erlös aus der kulturellen Lions-Veranstaltung kommt dem Ensemble und der Jugendarbeit in Bad Königshofen zugute, wie die Präsidentin mitteilte. Ihr Dank galt allen Helfern und besonders der Firma „Reifen-Zehner“, die die alten Autoreifen zur Verfügung gestellt hat.

 
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