Wozu taugt ein alter Traktor überhaupt noch, wenn der für die Feldarbeit zu klein, zu leicht, zu schwach geworden ist?Er darf bestenfalls noch auf leichtere Transportaufgaben hoffen. Den Rest des Jahres steht er nutzlos in Schuppen oder Scheune. Obwohl so ein Oldtimer sehr robust - eigentlich unkaputtbar - ist, ereilte die meisten noch vor Jahren das selbe Schicksal: Sie wurden bedenkenlos verschrottet.
Traditionelle Oldtimer-Ausfahrt
Aber einige Liebhaberstücke blieben erhalten. Zum Glück für Oldtimer-Fans, wie es sie auch in Heustreu und in Unsleben gibt. Seit etlichen Jahren starten sie mit ihren Gefährten zur traditionellen Oldtimer-Fahrt. Jedes Jahr wird ein anderes Ziel gesucht, aber da ist Organisator Otmar Hahn immer sehr einfallsreich. In diesem Jahr war Noahs Segel auf dem Ellenbogen bei Frankenheim in der thüringischen Rhön ihr Ziel.
Acht Traktoren brachen in Heustreu auf, in Unsleben schlossen sich zwei weitere an. Ihr Alter reichte von Baujahr 1953 bis 1974. Manche der Fahrer waren jünger. Die Fahrt führte über Bastheim, vorbei an Unter- und Oberwaldbehrungen, durch Sondheim und Stetten bis Hausen, wo eine kurze Rast eingelegt wurde. Diese tat den Knochen der Mitfahrer gut, denn so ein Oldtimertraktor ist schließlich kein Reiseomnibus. Weiter ging es dann durch Rüdenschwinden, Leubach und Frankenheim.
Defekt drei Kilometer vor dem Ziel
Kurz hinter Frankenheim und drei Kilometer vor dem Ziel fiel zum ersten Mal ein Traktor aus. Das gab es bislang auf keiner Fahrt vorher. Dummerweise war er vier Tage vorher noch in der Werkstatt. Da könnte ein Zusammenhang bestehen. "Never change a running system" oder "Alles lässt sich solange verbessern, bis es die Grätsche macht", unkten die Teilnehmer.
Wegen der Abschlepperei kamen sie leicht verspätet an Noahs Segel auf dem Ellenbogen an. Erwartet und begrüßt wurde die Truppe von Christiane Möller vom Tourismusbüro in Kaltensundheim. Sie erzählte so einiges über den Berg und seine Geschichte. Der Ellenbogen ist 813 Meter hoch und vulkanischen Usprungs. Gleich daneben liegt der höchste Berg der thüringischen Rhön, der Schnitzersberg mit 816 Meter. Die touristische Nutzung begann 1928 mit dem Wanderheim "Eisenacher Haus", das heute als Hotel betrieben wird. Es wurde im nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet und der Ellenbogen diente erst den Russen und dann der Staatssicherheit der DDR als Horchposten. Gut zu sehen war an diesem Tag der andere wichtige Horchposten der Rhön auf der Wasserkuppe. Die Feinde hatten Blickkontakt.
Noahs-Segel-Architekt aus Strahlungen
Im August 2017 wurde der Aussichtsturm "Noahs Segel" eröffnet. Auf der Aussichtsplattform in 21 Metern Höhe hat man einen fantastischen Blick über die gesamte Rhön. Die Gestaltung ist einem Ellenbogen nachempfunden. Der Turm mit Rutsche ist täglich von 8 Uhr bis 20 Uhr geöffnet. Sehenswert ist der Turm aber auch nach Einbruch der Dunkelheit. Ein Lichtspiel lässt ihn in vielen Farben erstrahlen. Architekt von Noahs Segel ist übrigens der Strahlunger Matthias Leicht, in Heustreu bestens bekannt als Planer der Kindertagesstätte und nun verantwortlich für die Neugestaltung der Festhalle. Unter dem Suchbegriff "Ellenbogen Rhön" finden sich weitere touristische Empfehlungen über die Region.
Nach dem Mittagessen im Bergrestaurant "Thüringer Rhönhaus" gab es für die Heustreuer ein weiteres wichtiges Ziel: die Streuquelle. Sie liegt sehr versteckt im Wald und ist genau genommen ein Quellgebiet mit mehreren Wasseraustrittsstellen. Diese sind zum Teil mit Betonschächten gefasst. Man muss schon genau hinsehen, um diese zu entdecken. Die Truppe aus dem Streutal empfahl Möller, mit einem kleinen Hinweisschild an der Landstraße auf die Quelle aufmerksam zu machen.
Keine Komfortzone
Eine Rast im Kirschgarten Mellrichstadt beendete praktisch den gelungenen Ausflugstag. Dort gesellten sich zwei weitere Oldtimerfahrer aus Unsleben mit wirklich alten Fahrzeugen zu den Traktoren. Um halb fünf waren alle wieder zu Hause. Der Schreiber dieser Zeilen fuhr in diesem Jahr auf den Traktoren mit, um die Fahrt einmal aus dieser Perspektive zu filmen. Er kann nur nochmals wiederholen: "So ein alter Traktor hat keine Komfortzone und ist kein Reisebus!"