zurück
Wargolshausen
Wargolshausen: Vierstellige Strafe wegen des Wortes "Malle"
Beim Feuerwehrfest in Wargolshausen verwendeten die Veranstalter für ihre Mallorca-Party das Wort "Malle". Nun meldete sich ein Anwalt - und Marcus Fahn von Bayern 1.
Ikke Hüftgold beim Fest zum 140-jährigen Bestehen der Feuerwehr in Wargolshausen. Bei der Auftaktveranstaltung zum Feuerwehrfest 2018 ahnten die Verantwortlichen im 430-Seelendorf Wargolshausen noch nicht, dass ihnen das Wort 'Malle' eine erhebliche Strafe einbringen wird.
Foto: Markus Büttner | Ikke Hüftgold beim Fest zum 140-jährigen Bestehen der Feuerwehr in Wargolshausen. Bei der Auftaktveranstaltung zum Feuerwehrfest 2018 ahnten die Verantwortlichen im 430-Seelendorf Wargolshausen noch nicht, dass ihnen ...
Markus Büttner
 |  aktualisiert: 27.04.2023 08:51 Uhr

In Wargolshausen versteht man zu feiern. Das kleine Dorf ist bekannt für viele und vor allem immer gut organisierte Feste. Kein Wunder also, dass die Freiwillige Feuerwehr ihr 140-jähriges Bestehen im vergangenen Jahr gebührend feiern wollte. Während viele traditionelle Bierzeltfeste in anderen Dörfern aufgrund steigender Auflagen und Auslagen längst nicht mehr stattfinden, wollten es die Wargolshäuser Floriansjünger noch einmal wissen. Zwei Jahre planten sie und stellten mit viel ehrenamtlichen Engagement ein großes Festzelt auf. Es wurde geschreinert und gewerkelt, eine Bar gemauert und das alte Feuerwehr-Auto umdekoriert. "Das schönste Bierzelt der Region" war das Ziel. Von Donnerstag bis Montag sollte gefeiert werden, wie früher, wie immer. Wohlwissend, dass das Fest durch die frühe Sperrstunde im Landkreis Rhön-Grabfeld und enorme Kosten aufgrund von hohen Sicherheits- und Gesundheitsauflagen kein Selbstläufer werden wird.

Fünf Buchstaben werden zum Verhängnis

Dennoch: Um auch die junge Zielgruppe in der Region anzusprechen, machte eine "Mallorca-Party" den Auftakt zum Festwochenende. Partystimmung wie auf der Urlaubsinsel. Und genau diese wurde dem Dorfverein nun zum Verhängnis. Neben der klassischen Werbung erstellten die Wargolshäuser auch eine Facebook-Veranstaltung. Im Beschreibungstext, nicht im Veranstaltungsnamen, verwendeten sie dort das Wort, das im umgänglichen Sprachgebrauch für die spanische Insel Mallorca steht: "Malle". Und diese fünf Buchstaben haben es in sich. Der Unternehmer Jörg Lück aus Hilden (Nordrhein-Westfalen) hatte sich schon 2002 beim Deutschen Marken- und Patentamt dieses Wort schützen lassen. Seitdem werden regelmäßig Diskothekenbetreiber, Musiker und Partyveranstalter zur Kasse gebeten. Oder eben kleine Vereine. So geschehen nun in Wargolshausen.

"Wir dachten zuerst, das ist eine Masche"

Als Susanne Chevallier, seit Jahren ehrenamtlich in der Funktion der 2. Vorsitzenden im Feuerwehrverein tätig, den Anwaltsbrief las, traute sie ihren Augen nicht. "Wir dachten zuerst natürlich, das ist eine Masche. Da will uns bestimmt jemand reinlegen. Doch nach intensiver Recherche mussten wir feststellen: Das Schreiben ist echt! Jetzt sollen wir einen vierstelligen Betrag zahlen. Das ist für uns als kleinen Dorfverein eine Katastrophe. Vor allem aber auch für die vielen Helfer, die monatelang freiwillig zum Gelingen dieses Fests beigetragen hatten. Wenn nach so einem Kraftakt fast nichts für den Verein übrigbleibt, dann ist das einfach sehr traurig. Und dass es überhaupt möglich ist, solch einen gängigen Begriff, der fest im umgänglichen Sprachgebrauch verankert ist, als Marke zu schützen, das hätten wir uns im Leben nicht träumen lassen." Auch der bekannte Moderator Marcus Fahn hat von dem Fall erfahren und in seiner Morgensendung auf Bayern 1 dreimal über den Rechtstreit der Wargolshäuser Wehr berichtet.

Unwissenheit schützt vor Klage nicht

"Natürlich schützt Unwissenheit vor Strafe nicht. Doch da ist es doch ganz offensichtlich, dass es sich nicht um den Schutz einer Marke handelt, sondern um reine Geldmacherei. Und wenn die Anwaltskanzlei sogar einen Streitwert von bis zu 50 000 Euro zugrunde legt, dann bekommst du als Laie einfach Angst", so Chevallier weiter.

Nachdem verschiedene Möglichkeiten im Vereinsvorstand diskutiert wurden, entschied sich die Freiwillige Feuerwehr für einen außergerichtlichen Vergleich. Sie wollten das Thema beenden und sie zahlten - und lernten. "Wir werden uns sehr gut überlegen, ob wir überhaupt nochmal eine Veranstaltung in dieser Größenordnung abhalten werden." Die Auflagen und die Gefahr unwissend irgendetwas falsch zu machen seien einfach zu groß.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Wargolshausen
Markus Büttner
Anwaltsbüros
Bars
Debakel
Feuerwehren
Feuerwehrvereine
Patentämter
Rechtsstreits
Sprachgebrauch
Strafarten
Wörter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • S. M.
    Wenn das tatsächlich die aktuelle Rechtslage ist, dann haben wir Scheiß-Gesetze.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. R.
    Es gibt Leuten denen würde ich kein Klopapier bringen, wenn sie mit Durchfall auf dem Topf sitzen, der Anwalt gehört dazu!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. N.
    Hmm, darf dier Gemeinde Malle in der belgischen Provinz Antwerpen, dann keine öffentliche Werbung mehr für eine Dorfparty mehr machen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • C. N.
    Wie andere Menschen dich behandeln, ist ihr Karma, wie du reagierst, ist deins.
    Und die Versuchung von Gier ist eine der größten Prüfungen im Leben!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Das ist Abzocke und der Gesetzgeber lässt das zu. Wenn du in Deutschland ein Fest organisieren willst brauchst du erst mal einen Anwalt und danach die freiwilligen Helfer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • g. r.
    Recht so!
    Seit wann darf/muss man den Menschen weiß machen Wargolshausen läge auf Mallorca, damit da richtig was ab geht?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. M.
    Also, wenn das so einfach ist, dann lasse ich mir nun das Wort "Party" schützen! Dann gibt´s Kohle ohne Ende!!! Es ist unfassbar, dass so ein windiger Anwalt sich ein im allgemeinen Sprachgebrauch inzwischen übliches Wort schützen lassen kann. Vor allen Dingen gibt es den Begriff für Mallorca schon länger und er hat das garantiert nicht kreiert. Das Marken- und Patentrecht muss dringend überarbeitet werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. S.
    Nicht nur das Marken-u. Patentrecht, ein großer Teil des gesamten "Rechtssystems" müßte dringendst überarbeitet werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. L.
    dass sich jemand überhaupt eine umgangssprachliche Bezeichnung für ein geographisches Gebiet schützen lassen kann ,ist an sich schon unglaublich.
    Man fasst es nicht, was heutzutage alles an Schwachsinn u. Geldgier möglich ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. B.
    Es ist einfach nur noch traurig. Da wird durch geldgierige Leute, die auch noch dazu weit entfernt wohnen, so viel an dörflicher Kultur kaputt gemacht, die nie mehr zurückkommen wird. Das Leben geht weiter, klar. Oder häng' ich da als Älterer nur nostalgischen Gedanken nach und werde zur Antwort bekommen: "Ist halt so."? Schade.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. M.
    Traurig was in Deutschland mittlerweile alles möglich ist. Es kommt noch soweit dass niemand mehr etwas organisiert, weil man vor lauter Vorschriften immer Angst haben muss, dass man hinterher eine saftige Strafe kassiert. Einfach nur noch lächerlich!!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten