Wenn man als Laie an das Thema Landwirtschaft denkt, hat manch einer vielleicht noch die romantisch verbrämten Bilder eines alten Deutz und eines der berühmten "Mondscheinbauern" vor Augen, die das Feld bewirtschaften. Dass dieses Bild mehr als schief ist, zeigt sich jedoch in der Realität: Laut Statistischem Bundesamt aus dem Jahr 2019 leben heute noch rund zwei Prozent der Deutschen von der Landwirtschaft. Das bedeutet aber auch, dass die Bewirtschaftung ohne große und komplexe Maschinen überhaupt nicht mehr möglich ist. Eine Maschine, die im Einsatz ist, muss laufen. Und wenn sie defekt ist, muss sie schnellstmöglich repariert werden.
Wer wüsste das besser als Tim Wolf. Im heimischen Betrieb steht er gerade vor einem Schlepper, der einen Defekt hat. Wo früher der prüfende Blick des Mechanikers das erste gewesen wäre, ist das heute etwas anders. Wolf hat seinen Laptop angeworfen und diesen über das Mobilfunksystem des Traktors gekoppelt. "Mit dem Programm des Herstellers kann ich den Fehler lokalisieren", erklärt er. Schnell ist der Fehler gefunden, jetzt kann er sich an die Reparatur machen.
Ohne gute Ausbildung geht nichts
Es ist ein Szenario, wie es im Familienbetrieb Wolf Land-, Förder- und Gartentechnik fast täglich vorkommt. Ohne eine gute Ausbildung geht heute nichts mehr. Dementsprechend komplex ist der Beruf des Landmaschinenmechatronikers. "Die Ausbildung ist sehr vielfältig und abwechslungsreich", weiß Tim Wolf aus eigener Erfahrung zu berichten. Der 23-Jährige hat den Beruf bei der Firma Geier in Unterspießheim erlernt, 2019 hat er seinen Meister gemacht. Dabei hat er so gut abgeschnitten, dass ihm sogar der Bayerische Staatspreis verliehen wurde.
Schon als Jugendlicher an allen möglichen Geräten geschraubt
Mittlerweile arbeitet er im Familienbetrieb in Brendlorenzen. Dass es genau dieser Beruf ist, den er lernen will, war ihm von Anfang an klar. "Schon als Jugendlicher schraubte ich in jeder freien Minute an allen möglichen Geräten", erzählt er. Außerdem war er natürlich als Kind mit seinem Opa unterwegs bei den Kunden, was ihm schon damals viel Freude machte.
Viel hat sich geändert, seit der Betrieb im Jahr 1936 als Reparaturbetrieb für landwirtschaftliche Geräte und Lohndreschunternehmen durch Maschinenbaumeister Johann Wolf gegründet wurde. Besonders deutlich wird das, wenn man in den Verkaufsraum blickt. Rasenmäher und Mähroboter für den Privatmann sowie Motorsägen gibt es hier zu kaufen. Aber auch Pkw-Anhänger, Hochdruckreiniger und Motorsägen. Im Hof stehen drei Teleskoplader, die man in Augenschein nehmen kann. Natürlich werden auch Schlepper verkauft sowie Güllefässer, Fördertechnik und vieles weitere. Dies alles und noch viel mehr muss man als Landmaschinenmechatroniker reparieren können. Dass man hierzu nicht nur sehr viel Wissen, sondern auch die Gabe braucht, sich in die technischen Gerätschaften hinein zu fuchsen, liegt auf der Hand.
Die große Abwechslung ist für Tim Wolf das Schöne am Beruf
"Die Tätigkeit ist sehr abwechslungsreich, man kann hier viel Erfahrung sammeln. Das ist auch das Schöne an diesem Beruf", sagt Tim Wolf. Vom kleinen Mähroboter bis zum Großflächentraktor muss man alles beherrschen. "Meine Erfahrung ist, dass es vor allem wichtig ist, ein technisches Verständnis zu haben. Das Augenmerk liegt nicht nur auf den Schulnoten, wenn man den Beruf erlernen möchte. Wichtiger ist es, den Ehrgeiz zu entwickeln, die Probleme zu lösen", weiß der Mechatroniker-Meister aus eigener Erfahrung. Flexibel muss man für diesen Beruf auf jeden Fall sein. Die Technik schreitet mit großen Schritten vorwärts. Bei der Firma Wolf ist es so, dass mindestens zwei Monteure auf eine Maschine geschult sind. "So können wir gewährleisten, dass wir vor Ort schnell und unkompliziert Reparaturen durchführen können", führt Tim Wolf aus. Lebenslanges Lernen sei in diesem Bereich sehr wichtig.
Teilweise müsse man für Reparaturen gar nicht mehr vor Ort sein. "Die Digitalisierung ist so weit fortgeschritten, dass wir beispielsweise für Traktoren Fernsupport bieten können", erläutert Wolf. Per Laptop können sich die Techniker über die Mobilfunkverbindung direkt in den Traktor einloggen, diesen analysieren und kleinere Fehler sofort online beheben. "Voraussetzung ist, dass man eine gute Infrastruktur für die IT-Technik hat", so Wolf. Deshalb wurde sehr viel Geld investiert, um hier auf den neuesten Stand zu sein. Doch nicht nur bei den großen Schleppern ist der Laptop als Arbeitsgerät nicht mehr wegzudenken. Selbst bei Mährobotern, Rasenmähern und Motorsensen kommen elektronische Analysetools zum Einsatz, die es leicht machen, die Fehler zu finden.
Enger Kontakt zum Kunden ist wichtig
Reparaturen könnten so einerseits schneller, andererseits oft auch kostengünstiger durchgeführt werden. "Wenn man das Problem lösen und dem Kunden weiterhelfen kann, dann ist man schon auch stolz auf die eigene Leistung. Besonders Spaß macht es, wenn man am Ende des Tages weiß, dass man hier selbst etwas geschafft hat", sagt Wolf. Auch die Kunden zeigten sich oft sehr dankbar, wenn man ihnen helfen konnte. "Mir ist es deshalb auch wichtig, nicht nur als Verkäufer tätig zu sein, sondern immer engen Kontakt zum Kunden zu haben."
Wichtig für den Beruf ist es, relativ flexibel und spontan zu sein. "In der Saison kann es schon einmal sein, dass man eine halbe Nacht durcharbeiten muss", berichtet Tim Wolf. Schließlich müssen die Schlepper, Mähdrescher und andere Geräte besonders in arbeitsreichen Zeiten immer verfügbar sein. Die Saison geht übrigens von Anfang April bis Ende Oktober. "Manchmal gibt es schon Tage im Sommer, an denen man im lieber im Freibad sein möchte", sagt Tim Wolf mit einem Schmunzeln. Aber andererseits werde es nach der Saison auch immer etwas ruhiger. Dann ist Zeit, die Schulungen für die Mitarbeiter durchzuführen und sich so fortzubilden.
Tim Wolf will eigenes Wissen weitergeben
Auch wenn die Arbeit im Betrieb stressig sein kann. Tim Wolf lässt es sich nicht nehmen, nebenberuflich angehende Landmaschinenmechaniker und -meister in der Fahrzeugakademie Schweinfurt zu unterrichten - sowohl theoretisch als auch praktisch. "Mir macht es extrem viel Spaß daran mitzuwirken, jungen Menschen etwas beizubringen. Es ist schön, wenn man sieht, wie sie ihr erworbenes Wissen dann umsetzen können", so Tim Wolf. Die Firma Landmaschinen Wolf hat selbst zwei Auszubildende."Nachwuchssorgen haben wir im Moment keine", sagt Wolf. Allerdings sehe das in anderen Betrieben teilweise anders aus. Wenn man einmal den Beruf des Landmaschinenmechatronikers erlernt hat, sieht er gute Chancen, entweder übernommen zu werden oder woanders eine Stelle zu finden. Die Fortbildungsmöglichkeiten nach der Ausbildung seien sehr gut, man könne auch die Meister- oder Technikerschule besuchen.
Tim Wolf ist jedenfalls froh, sich genau diesen Beruf ausgesucht zu haben. Und er freut sich, die Tradition im Familienbetrieb Wolf fortführen zu können. Auch, wenn in den vergangenen Jahrzehnten die Technik große Sprünge gemacht hat. Aber genau das ist für ihn eines der Dinge, die seinen Beruf reizvoll machen.