
Michael Schlauraff ist heute Pfarrer im evangelischen Bibra in Thüringen. Vor 30 Jahren, am 30. Juni 1990 - der Tag vor der Währungsreform -, war er im Internat der kirchlichen Hochschule in Naumburg. Die Studenten feierten ein Sommerfest, die Stimmung war ausgelassen. Um Mitternacht ließen sie Hunderte von kopierten Geldscheinen durchs Treppenhaus flattern lassen. So feierten die Studenten den Abschied von der DDR-Mark.

Gertraute Koch war zu dieser Zeit Angestellte der Kreissparkasse Meiningen. "Die Menschen standen am Montag, 2. Juli, Schlange, um Geld zu tauschen", erinnert sie sich. Die Bank hatte große Tresorräume, in denen Tage zuvor genügend Geld eingelagert wurde.

Ralf Luther, ehemaliger Landrat aus Meiningen, erzählt, dass man in den Dörfern Geld mit den Nachbarn tauschte. "Einige hatten viel Geld und gaben davon etwas ab, damit auch die Ärmeren im Ort die neue Währung schnell bekamen." Es war eine aufregende Zeit, denn die Geldtransporte fuhren ja über Land und waren entsprechend bewacht.
Laut Angelika Hoyer, heute Kreisarchivarin am Landratsamt Meiningen, waren diese Transporte natürlich geheim und fanden meist in den Nachtstunden statt. Wenn die Menschen aber sahen, dass im Ort plötzlich Polizeibeamte eine Straße absicherten, kamen viele, um den Geldtransport zu beobachten. "So was sieht man ja nicht alle Tage." Oftmals haben in den DDR-Orten die gepanzerten Fahrzeuge nicht ausgereicht. "Dann wurden die DDR-Gefangenen-Autos, die durch Gitter gesichert waren, als Geldtransporter genutzt", so Ralf Luther.
DDR-Geld in Kisten und Waschkörben gesammelt
Gertraute Koch erinnert sich an die Tage nach dem 2. Juli, als die Umtauschaktion begann. Da habe man das DDR-Geld in Kisten und Waschkörben gesammelt und zur Bundesbank transportiert, wo es vernichtet oder eingeschmolzen wurde. Die ersten Umtauschtage seien stressig gewesen, denn die Menschen wollten alle schnellstmöglich die D-Mark haben. "Wir haben bei uns in der Bank alles rekrutiert, was möglich war, selbst unsere Ruheständler mussten wieder mit einspringen."

Pfarrer Michael Schlauraff, damals 20 Jahre jung, hatte für sich vorgesorgt und in den Wochen zuvor immer wieder D-Mark, die ihm von Bekannten, unter anderem zur Konfirmation, geschenkt worden waren, auf die Seite gelegt. "Auch vom Begrüßungsgeld hatte ich noch etwas übrig." So war es für ihn ein Leichtes, am Sonntagabend im Ratskeller von Naumburg zum Essen zu gehen und mit D-Mark zu bezahlen. "Es war schon ungewöhnlich, denn in der Kneipe waren kaum Gäste." Schmunzelnd erzählt er, dass er schon zuvor des Öfteren mit D-Mark bezahlte, was ja viel günstiger war, als die DDR-Mark.
"Wir wurden förmlich überrollt"
Holzbildhauer Dieter Frank aus Milz erinnert sich noch, dass er nach Römhild zur dortigen Sparkasse ging. "Da haben wir das, was wir im Geldbeutel in bar hatten, umgetauscht." Es sei recht zügig gegangen, da es keine Warteschlangen, wie in Meiningen, gab. Angelika Hoyer aus Hermannsfeld erklärt: "Wir wurden förmlich überrollt, von dem, was da plötzlich alles auf uns zukam". Es sei eine aufregende, aber doch auch schöne Zeit gewesen.

In diesem Zusammenhang weiß Ralf Luther, damals Landrat im Landkreis Schmalkalden und ab 1994 im neuen Landkreis Schmalkalden-Meiningen, dass der Vertrag über eine Währungsunion am 18. Mai 1990 unterschrieben wurde und am 1. Juli 1990 in Kraft trat. Dies alles im Vorfeld der Wiedervereinigung im Oktober des gleichen Jahres. Beim Umtausch gab es unterschiedliche Sätze. Löhne, Gehälter, Renten, Mieten und andere "wiederkehrende Zahlungen" wurden 1:1 umgestellt. Bei Bargeld und Bankguthaben waren die Regelungen komplizierter: Kinder unter 14 Jahren konnten bis zu 2000 DDR-Mark im Verhältnis 1:1 umtauschen, 15- bis 59-Jährige bis zu 4000 DDR-Mark, wer älter war bis 6000 DDR-Mark. Darüber hinausgehende Beträge, also auch größere Geldvermögen, wurden im Verhältnis 2:1 umgestellt; Kredite und andere Verbindlichkeiten 2:1.
50-Pfennig-Stücke wurden gehortet
Die Münzen von einem bis 50 Pfennige galten allerdings für eine Übergangsfrist weiterhin als gesetzliches Zahlungsmittel, was dazu führte, dass in den Wochen vor der Währungsunion besonders die 50-Pfennig-Stücke gehortet wurden, da sie auch nach dem 1. Juli noch verwendet werden konnten.
Für die Währungsumstellung wurden 440 Millionen Banknoten im Wert von 27,5 Milliarden DM mit 460 Tonnen Gewicht in 22 000 Packbeuteln in die DDR transportiert. Ein Packbeutel enthielt 20 Pakete zu je 1000 Banknoten. Aus Zwischenlagern wurden die Banknoten an die Bankfilialen verteilt.
In einer vorherigen Version war davon die Rede, dass Ralf Luther 1990 Landrat in Meiningen war. Das stimmt nicht. 1990 war Luther Landrat im Landkreis Schmalkalden, ab 1994 im neu entstandenen Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.