Schwester Mechthild ist in ihrem Arbeitszimmer im Karmel von Rödelmaier von Kerzen umringt. Da gibt es die kleinen, die mittleren und die großen Wachsstöcke. Vor ihr liegen Wachsplatten in Gold, Rot, Gelb oder auch Blau. „Die brauche ich alle, wenn ich die Kerzen dann verziere“, sagt die Schwester. Über 30 verschiedene Osterkerzen hat sie in diesem Jahr schon gefertigt, und alle sind ein Unikat, denn jede wird mit viel Fingerspitzengefühl eigens gefertigt. In den letzten Monaten waren es vor allem Osterkerzen, sagt Schwester Mechthild. Doch auch nach Ostern geht die Arbeit weiter: „Nun kommen die Kommunionkerzen dran.“

Die Motive der Osterkerze sind verschieden. Allerdings fällt auf, dass einige der Kerzen zwei Personen zeigen. „Das sind Thomas und Jesus“, sagt die Schwester und erklärt die Bibelstelle vom ungläubigen Thomas. Darin heißt es, dass Thomas nicht glauben wollte, dass Jesus auferstanden ist. Erst wenn er seine Finger in die Wundmale legen könne, wolle er es glauben. Als Jesus dann den Jüngern erschien, bat er Thomas seine Finger in die Wunden zu legen, damit er glaube. „Genau das habe ich auf der Osterkerze dargestellt. Es ist das Motiv dieses Glaubensjahres.“

Daneben sieht man eine Kerze mit einem großen Kreuz in Rot. In ihm erkennt man Weintrauben und Weizenähren. „Das soll an Brot und Wein erinnern und damit an das letzte Abendmahl und das Vermächtnis Jesu an seine Jünger und uns alle.“ Schwester Mechthild, das merkt man schnell, fertigt nicht irgendwelche Motive, sondern sieht dahinter stets den biblischen Sinn.

Besonders stolz ist sie auf eine große Kirchenkerze, die ein Kreuz und einen Regenbogen zeigt und natürlich, wie bei allen Osterkerzen, die griechischen Buchstaben Alpha und Omega, die Anfang und Ende bedeuten. „Es ist eine Osterkerze für eine evangelische Kirche im Schweinfurter Raum“, sagt sie, und drückt schnell noch einmal den Regenbogen etwas fester und prüft, ob die Buchstaben auch gerade sitzen.

Fingerspitzengefühl ist da schon notwendig, oder? „Ach wissen Sie, das weiß ich jetzt gar nicht, ich mache das schon so lange und es macht mir halt auch viel Freude.“

Seit 15 Jahren fertigt sie Osterkerzen. Angefangen hat es ganz klein im Jahr 1998, damals wurde man auf diese Klosterarbeit aufmerksam und nach und nach kamen immer mehr Bestellungen. Pro Tag wird heute eine Osterkerze fertig. Fast entschuldigend verweist die Schwester darauf, dass sie auch den Pfortendienst übernimmt. „Immer wenn es klingelt, muss ich halt aufhören, und deshalb dauert es seine Zeit.“ Helle Farben sind es, die bei einer Osterkerze verwendet werden, natürlich ist auch Gold dabei. Ein Lamm aus Wachsplatten zu schneiden oder gar den Auferstandenen zu modellieren, das ist für Schwester Mechthild kein Problem.

Schon in der Schule war sie kreativ tätig. Irgendwann entdeckte sie dann ihre Begabung, die verschiedensten Motive auf eine Kerze zu bringen. Oftmals sind diese Motive ganz klein, zum Beispiel die Konturen eines Fisches in einem Millimeter großen Goldstreifen, eine Ähre oder feine Verzierungen. „Das ist nicht schlimm, das bekommt man in den Jahren immer besser hin.“

Mit ihr fertigt auch Schwester Clara Maria Kerzen und beide Schwestern sind in diesen Tagen natürlich „ausgebucht“. Die Auftraggeber, meist Kirchengemeinden, kommen aus dem Landkreis, aber auch aus Fulda oder dem Schweinfurter und Münnerstädter Raum.

Natürlich gibt es verschiedene Vorlagen für Osterkerzen, sagen Schwester Mechthild und Schwester Clara Maria, aber die eigenen Ideen auf eine Kerze zu bringen, das ist doch etwas anderes. „Wir holen uns zwar Anregungen, aber dann fließen doch unsere eigenen Vorstellungen mit ein.“ Wie ihre Osterkerzen draußen in den Pfarreien ankommen, das wissen sie nicht, denn sie dürfen ja nicht das Kloster verlassen.

Lediglich die Kerze in der Kirche von Rödelmaier, die sehen sie am Altar brennen. Wenn dann in der Osternacht „Das Lumen Christi“ gesungen wird, dann kann es sein, dass dazu eine Osterkerze „Made im Karmel Rödelmaier“ dabei ist.