Am 4. November 1961 läuteten die Hochzeitsglocken in der Gartenstadt. Erika und Erwin Gruber gaben sich das Ja-Wort und schlossen den Bund für das Leben. Am heutigen Donnerstag feiern sie Diamantene Hochzeit und das in der Stadt, in der Erikas Wiege stand: In Wien. Erika erblickte am letzten Tag des Jahres 1939 als älteste Tochter von Kurt und Johanna Horchler das Licht der Welt. Ihr Vater war als Berufssoldat in Wien stationiert und so verbrachte sie auch ihre Kindheit in der Österreichischen Hauptstadt. Von dort aus ging es weiter nach Thüringen, wo sie in Meiningen lebte.
Es war Urlaubszeit. In Rödelmaier lebten Bekannte aus Wien. Diese besuchte sie und irgendwie dauerte der Urlaub länger als geplant. Die genehmigte Zeit war überschritten und sie musste sich hier im Westen neu orientieren. Erwin Gruber, als zweitältester Sohn von Xaver und Regina Gruber am 11. November 1937 in Walkershofen im Kreis Uffenheim geboren, kam mit drei Jahren in die damals neue Bad Neustädter "Ingebrand-Siedlung". So fand er in der Gartenstadt eine neue Heimat und machte seinen Weg.
Liebe auf den zweiten Blick
1954 wurde er für hervorragende Leistungen bei der Gesellenprüfung von der Industrie- und Handelskammer ausgezeichnet. Während seiner Werkstatt-Tätigkeit bildete er sich immer weiter, bis er 1965 in das Angestelltenverhältnis bei Siemens im Bereich der Eigenfertigung kam. Seinen Wissensdurst stillte er in zahlreichen erfolgreich abgeschlossenen Fachkursen. Dies sollte sich für für die Zukunft auszahlen. Er bekam die Verantwortung als Projektleiter für neue Hausgeräte bei BSH und die Hauptverantwortung für Sonderaufgaben übertragen. Dabei war er der Werksleitung direkt unterstellt.
Nach 49 Jahren sagte er aus eigenem Wunsch dem Arbeitsleben "Ade" und ging in den Ruhestand. Erika Gruber arbeitete 28 Jahre als kaufmännische Angestellte bei der Firma Forbach und AEG. Aus familiären Gründen beendete sie ihre berufliche Tätigkeit. Doch wie kamen die beiden eigentlich zusammen? Es war damals Tanz in Rödelmaier. Ein paar gemeinsame Runden auf dem Parkett und flüchtige Blicke. Auf die Frage, ob es Liebe auf den ersten Blick war, schauten sich Erika und Erwin nun an. Und einigten sich darauf, dass es Liebe auf den zweiten Blick war.
Viele tausend Kilometer gemeinsam auf dem Rad
Erika wollte eigentlich nicht hier in der Vorrhön bleiben und wusste nicht, ob sie den netten jungen Mann vom Tanz noch einmal sehen wird. Erwin besorgte ihr ein Zimmer in Bad Neustadt, brachte ihr Holz, damit sie es warm hat und umsorgte sie liebevoll. "Mit Holz und Kohle kam auch die Liebe", so Erika mit einem Lächeln im Gesicht. Ein halbes Jahr später zog sie mit in den Gartenstädter Fliederweg. Sie wohnte oben, er unten und nach vier Jahren zeigte sich die sehr christliche Mutter von Erwin zufrieden, dass die Hochzeitsglocken läuten sollen.
Erika war kurz vor ihrem 22. Geburtstag und Erwin war gerade 24 Jahre alt. Die Papiere für die Hochzeit mussten aus Wien angefordert werden. 1966 kam Sohn Holger auf die Welt, der heute in Rödelmaier wohnt und so schließt sich der Kreis. Fahrradfahren ist die große Leidenschaft der beiden. Etappenweise erradelten sie die Weser, die Donau, den Rhein oder die Elbe. Etliche 1000 gemeinsame Kilometer auf dem Rad.
Steht das Rad, dann geht es auf vier Rädern durch die Welt. Jedes Wochenende werden Städte und Burgen mit vollem Picknick-Korb besucht. Zur Stärkung hat Erwin am liebsten Frikadellen seiner Erika oder Nudeln in allen Variationen. Zur Diamantenen Hochzeit ging es nun mit Sohn Holger nach Wien.