Der Erste Weltkrieg endete am 11. November 1918 mit dem Waffenstillstand zwischen Deutschland und den alliierten Siegermächten Frankreich, Großbritannien und den USA. Er kostete über 17 Millionen Menschen, Soldaten wie auch Zivilisten, das Leben. Am Kriegsende stand eine ganze Generation von Witwen, vaterlos aufwachsenden Kinder und kriegsversehrten Heimkehrern.
Diese kamen oft erst Jahre später wieder zu ihren Familien zurück. In der Heimatzeitung "Bote vom Grabfeld" findet man in den Jahren 1919 bis 1920 und danach zahlreiche Berichte und vor allem immer wieder Danksagungen der Heimkehrer. So hieß es zum Beispiel aus Aubstadt: "Am Samstag kehrte der Letzte, der noch von unserem Ort in Gefangenschaft schmachtende heim, nämlich der Sohn Richard des Landwirts Gottlob Hey, welcher sich seit 1918 in franz. Gefangenschaft befand." Oder am 20. Februar 1919: "Nach 19 Monaten französischer Gefangenschaft kam Josef Weis von Merkershausen in seiner Heimat an. Unter den Klängen der Musik zog er ins festlich geschmückte Vaterhaus. Nun erwarten wir noch zwei unserer Gefangenen, einen aus Frankreich und einen aus dem fernen Japan."
Die Heimkehr eines Kriegsteilnehmers war immer ein festlicher Anlass
Für die Bevölkerung war die Heimkehr eines Kriegsteilnehmers, der in Gefangenschaft geraten war, immer ein festlicher Anlass. In Merkershausen wurde am 9. Januar 1919 eine Ehrenpforte errichtet. Durch diese wurden die Heimkehrer in Begleitung des Militär- und Gesangvereins mit Fahnen sowie der Gemeindeverwaltung, weißgekleideten Ehrenjungfrauen und der Schuljugend, die weißblaue Fähnchen schwenkten, geleitet und von der gesamten Bevölkerung herzlich empfangen. Nach einem feierlichen Dankgottesdienst, bei dem insbesondere der gefallenen Söhne der Gemeinde gedacht wurde, feierten die Merkershäuser die Rückkehr ihrer Soldaten im Gasthaus "Zum Grabfeld".
Über all dieses Geschehen weiß Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert in Sternberg bestens Bescheid. Er nennt beispielsweise Dr. Karl Rügheimer aus Sternberg. Dieser erlebte als zehnjähriger Junge das Kriegsende und schrieb seine Erinnerungen in den 1990er Jahren auf: "In der Gemeinde Sternberg war nach dem Heiligen Abend 1918 eine große Familienfeier im Gasthaus Zur Rose angesetzt. Die Sternberger Frauen hatten sich zusammengetan, um ihren Männern, die aus dem Krieg heimgekehrt waren, ein Festmahl zu bereiten", heißt es da.
Nicht in jedem Fall wusste man, ob der Mann oder Sohn zurückkommen wird. Vielleicht war die letzte Feldpostkarte erst vor Kurzem abgesandt worden, vielleicht war eine Nachricht aber auch seit Wochen nicht angekommen. Man hoffte, dass doch nicht in letzter Stunde noch Schlimmes passiert sein möge - und dann stand oft ganz überraschend der Soldat auf dem Hof oder in der Stubentür.
Glück und Leid Tür an Tür
Es gab viele glückliche Begrüßungen aber auch traurige Ereignisse. So berichtet Rügheimer von einer Mathilde Dietrichs in Sternberg. Sie nahm nicht am Fest teil und schaute nicht zum Fenster heraus - ihr Mann war gefallen. Zwei Häuser weiter trauerte die Familie Eisenmann um den Sohn und Hoferben Eugen. Daneben hatte der Firnschilds Schuster seinen ältesten Sohn im Krieg verloren. Der "Bätze Hann", der Schreiner von Sternberg, war bei den letzten Gefechten in französische Gefangenschaft geraten, und die Franzosen hielten ihre deutschen Kriegsgefangenen für lange Zeit fest. Die deutschen Männer mussten beim Aufbau der zerstörten Städte helfen. Immerhin, die Familie Bätz hatte Nachricht aus Frankreich. Der Vater war am Leben.
Es fehlte an allem
"Es war eine schwere Zeit damals", sagt Reinhold Albert und blättert in seinen Archivunterlagen. Viel war im Krieg zerstört worden und nun fehlte es an allen Ecken und Enden, an Lebensmitteln, Kleidung, Wäsche, Schuhwerk. Man musste mit Bezugsscheinen, mit Tauschhandel und Selbsthilfe wirtschaften. An den Winternachmittagen saßen die Männer in der Stube und bastelten aus alten Filzresten Hausschuhe, "Tappen" genannt. Besohlt wurden diese mit Schweinehaut, die man beim Schlachten von den Speckseiten ablöste, ehe der Speck geräuchert wurde.
Die Koppel der militärischen Ausrüstung ergaben Stallhalfter oder Lederstreifen, mit denen die Dreschflegel repariert wurden. Die Uniformröcke wurden zu Jacken für die Buben umgearbeitet. Feldgraue Soldatenmäntel dagegen hielten sich noch jahrelang im Straßenbild, weil sie nur in den Wintermonaten getragen wurden. Bauern im feldgrauen Mantel gehörten so auch zum Bild der Viehmärkte in Königshofen, Neustadt und Mellrichstadt.