
Es ist offensichtlich: Die Menschen entdecken wieder die eigenen Obstbaumbestände in ihrem Garten oder in der Flur. Jedenfalls hatte Michael Löhr, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Bad Königshofen-Ipthausen, für einen Obstbaumschnittkurs so viele Anmeldungen wie noch nie. Kompetenter Kursleiter war Gartenfachberater Georg Hansul vom Landratsamt Rhön-Grabfeld in Bad Neustadt. Er musste viele Fragen beantworten und sprach von schlafenden Augen, Fruchtmumien und Wundheilung.
Fruchtmumien sind Früchte, die am Baum verblieben sind und dort vertrockneten. Sie müssen entfernt werden, weil sie sonst die jungen Früchte infizieren, die dann faulen. Schlafende Augen sind Astbereiche, die momentan nicht ausschlagen, aber bei Bedarf wieder Zweige bilden, erfuhren die Umstehenden. "Ein starker Schnitt verursacht einen starken Neuaustrieb", sagte der Gartenfachberater und auch, dass ein Rückschnitt einen Neuaustritt mit sich bringt. Georg Hansul sprach den Erziehungsschnitt an, wobei es um das Einkürzen einjähriger Triebe geht, mit dem Ziel, Verzweigung zu bekommen und das Dickenwachstum des verbleibenden Triebteils zu erreichen.
Damit werde zunächst ein stabiles Astgerüst aufgebaut, bestehend aus Ästen erster, zweiter und dritter Ordnung. Sogenannte Leitäste sollten einen Winkel von 45 bis 60 Grad zur Stammverlängerung bilden. Die Interessierten erfuhren, dass nach acht bis zehn Jahren der Baum in die Ertragsphase kommt, in der er bei guter Pflege oft 50 bis 60 Jahre bleiben kann. Notwendig wird aber ein Erhaltungsschnitt. Was es damit auf sich hat, wurde beim Obstbaumschnittkurs schnell klar: Wichtig sind sogenannte Ableitungsschnitte an Verzweigungsstellen. Mit zunehmendem Fruchtertrag biegen sich die Äste und es muss nun nach Zweigen gesucht werden, die wieder mehr nach oben in den ursprünglich angelegten Winkel von 45 bis 60 Grad zeigen. "Erhaltungsschnitt bedeutet immer Ableiten, keinesfalls Anschneiden einjähriger Triebe."
Georg Hansul: Dies ist ein Fehler, der in vielen Hausgärten gemacht wird, weil versucht, wird einen Baum künstlich kleinzuhalten. Anhand eines richtig alten knorrigen Apfelbaumes demonstrierte er einen Verjüngungsschnitt. Dieser besteht auch aus Ableitungsschnitten, wie beim Erhaltungsschnitt, jedoch sind diese Schnitte kräftiger. Dabei wird versucht, eine Kronenentlastung herbeizuführen, die einem Astbruch vorbeugen soll. Vor allem bei Apfel- und Birnbäumen, die ein sehr gutes Regenerationsvermögen haben, können diese damit in die Ertragsphase zurückgeholt werden, sagte Georg Hansul. Das wiederum bedeute eine Lebensdauer von mehr als 100 Jahren, die sichergestellt werden kann. Davon gibt es nach Aussage von Kreisfachberater Georg Hansul viele Beispiele vor allem auch in den Fluren von Rhön und Grabfeld.
Von: Hanns Friedrich, für den Obst- und Gartenbauverein Bad Königshofen-Ipthausen
