„Des hob ich aa noch net erlebt, dass mir im Wald enner enn Blummestrauß und a Urkune übergabe hot!“ Überrascht zeigte sich Anita Schneider aus Unterwaldbehrungen, als dieser Tage unerwarteter Besuch bei ihr im Wald auftauchte. Doch besondere Anlässe rechtfertigen auch besondere Schritte. Und die unternahmen Bürgermeisterin Anja Seufert und Förster Andreas Henig, um mit Anita Schneider und Theresia Trapp aus Reyersbach zwei langjährige und verdiente „Pflanzfrauen“ gebührend zu ehren.
Verschwitzt, ein wenig außer Atem, aber mit einem Strahlen im Gesicht nahmen die beiden Eckpfeiler des Bastheimer Pflanzfrauen-Teams die Würdigung entgegen. Gerade waren sie noch mitten im Dickicht gestanden, umgeben von hohem Gras, von Wildpflanzen und Schlinggewächsen und hatten mit ihrem „Schneidstumpf“, ihrer Sichel, junge Baumpflanzen von bedrängendem Unterwuchs befreit.
Mit dem sogenannten „Ausgrasen“ sind die beiden „Waldkulturfrauen“ nun schon seit über 60 Jahren (Anita Schneider), beziehungsweise knapp 50 Jahren, (Resi Trapp) neben der Pflanzung von Baum-Nachwuchs beschäftigt. Angesichts dieses enorm langen Zeitraums dankte Bürgermeisterin Anja Seufert den beiden „Urgesteinen“ mit einem Blumengruß und ernannte sie schmunzelnd zu „Ehrenwaldbürgerinnen“.
Bereits im zarten Alter von 13 Jahren hatte Anita Schneider bei der Waldarbeit in der damals noch selbstständigen Gemeinde Unterwaldbehrungen geholfen. Sie kennt sich daher im Gemeindeforst bestens aus. „Jeder Wald in der Gemeinde trägt deine Handschrift!“, lobte Förster Andreas Henig und erinnerte daran, dass inzwischen Bäume gefällt werden, die die beiden Frauen eigenhändig gepflanzt haben.
Anita Schneider ist trotz ihrer bald 75 Jahre vielleicht auch dank der Waldarbeit jung geblieben. „Es war für mich immer wie Urlaub, wenn wir zum Pflanzen gegangen sind!“, unterstreicht sie ihre besondere Leidenschaft, die sie für den Wald entwickelt hat. Natürlich weiß sie viel über ihre Arbeit zu berichten und gibt dabei so manche Anekdote zum besten. So, wie sie vor kurzem bei einer Pflanzenschulung dabei war und demjenigen, der die Teilnehmer eigentlich unterweisen sollte, erklärte, „wie man's richtig macht.“ Überhaupt hält sie mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg, kennt keine Scheu vor großen Namen, trägt ihr Herz auf der Zunge und spricht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, im schönsten Ünnerwälder Dialekt. Auch Förster Andreas Henig hat bei seiner ersten Begegnung gleich zu spüren bekommen, aus welchem Holz Anita Schneider geschnitzt ist: selbstbewusst und herzlich. „Ich bin damals im Wald aus dem Auto gestiegen und gleich von ihr angemeckert worden: Bist du der neue Förschter? Die neue Spate kannst gleich widder mitnahm. Ich nemm mei alte Hawe widder. Die geht besser !“, erinnert er sich schmunzelnd. 23 Jahre lang arbeitet sie nun schon mit der Reyersbacherin Resi Trapp zusammen. Und das Team harmoniert prächtig. Seit einiger Zeit macht Schwiegertochter Heike Schneider das Duo zu einem Trio. Vor Jahren hatten auch einige andere, jüngere Frauen einmal in die Wald- und Kulturarbeit hineingeschnuppert. „Doch die sind gleich wieder abgesprungen. Die Arbeit war wohl zu hart und zu gering bezahlt!“, so Resi und Anita. Bei Anita ist das anders. „Ich würd' auch ohne Lohn arbeiten. Des is einfach mei Leben. Ich bin gern draußen in der Natur und frö mich, wenn ich die Bäum seh, die ich mal gepflanzt hab !“
Insgesamt weit über 300 000 Bäume dürfte sie in den vergangenen 60 Jahren gepflanzt haben, vermutet Förster Andreas Henig. Sofort würde sie wieder mitmachen, wenn sie noch einmal gefragt würde, gibt Anita Schneider offen zu. Auch wenn sie nach einer Knie-OP inzwischen nicht mehr ganz so fit ist. Doch das Ausgrasen klappt nach wie vor. „Es is halt so: Die Karosserie is noch gut. Aber ab und zu muss man halt doch in die Werkstatt“, lacht sie. Auch die nächsten Jahre wollen beide Pflanzfrauen weiter für die Gemeinde im Wald arbeiten. „Wir müssen unserem Edmund treu bleiben, bis er in Rente geht!“, betonen die beiden und meinen damit den gemeindlichen Waldarbeiter Edmund Johannes, mit dem sie schon seit gefühlten ewigen Zeiten zusammenarbeiten. Auch der ist von seinen beiden Helferinnen angetan. Vor 30 Jahren war er noch mit insgesamt 43 Frauen im Gemeindewald beim Pflanzen und Ausgrasen (21 in Unterwaldbehrungen, sieben in Bastheim, neun in Reyersbach, vier in Braidbach, zwei in Rödles) tätig. „Übrig geblieben sind nur noch die beiden und seit einigen Jahren die Heike!“, erinnert sich der erfahrene Waldarbeiter, der selbst im letzten Jahre sein 30-jähriges Arbeitsjubiläum gefeiert hat. Regelmäßig gehen die Pflanzfrauen zur Zeckenschutzimpfung. Dennoch sind sie gegen Zeckenbisse nicht ganz gefeit. „Ich hatt mal einen auf'm Buckel. Und hab den Tierarzt gebeten, sie rauszumachen. Doch der hat sich net rangetraut. Erscht der Mellerschter Arzt hat sie rausgezogen!“, so eine weitere Anekdote aus dem „Berufsleben“ der beiden.
Angesichts der vielen Geschichten und Geschichtchen gerieten Ehrung und Huldigung durch Bürgermeisterin Anja Seufert fast ein wenig in den Hintergrund. Das Ortsoberhaupt bedankte sich im Namen der gesamten Gemeinde für das beispielhafte Engagement und den tollen Einsatz der beiden Frauen, denen Förster Andreas Henig noch ein besonderes Versprechen an diesem Tag gab: Er wird im Herbst eigenhändig einen jungen Baum in deren Garten pflanzen.