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Bischofsheim
Von Hape Kerkeling inspiriert: Wie Frank Gerken aus Bischofsheim zum Herbergsvater auf dem Jakobsweg wurde
Der Bischofsheimer Frank Gerken ist nicht nur leidenschaftlicher Pilger in Spanien. Er kümmert sich als Herbergsvater sogar um Pilger aus aller Welt.
Frank Gerken wurde vom Pilger zum Hospitanero.
Wegweiser an der 'Via de la Plata', hier ein Selfie.
Foto: Frank Gerken | Frank Gerken wurde vom Pilger zum Hospitanero. Wegweiser an der "Via de la Plata", hier ein Selfie.
Barbara Enders
 |  aktualisiert: 26.12.2024 02:36 Uhr

"Ich bin schon oft dagewesen, kenne die Sprache und kann was übers Land erzählen", beginnt Frank Gerken seinen Bildervortrag, zu dem er Familie und Freunde in Sandras Bierstube nach Bischofsheim eingeladen hat. Seit 2008 reist der Bischofsheimer durch Spanien, zuletzt im September dieses Jahres.

Seine Art des Reisens ist das Pilgern. Zu Fuß, meist alleine unterwegs, ein paar Kleinigkeiten in einem Rucksack auf dem Rücken tragend. "Man braucht nicht viel, es ist ja warm dort unten." Er läuft in Wanderschuhen, Sandalen hat er im Gepäck, Wasser, etwas Proviant. Die Grundlagen der Sprache hat er in Vhs-Kursen erlernt, der Rest kam auf Reisen hinzu. "Ich kann mich recht gut mit den Spaniern unterhalten", erklärt er in seiner entspannten Art.

Auf dem Jakobsweg alle Routen gelaufen

Entspannt ist auch der Bericht über die Routen des Jakobsweges, die alle in Santiago de Compostela enden. Es gibt viele, über ganz Europa verteilt und auch verschiedene in Spanien. Alle habe Namen, wie der Küstenweg "Camino del Norte". Aus dem Süden kommt die "Via de la Plata" und im Norden der gebirgige "Primitivo".

Hape Kerkelings Buch inspirierte Frank Gerken

Beim Lesen von Hape Kerkelings Buch 'Ich bin dann mal weg' beschloss Frank Gerken: "Das könnte ich auch machen". Der Weg (Camino Frances) ist 860 Kilometer lang, täglich sind darauf eine halbe Million Menschen unterwegs. Gerken brauchte sechs Wochen dafür.

'Er reist immer mit mir!' Gemeint ist ein Foto dieser Pilgerstatue, die er als Profilfoto in den sozialen Medien verwendet.
Foto: Frank Gerken | "Er reist immer mit mir!" Gemeint ist ein Foto dieser Pilgerstatue, die er als Profilfoto in den sozialen Medien verwendet.

"Ich bin meistens alleine unterwegs. Mal trifft man jemanden, trennt sich wieder – jeder läuft seinen Weg." Mittlerweile ist Gerken alle Routen gelaufen, hat Eigenheiten der Landschaft und Traditionen der Spanier kennengelernt.

In der Karwoche vor Ostern tragen die Gläubigen in Romerias (Prozessionen) Heiligenstatuen durch die Orte. Vorher wird kräftig trainiert und so traf er Männergruppen, die eine Art Pavillon durch die Straßen schleppten. Gerken besichtigte Städte, besuchte Museen und sah, wie die Spanier leben. Auf der "‘Via de la Plata‘ gibt es Temperaturen bis zu 40 Grad.

Wenn der Rücken nicht mitmacht, hilft ein Wägelchen.
Foto: Frank Gerken | Wenn der Rücken nicht mitmacht, hilft ein Wägelchen.

Tagsüber traf er kaum Menschen. Nachmittags, nach langem Marsch, wollte er an einem Tag essen gehen. Die Lokale öffneten jedoch gegen 20 Uhr, sehr spät für hungrige Pilger. Mit zunehmender Kühle erwachte die Stadt. Er sah auch, dass sich die freilaufenden Schweine wegen der Dürre von Eicheln ernähren und so dem berühmten Serrano-Schinken seinen nussigen Geschmack verleihen.

Wie Frank Gerken Herbergsvater wurde

Seine Bilder sind nicht chronologisch sortiert, sondern nach ihrem Inhalt. Als er die "Via de la Plata" zum zweiten Mal lief, traf er einen Herbergsvater, mit dem er sich über dessen Arbeit unterhielt. Hospitaneros sind im Verein "Amigos del Camino" organisiert, sorgen für Gastfreundschaft und Ordnung in den Herbergen, sind erste und letzte Anlaufstelle der Pilger.

 Als Herbergsvater notiert er Namen und Herkunft aller ankommenden Pilger. Um den Hals trägt er den Anhänger mit 'offenen Händen', Symbol für die Hospitaneros.
Foto: Frank Gerken |  Als Herbergsvater notiert er Namen und Herkunft aller ankommenden Pilger. Um den Hals trägt er den Anhänger mit "offenen Händen", Symbol für die Hospitaneros.

Gerken erkannte, dass er ein Hospitanero werden wollte. Beim deutschen Jakobusverein wurde ihm geholfen und er wurde auf die Aufgaben eines Herbergsvaters vorbereitet. Seit 2014 fährt er jedes Jahr für drei Wochen nach Spanien, legt die letzte Wegstrecke zur Herberge zu Fuß zurück und sorgt sich zwei Wochen lang um die Pilger.

Blick in einen belegten Schlafsaal einer Pilger-Unterkunft.
Foto: Frank Gerken | Blick in einen belegten Schlafsaal einer Pilger-Unterkunft.

Der Tagesablauf ist klar gegliedert. Am Nachmittag treffen die ersten Pilger ein, deren Name und Herkunft notiert werden. Sie beziehen ihr Bett im Schlafsaal, manche kochen in der Herbergsküche. Um 22 Uhr herrscht Nachtruhe. Morgens um acht Uhr müssen Pilger die Unterkunft wieder verlassen haben. Dann beginnt die Arbeit des Hospitaneros. Küche und Schlafsäle werden aufgeräumt, Böden gewischt und die Bäder geputzt. Manchmal müssen auch lästige Bettwanzen entfernt werden, die mit dem Gepäck der Pilger ins Haus kommen. In größeren Herbergen sind oft mehrere Hospitaneros im Einsatz.

Pilger aus der ganzen Welt begrüßt

Gerken begrüßte Pilger aus der ganzen Welt. Die Südkoreaner – übrigens die drittgrößte Pilgerschar Spaniens – besuchen immer zuerst die örtliche Kirche, weiß Gerken. Die Gründe für das Pilgern sind unterschiedlich, haben mal einen sportlichen Aspekt, alleine oder in Gruppen, mit dem Rad oder mal mit Esel. Gerne fotografiert Frank Pilger beim Abschied und hat dabei schon so manches Individuum abgelichtet.

Dieses Plakat zeigt, wie sich ein ankommender Pilger zu verhalten hat. Frank fotografierte es einst in einer Herberge.
Foto: Frank Gerken | Dieses Plakat zeigt, wie sich ein ankommender Pilger zu verhalten hat. Frank fotografierte es einst in einer Herberge.

In der kleinen Herberge in Castilblanco de los Arroyos war er schon zweimal. Hier gibt es auch eine Wohngruppe mit behinderten Menschen, die Frank Gerken in sein Herz geschlossen hat. Sie stellen kleine Geschenke her, die in der Herberge verkauft werden. Zum Abschied gibt es immer ein Gruppenfoto. Ende September 2024 schenkten ihm die Bewohner eine selbstgemachte Stofftasche, bedruckt mit Pilger-Symbolen und Bildern aller Bewohner.

Frank und Silvia Gerken halten die Tasche mit den Fotos der Behindertenwohngruppe in Castilblanci de los Arroyos in den Händen. Damit sammelte Frank Spenden, die er seinen Freunden mitbringen möchte.
Foto: Barbara Enders | Frank und Silvia Gerken halten die Tasche mit den Fotos der Behindertenwohngruppe in Castilblanci de los Arroyos in den Händen. Damit sammelte Frank Spenden, die er seinen Freunden mitbringen möchte.

Diese Tasche hielt Frank Gerken am Ende seines Vortrages hoch. "Mein Geschenk an euch sind die Speisen", sagte er zu den Zuschauern. Seine Frau und seine Tochter hatten spanische Speisen zubereitet und auf die Tische gestellt. "Jetzt bitte ich euch um ein Geldgeschenk für diese Behinderten, die ich nächstes Jahr wieder besuchen werde."

Seinen Vortrag wird Frank Gerken am 8. Januar beim Seniorennachmittag nochmals zeigen und zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal für die Öffentlichkeit.

 
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