Eine erhebliche Zahl an Zuschriften erhielten wir nach unserer neunten Aufgabe des Sommerrätsels "Verlassene und vergessene Orte". Sie erinnern sich an die Schwarz-Weiß-Aufnahme mit Kindern und einer Nonne. Diese Kombination deutet schon recht stark darauf hin, was gesucht wurde. Auch die Hinweise auf den Ort hatten manchen wohl auf die richtige Fährte geführt. Und Sie lagen richtig, wenn Sie auf die Kinderbewahranstalt von Hendungen getippt haben, die inzwischen der Kleintierzuchtverein zu seinem schmucken Domizil gemacht hat.
Der wenig schmeichelhafte Name dürfte nicht ganz unberechtigt gewesen sein, räumt Alfred Kaiser ein, stellvertretender Bürgermeister, Vereinschef der Kleintierzüchter und selbst einmal Besucher der Einrichtung. Damals sei noch nicht so viel Aufhebens um die Kindererziehung gemacht worden. "Die Kinder wurden abgegeben, weil die Frauen bei der Arbeit in der Landwirtschaft gebraucht wurden." Darüber hinaus spreche die Zahl von etwa 80 Kindern nicht gerade dafür, dass sich die drei bis vier Nonnen intensiv um ihre Schützlinge gekümmert haben können, noch dazu weil gerade einmal zwei Räume zur Verfügung gestanden hatten.
Der Schmerz war schnell vergessen
Die Schwestern hatten außerdem noch eine zweite Aufgabe zu erfüllen. Das Gebäude beherbergte noch eine "Krankenstation", oder richtiger ein Erste-Hilfe-Zimmer, in dem die Schwestern kleinere Verletzungen behandelten. Eine medizinische Ausbildung hätten die Franziskanerinnen wohl kaum besessen, vermutet Kaiser. "Bei der Aussicht, mit einem aufgeschrammten Knie zu den Schwestern zu müssen, war der Schmerz schnell vergessen", erinnert sich Kaiser lachend, denn die Ordensschwestern sollen nicht allzu zimperlich mit ihren Patienten umgegangen sein.
Auf der anderen Seite dürften die Nonnen auch kein leichtes Leben geführt haben. Sie hätten beispielsweise im Obergeschoss des Hauses in winzigen Zimmern gelebt. Die Bevölkerung habe manches Mal mit Lebensmitteln ausgeholfen. 1921, im Jahr der Fertigstellung des Gebäudes, waren die Schwestern vom Oberzeller Orden nach Hendungen beordert worden. Zuvor war 1909 ein Johannis-Zweigverein gegründet worden, der sich der Betreuung der Kinder verschrieben hat. Abberufen wurden die Schwestern mit dem Bau eines Kindergartens im Jahre 1965.
Eines der schönsten Vereinsheime im Landkreis
Das Gebäude wurde dann zu verschiedenen Zwecken genutzt: Versammlungen fanden statt, Vereine trafen sich, auch wurde Theater gespielt. Das Gebäude, das der Kirchenstiftung gehörte, kam dabei in die Jahre und wurde sanierungsbedürftig. Die Kirche hätte die Investition kaum stemmen können, somit hat der Kleintierzuchtverein 2008 das Gebäude gekauft und in den Jahren 2009 bis 2011 dank erheblicher Mittel aus dem Denkmalschutz und unzähliger Arbeitsstunden der Vereinsmitglieder auf Vordermann gebracht. Dafür haben die Tierfreunde jetzt eines der schönsten Vereinsheime im Landkreis.
Mit Tieren hat auch unsere heutige Aufgabe zu tun. Die Rückkehr der Wölfe ist aktuell ein vieldiskutiertes Thema – dabei hatten wir schon welche da und sogar noch andere Raubtiere. Vor einem halben Jahrhundert sind sie allerdings "ausgestorben" - vielleicht auch, weil ihr Lebensraum doch sehr beengt war. Das abgebildete Haus im südlichen Teil des Landkreises hatte etwas mit ihm zu tun. Wo verwächst das Gebäude langsam mit der Wildnis?
Auch in diesem Sommer haben wir eine Sommerserie vorbereitet. Wir präsentieren diesmal vergessene oder verlassene Plätze oder Stätten im Landkreis und fragen, wo sie sich befinden. Antworten bitte per E-Mail an redaktion.rhoen-grabfeld@mainpost.de (Einsendeschluss ist Montag, 31. August, 23.30 Uhr) oder als Postkarte an Main-Post, Industriestraße 8, 97616 Bad Neustadt (Einsendeschluss: Montag, 31. August). Unter allen Teilnehmern verlosen wir am Ende der Sommerserie als 1. Preis 60 NESEURO, 2. Preis 40 NESEURO und 3.- 5. Preis je 20 NESEURO. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, eine Barauszahlung des Preises nicht möglich.
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