Seit elf Jahren steht das ehemalige Gefängnis leer und wartet auf eine neue Nutzung. Die derzeitige Kunstausstellung „Zelle“ lenkt die Aufmerksamkeit in diesen Wochen auf das altehrwürdige Gebäude. Kreisheimatpfleger Stefan Kritzer ging in einem Vortrag auf die Geschichte des für Bad Neustadt wichtigen Bauwerks ein.
Im Jahre 1324 wurde das Gebäude der ehemaligen Amtskellerei an dem Standort in der Kellereigasse gebaut. Viele bauliche Veränderungen und ein Großbrand im 17. Jahrhundert haben den Gebäudekomplex mannigfach verändert. Zu einem Vortrag über die Geschichte eines städtischen Gebäudes im Wandel der Zeit trafen sich interessierte Zuhörer im früheren Raum des Gefängnisleiters im Verwaltungstrakt. Ergänzt wurde der Vortrag von Kreisheimatpfleger Stefan Kritzer durch die anschaulichen Erläuterungen von Architekt Peter Dechant, der die von ihm angefertigten Bestandspläne des ehemaligen Gefängnisses mitgebracht hatte.
Ein Zeichen für Weinbau
Als bischöfliche Kellerei wurde das Gebäude wohl auf den Fundamenten einer festungsartigen Anlage im Jahre 1324 neu gebaut. Seit 1317 ist ein Amtskeller in Neustadt bezeugt. Die Bezeichnung „Kellerei“ deutet auf den bereits im Mittelalter betriebenen Weinbau in der Gegend rund um Neustadt hin. Der Amtmann, der seinen Sitz und seine Wohnung in dem Gebäude hatte, war der Finanzbeamte der Stadt für die Bischöfe in Würzburg. Bereits im 14. Jahrhundert waren in der Amtskellerei auch Haftzellen eingerichtet. Eine mögliche dieser Zellen könnte ein bis heute erhaltener Raum sein, der lediglich 99 Zentimeter breit und vier Meter lang ist und nur eine kleine Öffnung nach draußen für Frischluftzufuhr und Licht besitzt.
Im Jahre 1570 wurde die Amtskellerei um- und neu gebaut, doch dieses Bauwerk hatte nur vierzig Jahre Bestand. Ein Großbrand, der mehr als zwei Dutzend Wohnhäuser sowie eine Vielzahl an Scheunen und Stallungen vernichtete, beschädigte auch die Amtskellerei schwer.
Gendarmerie-Station
Das System des Hochstifts Würzburg mit seinen Beamten in Neustadt hatte bis zur Säkularisation im Jahre 1803 Bestand. Nachdem es keinen Amtskeller mehr gab, wurden in das Gebäude eine Gendarmerie-Station sowie eine größere Anzahl an Haftzellen einbaut. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Zahl der Zellen immer weiter erhöht, sodass aus der Amtskellerei ein reines Gefängnis wurde. 1938 erfolgte ein weiterer Ausbau und in den Jahren 1964 bis 66 der Einbau einer Zentralheizung und der sanitären Einrichtungen, die bis heute erhalten sind. Aus dem Gerichtsgefängnis wurde 1970 eine Justizvollzugsanstalt, in der Häftlinge einsaßen, die eine Haftstrafe von nicht länger als neun Monaten abzusitzen hatten. In 20 Zellen konnten insgesamt 49 Männer inhaftiert werden. Mit dem Bau der Justizvollzugsanstalt in Würzburg wurde das Neustädter Gefängnis nicht mehr gebraucht und im Mai 1996 der letzte Häftling nach Würzburg verlegt. Seit 2001 ist das Gebäude in Privatbesitz und wartet noch auf eine Neunutzung. Doch das rechte Konzept für den Eigentümer wie für die Stadt Bad Neustadt ist noch nicht gefunden.