Die aus der Ukraine geflüchteten Frauen haben meistens ihr Land verlassen, um ihre Kinder in Sicherheit zu bringen, jetzt geht es darum, diese in Kindergärten und Schulen unterzubringen. Anastasia Tykhonenko aus Dnipro ist eine der Schülerinnen, die sich sofort im Gymnasium in Bad Königshofen angemeldet haben. Sie wohnt mit ihrer Mutter in einem Privatquartier Kleinbardorf (wir berichteten).
Wie war es für sie, in einem fremden Land in eine neue Schule zu gehen, ohne die Sprache zu können? "Ich hatte keine Angst, aber ich war sehr gespannt", berichtet Anastasia, mit der man sich gut auf Englisch verständigen kann. Einige Worte auf Deutsch hat sie inzwischen auch schon gelernt. Am ersten Tag hat Gastgeberin Martina Müller sie mit dem Auto nach Bad Königshofen und ins Gymnasium gebracht, dort besucht sie jetzt die siebente Klasse, genau wie in der Ukraine. Sie ist die einzige aus ihrem Heimatland in dieser Klasse. "Die anderen Schüler waren sehr freundlich zu mir und versuchten, mir zu helfen", erzählt sie von ihrem ersten Eindruck.
Straffes Pensum in ukrainischen Gymnasien
Was ist in Deutschland anders als im ukrainischen Schulsystem? Vor allem sei die Länge des Schultags und die Menge der Hausaufgaben unterschiedlich, berichtet Anastasia. In der Ukraine ist täglich von 8 bis 15 Uhr Unterricht, zusätzlich gibt es jede Menge Hausaufgaben. "Alle Schüler sind ständig müde", so die 13-Jährige. "Und alle Schüler hassen die Schule." Das straffe Pensum sei kaum zu schaffen und man habe keine Zeit für andere Hobbys. Sie hätte gern einen Tanzkurs besucht, wäre dann aber erst abends zuhause gewesen und hätte dann noch Hausaufgaben erledigen müssen. Auch in den Ferien müssen die Schüler vieles durcharbeiten und üben. Die Belastung der Jugendlichen wird damit begründet, dass die Schulzeit nur elf Jahre dauert oder neun, wenn man keine weiterführende Schule besucht.
Mathematik als Lieblingsfach
In ihrer Heimat werde Ukrainisch und Russisch gesprochen, in der Schule lernt man Englisch, erklärte Anastasia. Das ist ein Vorteil in Deutschland, weil sie sich verständigen kann und die lateinische Schrift schon gelernt hat. "Das ist einfach", bekundete sie. Wäre der Krieg nicht ausgebrochen, wollte sie in eine Schule wechseln, in der Deutsch gelehrt wird. Mathematik ist ihr Lieblingsfach, auch wenn hier die Lösungswege etwas anders sind, als die, die sie gelernt hat. In einigen Themen ist sie der jetzigen Klasse voraus, sie hat aber auch schon Neues dazugelernt. Es gibt Fächer, in denen sie kaum etwas versteht, wie Biologie oder Geschichte. Tests schreibt sie mit in Mathematik und Englisch, ansonsten ist sie befreit. "Die Mathelehrerin hat mir alle Aufgaben übersetzt", berichtet die Schülerin, das fand sie sehr nett.
Inzwischen geht Anastasia mit anderen Kindern aus dem Dorf morgens zur Schulbus-Haltestelle. In ihrer Klasse sitzt sie in der ersten Reihe und fühlt sich in der Schule, die sie sehr schön findet, wohl. "Ich mag es", bekundet sie. Sie gehe gern ins Gymnasium und mache auch gern die Hausaufgaben. Trotzdem hält sie online Kontakt zu ihrer alten Schule und hat die Ferien dazu genutzt, ukrainische Aufgaben zu erledigen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Wird sie im Herbst die achte Klasse besuchen können? Anastasia hofft, bis dahin wieder zu Hause zu sein, "weil der Krieg zu Ende ist".