
Manche Menschen machen ihr Hobby zum Beruf. Bei Thomas Geis aus Bischofsheim war es umgekehrt. Er hat seinen Beruf zum Hobby gemacht.
„Am Anfang habe ich es gehasst“, sagt Geis. Während seiner Ausbildung zum Kfz-Mechaniker bei VW Kirchner in Bischofsheim habe er immer er an den „alten Böcken“ rumschrauben müssen. „Aber ich hatte einen sehr guten Lehrmeister“, erinnert er sich. Mit Philipp Kirchner war er als Lehrling in ganz Europa unterwegs. Ihr Ziel waren Oldtimer-Messen. Und irgendwo dort hat sich Thomas Geis mit dem Oldtimer-Virus infiziert und die Liebe zu alten Autos ist dem inzwischen 49-Jährigen geblieben – Bis heute.
Neun Autos und drei Motorräder stehen bei ihm zu Hause in seiner Halle in Bischofsheim. Unter anderem zwei Käfer Cabrios, ein Lancia Delta, ein NSU Prinz und drei BMW Isetta. Eine Isetta, die er im Sommer ständig benutzt, hat am selben Tag wie er das Licht der Welt erblickt, deshalb würde er sich nie von dem urigen Gefährt mit seiner unverwechselbaren Fronttür trennen. Einmal hat ihn ein gut betuchter Oldtimer-Liebhaber zum Verkauf überreden wollen. „Wahrscheinlich hätte ich einen Traumpreis dafür bekommen“ – sie steht immer noch in seiner Garage. Geis beschäftigt sich oft mit seinen Oldtimern, vor allem abends und am Wochenende. „Ich bastle und schraube sehr gern, sehe gerne, wie etwas entsteht“, sagt er. Planlos geht er dabei nicht vor. „Ich setze mir immer ein Ziel, nehme mir ein bestimmtes Projekt vor – und bin dann eigentlich gar nicht so glücklich, wenn ich damit fertig bin“, betont Geis. Das faszinierende an Oldtimern ist für ihn, „dass man etwas besitzt, das es nicht mehr gibt“.
Natürlich ist es auch die Technik, die ihn begeistert, der Blick in den Motorraum, das Design. „Früher hatte jedes Fahrzeug noch einen Charakter.“ Den hätten die Autos inzwischen verloren. „Der Beetle war ja kein Käfer mehr“.
Die heutigen Autos gefallen ihm nicht. Viel Elektronik, weit weniger Mechanik als früher. Damals waren die Autos nicht so reparaturanfällig. „Manchmal glaube ich, dass manches mit Absicht so gebaut wird, dass es nicht mehr ewig hält“, sagt er. Er selbst fährt fast nur alte Fahrzeuge. Und auch an seine Kinder versucht er, die Faszination für ältere Autos weiterzugeben. Allerdings muss ihn seine Frau schon manchmal etwas bremsen, wenn er wieder einmal zu viel Zeit in der Werkstatt verbringt. Der 49-Jährige ist bekannt in der Szene. Er schreibt in Fachzeitungen Artikel über Oldtimer, ist auf Messen unterwegs, der Fernsehsender Vox hat bei ihm in Bischofsheim gedreht und Oldtimerfreunde besuchen ihn zu Hause, wenn sie ein Problem mit ihrem Fahrzeug haben. Darüber hinaus gibt er so genannte Oldtimer-Intensivkurse an der Fahrzeugakademie in Schweinfurt. Seit zehn Jahren arbeitet er dort als Dozent und lockt mit seinen Kursen Oldtimer-Fans aus ganz Europa an.
Themen wie Restauration, Instandsetzung, Elektrik und Motortechnik – wenn Geis mit den Kursteilnehmern spricht, ihnen erklärt, welches Material, welche Werkzeuge sie verwenden müssen, dann ist die Faszination zu spüren, die Oldtimer auf ihn ausüben. Man merkt aber auch, wie groß sein Wissen über alte Fahrzeuge ist. „Er lebt das, was er lehrt“, sagt sein Chef, Akademieleiter Matthias Dingfelder, über ihn.
Worauf Geis größten Wert legt, ist die Originalität. „Ich mag es nicht, wenn so viel verändert ist“, sagt er. Wenn falsche Ersatzteile im Auto stecken zum Beispiel. „Das Fahrzeug soll weitgehend so aussehen, wie zu der Zeit, als es in Gebrauch war, auch vom Farbton her.“ Außerdem sei ein Auto im Originalzustand auch vielmehr wert. Zu seinem Bedauern wissen auch andere um den Wert von Oldtimern und betrachten sie als Geldanlage. Im Augenblick explodieren in einigen Bereichen die Oldtimerpreise. Für seine „Alltags-Isetta“ könnte er vielleicht 20 000 Euro bekommen. Nie käme er auf den Gedanken, so viel Geld für einen Oldtimer auszugeben. Eine der Isettas hat er schon vor 20 Jahren erworben – für 150 Mark.
Aber er hat nicht nur einige Autos ge- sondern auch verkauft. „Ich habe ein Haus gekauft“, erzählt er. Um Geld in die Tasche zu bekommen, habe er sich von einigen seiner Autos getrennt. In seiner besten Zeit habe er es auf 20 Autos gebracht, die er gleichzeitig sein Eigen nannte.
Dem Oldtimerfreund ist das sicherlich nicht leicht gefallen, sich von seinen Fahrzeugen zu trennen. Schließlich, und so wie viele Oldtimerfreunde sagt es auch Thomas Geis: „Das waren noch Autos.“
Wann ist ein Auto „Oldtimer“
30 Jahre alt muss ein Auto sein, damit man es als Oldtimer bezeichnen darf. In der Szene wird laut Thomas Geis ein bisschen genauer unterschieden. Es gibt Vorkriegs- und Nachkriegsoldtimer und so genannte Youngtimer. Letztgenannte sind beispielsweise Fahrzeuge wie der Golf I, der zwar auch bereits rund 30 Jahre alt ist, in der Szene aber noch nicht als Oldtimer gilt.